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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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2. Heft
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Petzsch, Georg: Eine alte Schmiedemarkenprobe des16. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0060

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

Eine alte Schmiedemarkenprobe des XVI. Jahrhunderts.
Von Dr. Georg Petzsch in Dresden.

Im vergangenen Jahre erwarb der Verfasser dieser
Zeilen einen aus dem sächsischen Erzgebirge stammen-
den roh geschmiedeten, flachen Eisenring von 6 Mm.
Dicke, dessen Ober- und Unterseite mit eingeschla-
genen alten Zeichen und Inschriften bedeckt sind.
Der äussere Durchmesser des nicht ganz regelmässigen
Ringes beträgt no Mm., die Breite der horizontalen
Oberflächen 20 Mm. Auf der einen Seite steht in
zwei parallelen Reihen die längs der Peripherie an-
gebrachte Inschrift: IN 99 IHAR EIN GROS STERWEN
WAR VNT VERPRANT TIE STAT CHISTOP PFLVCKPEIL
N1CHEL PEIER HAMPERSMEISTAR (Fig. 1 u. 2). Die an-
dere Seite enthält einundzwanzig tief eingeschlagene
Marken, zwischen denen die Jahreszahlen 1586 und
1609 erscheinen. Betrachtet man zunächst diese Mar-
ken, so ergiebt sich schon aus ihrer Gestalt und Grösse
mit Sicherheit, dass man es mit den Stempeln von
Schmieden zu thun hat. Einige von ihnen weisen
Figuren auf, die schon in früher Zeit, bis in das
XV. Jahrhundert hinein von Waffenschmieden geführt
worden sind. Dem Aussehen nach ähneln die einund-
zwanzig Zeichen zum Theil den aus geraden Linien
combinirten Hausmarken und Steinmetzzeichen; zum
Theil sind sie erkennbare, wenn auch rohe Bilder
von Gegenständen aus der Natur und dem täglichen
Gebrauche. Da ist ein Kleeblatt, ein Wiederkreuz,
ein Rad, ein Kesselhaken, zweimal ein Säbel (Du-
sägge), die gekreuzten Kurschwerter u. A.; auch der
Buchstabe A ist als Marke vorhanden.
Welchen Zweck hatte nun die Anbringung und
Zusammenstellung der vielen Schmiedemarken auf
dem flachen Ringe? Sehen wir, ohne vorderhand
die Reversseite des Ringes zu berücksichtigen, un-
befangen den Gegenstand an, so ist ohneweiters die
Absicht erkennbar, die abgebildeten Zeichen durch
Einschlagen in das harte, der Vergänglichkeit wider-
stehende Material für längere Zeit zu erhalten und
ihre Grösse und Form genau zu bewahren. Das
grösste Interesse an dieser Conservirung mussten natur-
gemäss diejenigen haben, welchen die Marken an-
gehörten, also die betreffenden Schmiede, beziehungs-
weise die Innung, die sie vereinigte. War etwa der
Ring mit den Zeichen der verschiedenen Meister in
der Verwahrung der Innung, so konnte leicht auf
Grund dieses «Markenschutzes» eine Fälschung nach-
gewiesen oder ein zerschlagener Stempel durch einen
neuen, genau so geformten ersetzt werden. Dass solche
behördliche Markenschutzeinrichtungen wenigstens in
anderen Handwerken schon frühzeitig bestanden, möge
folgende Stelle aus dem Rathbuch 20 des königlichen
Archivs zu Nürnberg, Folio 195 *), beweisen, welche

J) Notiz aus dem erläuternden Anhang zu den «Hervor-
ragendsten Kunstwerken der Schatzkammer des österreichischen
Kaiserhauses» von Quirin Leitner, mitgetheilt in dem anonymen

eine Verbesserung der Goldschmiedeordnung durch
die Bürgermeister Volkamer und Imhof vom 15. Jänner
1541 meldet: «Und soll ein jeder Maister, der jetzo
ist, und fürderhin zu Maister gemacht wird, der von
selber arbeiten will, soll sein Zeichen aufs ge-
schmeidigst es sein kann, in ein puntzel schneyden
und dermaassen verschiedlich fürnemen, des keins
dem andern (Meister) gleich, sondern wohl von
einander zu erkennen sei, wann volgendt derselben
punzelt durch die geschwornen Maister vnd den
Gwardein in der Schau in zwo dazu v.erordnete
gleichförmig pleyerne platten gestampftt oder ge-
schlagen, auch dasselben Meisters Tauft’ vnd Zu-
namen sambt seinen Zeichen in zwo püchlein vnd
in jeder sonderlich geschrieben vnd verzeichnet vnnd
allweg das eine pley vnnd püchlein durch die ge-
schwornen Meister und das andere durch den Gwar-
dein in der Schaw behalten vnd bewahrt werden.»
— Wahrscheinlich hat also auch zu dem eisernen
Ringe ein geschriebenes Register mit den Namen
der Schmiede, die jene Marken führten, gehört.
Es entstand nun die Frage, wo der Sitz dieser
Schmiedeinnung war. Dass er innerhalb Sachsens
zu suchen war, legten ausser der mündlichen Ueber-
lieferung die auf dem Ringe geprägten Kurschwerter
nahe. Zur näheren Bestimmung half die Inschrift
auf der Reversseite des Ringes, welche von dem
grossen Sterben und dem Stadtbrande im 99. Jahre,
also 1599, erzählt; die Erwähnung der zwei Hammer-
meister deutete auf eines der vielen Hammerwerke
im Erzgebirge. Die erste sichere Nachricht bot end-
lich ein kurzer Aufsatz im Jahrgang 1738 der «Curiosa
Saxonica» (S. 218): «Allerley historische alte Nach-
richten von Purschenstein und Sayda im Sächsischen
Ertz-Gebürge, auch dasiger Gegend», in welchem
der bedeutungsvolle Satz vorkam: «Anno 1599, sind
in Saydischen Kirchspiel 950 Personen an der Pest
gestorben, den 3o. October in diesem Jahre war der
grosse Brand, so durch die Todten-Gräber auskommen,
welcher die gantze Stadt samt der Kirchen, Pfarre,
Schule und Rathhauß, nebst allen Glocken verzehret.»
Die einzige Chronik von Sayda, welche existirt, das
im Jahre 1888 von dem Rathscontroleur Paul Eckardt
zusammengestellte Schriftchen: «Sayda im Jahre 1887.
Ein Beitrag zur Heimathskunde, zugleich Verwaltungs-
bericht auf die Jahre 1886/1887», vervollständigt in
ihrem geschichtlichen- Theile (S. 6 ff.) diese Notiz
noch etwas. Ihr zufolge sind die Jahre 1598 und
1599 für Sayda durch die Pestilenz, welche elfhundert
Menschen wegraftte, und durch die furchtbare Feuers-
brunst in dem letztgenannten Jahre verhängnissvoll

Aufsatze: «Ueber die Bedeutung der auf den in Nürnberg gearbei-
teten silbernen Gefässen vorfindlichenZeichen» (ZeitschriftfürMuseo-
logie und Antiquitätenkunde, Jahrgang 1880, Nummer 13, S. 5).
 
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