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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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3. Heft
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Boeheim, Wendelin: Die Zweihänder
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Duyse, Hermann van: Über den Handel mit Hiebwaffen in verschiedenen Epochen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0075

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3. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenhunde.

Das Schlachtschwert ist seit dem Anfänge des
XVII. Jahrhunderts aus dem Heere verschwunden. Im
Passauer Kriegsvolke, welches i6o3 Erzherzog Leo-
pold dem Kaiser Rudolf II. zu Hülfe aufgestellt
hatte, dürfte es seine letzte Verwendung gefunden
haben. Heute als Sammlungsgegenstand wird die
imposante Waffe vielfältig irrig aufgefasst; es er-

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weist sich das schon daraus, dass selbe, als gemeine
Fussknechtwaffe, häufig einem Reiterharnisch in die
Hentzen gedrückt vor Augen kommt. Diese scheue
Bewunderung und Bewerthung der Waffe an sich
auf das richtige Mass zurückzuführen und deren Be-
stimmung festzustellen ist der Zweck dieser Zeilen.

Ueber den Handel mit Hiebwaffen in verschiedenen Epochen.
Von Hermann van Duyse in Brüssel.

Wir müssen jedenfalls einen Unterschied zwischen
dem Lieferanten machen, welcher Waffen verkaufte,
und demjenigen, der sie verfertigte. Händler ver-
kauften Degenklingen, welche, obgleich von ihnen
in Solingen oder Toledo angekauft, dennoch mit der
Adresse, des Verkäufers, mit seiner Firma, wie wir
heute sagen würden, bezeichnet waren. — Die Ge-
schichte der mit der Waffenschmiedekunst zusammen-
hängenden Gewerbe ist noch beinahe völlig un-
bekannt; es ist also nicht unmöglich, dass irgend
eine deutsche, spanische, oder italienische Fabrik in
—- sagen wir in Paris, um nur einen solchen Welt-
handelplatz zu nennen — eine Verkaufsstelle offen
gehalten hji'te.
Vor mir liegt ein Paradedegen mit Messing-
gefäss, im Geschmack def* Zeit Ludwigs XV.; die
Klinge hat die sogenannte «Königsmark»-Form, sie
ist gezeichnet: «Aubertelle Md. Fournisseur, grande
tue Taranne, Faubourg St. Germain ä Paris» und
neben dem Griffe: «In Solingen». — Diese Inschriften
in französischer Sprache auf Klingen, die aus Solingen
kommen, sind so wenig selten, dass schon die be-
scheidensten Sammlungen Beispiele der Art bieten.
Ich brauche daher wohl diesen Punkt nicht näher
zu begründen. Die Fabrikanten fertigten die Klingen
in der Grösse und Form an, welche ihnen durch
ihre Auftraggeber vorgeschrieben wurde, Und Ver-
schickten sie «bundweise». Andere Handwerker wieder
versehen die Klingen mit Griff und Scheide je nach
dem Geschmack der Käufer, und die Art der An-
fertigung vieler Degen aus dem XVIII. Jahrhundert
mag daher die üblichen Verzierungen und die Facon
in rein französischem Stil zeigen, während dennoch
die Klinge das Zeichen einer Solinger Fabrik oder
wenigstens den Namen dieser Stadt aufweist.
Ich füge noch hinzu, dass der Käufer, welcher
in der Lage war, sich die Ausstattung der Waffe
nach seinem Geschmack, seinem Wuchs u. s. w. zu
bestellen, die Klinge gleichfalls wählte, wie sie ihm
gefiel, ehe der Ciseleur begann, den Griff zu ver-
zieren oder zu befestigen. Dass dem so war, be-
weisen viele Degenklingen aus dem XVIII. und selbst
schon aus dem XVII. Jahrhundert, welche den Stempel
ihres. Verfertigers auf der sogenannten «Angel» tragen,
einer Spitze, welche in dem Griffe verschwindet, so-

bald derselbe befestigt ist. Diese Beobachtung trifft im
XVIII. Jahrhundert ebensowohl bei den Erzeugnissen
aus Toledo, wie bei denen aus Solingen zu. Häufig
verfiel man darauf, die ganze Klinge oder einen
Theil derselben mit figuralen geätzten Verzierungen
in Blau und Vergoldung zu bedecken, und alsbald
hörte man auf, den Namen des Verkäufers und den
Herstellungsort auf die Klinge zu ätzen, um nicht
die Formenschönheit der hübschen dreieckigen Klin-
gen mit den nach innen zierlich gewölbten Flächen
zu zerstören. Andererseits aber legte der Käufer hohen
Werth darauf, völlig beruhigt zu sein über die «Echt-
heit» einer Waffe, die ihm ein Handwerker ver-
kaufte, von dem man wusste, dass er durchaus un-
fähig sei, die eigenartige Arbeit des Schmiedens und
Härtens auszuführen, welche bei Hiebwaffen un-
umgänglich nöthig ist. Da der Stempel des Ver-
fertigers auf der Angel zur Bestätigung des Ur-
sprunges genügte, war es dem Fechter, wenn er
einmal seine Wahl getroffen hatte, sehr gleichgiltig,
ob die Befestigung des Griffes zu erkennen ver-
hinderte, dass die Waffe den Stempel irgend einer
deutschen, spanischen oder italienischen Werkstätte
trug.
Dies sind freilich Erörterungen sehr alltäglicher
Art, und ich würde nicht daran gedacht haben, sie
hier vorzubringen, wenn nicht ein so allgemein be-
kannter Umstand im gewissen Grade zur Erklärung
eines sehr alten Textes dienen könnte, welcher wohl
einer Erläuterung bedarf.
Margarethe, Gräfin von Flandern, verlieh im
Monat Mai 1270 der Stadt Termonde das Recht auf
die sogenannten Toulieu’schen Zölle für die Schiff-
fahrt auf der Schelde. Dabei finde ich folgende
Handelsartikel aufgezählt:
«Für Bogen (archies) Antheil ... ... Vier Heller
«Für Degen (espees) » .... Item
«Für Griffe (pumiaus) » .... Item
«Für Eisenkappen(capiauxdefer) Antheil Item
«Für Panzerhemden, wenn sie Zwischen-
händlern gehören, Antheil . . Item»
Demnach führten die Termonder verschiedene
Gattungen Waffen vom Auslande ein; die Panzer,
welche zollfrei waren als Stücke, die zur Ausrüstung

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