Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
4. Heft
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Der Reiterschild von Seedorf, [2]
DOI Artikel:
Campe, Julius: Ein Würfelbecher in Form einer Pulverflasche
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0108

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
96

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

die Reiterschilde zusammenschrumpften, ihre Fort-
setzung fand, denn später am petit ecu bestand die
Beriemung einzig aus der Schildfessel und einer

Armschlinge; die Handhabe fiel weg, da die bereits
gepanzerte Zügelhand frei über den Unterrand des
Schildes hervorragte.

Ein Würfelbecher in Form einer Pulver flasche.
Von Julius Campe in Hamburg.

Das Waffenhandwerk bringt es so mit sich, dass
auf die Zeiten höchster Anspannung aller geistigen
und physischen Kräfte Zeiten der Unthätigkeit fol-
gen, vielleicht heute weniger als in früheren Perio-
den, wo der Friede noch den Krieger auf der Bären-
haut ausruhen liess und nicht wie heute ein unab-
lässiges «para bellum» ihn
in Bewegung erhält. Den-
noch ist der Charakter des
Soldaten wohl so ziemlich
gleichgeblieben und zur
Ausfüllung der Unbeschäf-
tigung, damals wie heute,
ein Hazardiren mit dem
Besitz beliebt, wie es im
Waffentanz mit dem Ein-
satz des Lebens zur Ge-
wohnheit wird.
Fleute spielt die Karte
oder die rollende Kugel
die entscheidende Rolle.
Vor diesen, von Alters-
her, wo schon die Kriegs-
knechte um Jesu Rock
spielten, waren es die Wür -
fei, und zu einem echten
Landsknechtbild gehören
die auf der Trommel wür-
felnden Söldner, als ein
obligates Erforderniss.
Natürlich verschmäh-
ten auch die Führer nicht
im Grossen zu thun, was die Untergebenen trieben,
die Einen um Pfennige, die Anderen um Gold,
Pferde, Waffen, Habe, ja selbst um solche Besitz-
tümer, die eigentlich nicht feil sein sollten.
Das erzählt uns die Plistoric, geschrieben und im
Bilde, und unsere Phantasie vervollständigt die Sccne-
rie, wie die Grossen ihre Köpfe an Trunk und Spiel
erhitzten. Dazu hilft in ganz eigener Weise ein Ge-
genstand, mit dem wissentlich eine bestimmte bekannte
Persönlichkeit gekämpft, gearbeitet und gesündigt hat.
Das ist ja eben der Reiz eines historischen
Gegenstandes, einer Rüstung, eines Schwertes, oder
wie hier eines Würfelbechers, dass nicht wie in der
Arithmetik, aus einer Mehrheit bekannter Grössen
das Unbekannte gefunden wird, sondern aus der
einen bekannten Grösse vor unserem innern Auge
das Bild der Vergangenheit sich lebhaft ergänzt.

Ich gebe hier in Abbildung einen Gegenstand,
der, wenn auch nicht zu den Repräsentationsstücken
meiner Sammlung, doch zu den für mich interes-
santesten gehört, so dass ich annehme, dass derselbe
auch unsere Freunde interessiren wird, umsomehr, als
ich bisher in keiner öffentlichen oder privaten Samm-
lung einem vergleichbaren
Stück begegnet bin.
Ein Würfelbecher mag
gemeiniglich wohl etwas
gewesen sein, was, nach
seinem Abgebrauch, der
Conservirung nicht werth
gewesen sein mag und
daher nicht auf die Nach-
welt gekommen ist.
Franciscus Gonzaga,
Markgrafen von Mantova,
dem das hier vorliegende
Stück nach der Inschrift
gehört hatte, war aber wohl
in der Lage, auch dieses
Requisit künstlerisch ge-
stalten zu lassen, was es
den Epigonen der Aufbe-
wahrung werth erschei-
nen liess. Die Form ist
eine vom Gewöhnlichen
sehr abweichende, flach-
rund mit rohransatzarti-
ger Oeffnung, einer Zünd-
flasche so ähnlich, dass
die Hand, aus der ich es erhielt, mir das Stück als
«uncomplete Pulverflasche» anbot.
Die Form erklärt sich von selbst. Sie bezweckt,
dem Besitzer den leichten Transport in der Tasche
zu ermöglichen, ohne Ecken, rund, handlich, so dass
stetes Mitführen im Felde oder auf der Jagd keine
Unbequemlichkeiten bereitete. Die Form ist ausserdem
zweckdienlich, insofern dem Spielenden die Würfel
während des Schütteins gänzlich verdeckt sind, so
dass gewisse Kunstgriffe, die es auch wohl dabei ge-
geben haben wird, nach Möglichkeit behindert sind.
Dass das Stück dem besagten Zweck diente,
kann durch die auf dessen Rückseite abgebildeten
drei Würfel wohl nicht zweifelhaft sein.
Die Arbeit ist starke, in unterschnittenes Eisen
eingeschlagene Silberincrustirung mit nachfolgender
Ciselirung des letzteren.


Würfelbecher in Form einer Pulverflasche (Sammlung Campe).
 
Annotationen