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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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11. Heft
DOI Artikel:
Bleuler, G.: Glefe oder Gertel - Waffe oder Werkzeug?
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Fachliche Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0303

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ii. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

285

Spitze, d. h. die Benutzung des Geräthes als Waffe,
nur als Ausnahme angenommen war. Der Umstand,
dass die Schwendtgertel im Jahre 1615 unter den
Pionier-Werkzeugen, im Jahre 1661 unter den Stangen-
waffen figuriren, könnte darauf schliessen lassen, dass
die Werkzeuge erst nachträglich, inner dieser Zeit,
durch Anschweissen der Spitze und der Schaftfedern
zur Verwendung als Waffe eingerichtet worden wären;
es ist jedoch ersichtlich, dass die Klinge sammt der
Spitze am Rücken in einemmal geschmiedet worden
ist. Wir haben es hier unzweifelhaft mit einem Fa-
schinenmesser für «Schaufelbauern» zu thun, wie zu
jener Zeit bei uns die Pionier-Abtheilungen genannt
wurden.
Wie der Schwendtgertel nur in Luzern vorkommt
oder erhalten geblieben ist, so finden wir die Waffe,
welche wir in Fig. 6 darstellen, nur in Zürich. In
der allgemeinen Form ist der «Halbarteng'ertel»
dem Schwendtgertel sehr ähnlich, derselbe ist aber
in allen Theilen sehr sorgfältig gearbeitet und trägt
vollständig den Character einer Stangenwaffe des
XVII. Jahrhunderts. Der achtkantige Schaft, in welchen
die Federn eingelassen sind, ist 170 m lang.
In den Zeughaus - Inventaren von Zürich findet
sich diese Waffe unter anderem Namen, zum ersten
Mal anno 1644 unter dem Titel «Allerlei fjattötnaffeit»,
nämlich <560 ZIToröapen, Icutjgertel utth anöcre öer-
glijcfjen».
Im Jahre 1651 finden sich im Inventar der
hartenfammer 48 Haibartengertei zwischen fjalbartcn
und XTcorbärcn. In der Summation finden wir
10-551 Sptefen,
1051 fjalbarten,
263 XHorharen,
48 Jjalbartengcrtel,
Handgertei waren in einer anderen Abtheilung
413 Stück vorhanden.
Die kleine Zahl dieser Waffen lässt mit Sicherheit
darauf schliessen, dass dieselben nur für einen ganz be-

stimmten Zweck angefertigt worden waren, leider fehlt
uns jeder Anhaltspunkt über
diese Verwendung.
In Ermangelung einer dies-
bezüglichen Angabe erlauben
wir uns hier einer Vermuthung
Raum zu geben: Eine der
wenigen Situationen, in denen
wir uns einen Krieger denken
können, in welcher ihm unter-
sagt sein könnte, gegen den
Feind zu stossen, ist seine Stel-
lung auf einem kleinen Schiff,
wenn der Befehlshaber an den
Gegner herankommen will; in
diesem Fall drängte der Stoss
gegen den Feind das eigene
Fahrzeug zurück. Die Züricher
hatten aber wiederholt Kämpfe
auf dem See zu bestehen. Es
ist also nicht undenkbar, dass
beiirgend welchem Anlass diese
kleine Zahl Halbartengertei spe-
ciellzurBewaffnung von Schiffs-
bemannungen angefertigt wur-
den. Von diesen Waffen sind
imjahre 1896 noch 46 Stück aus
dem Züricher Zeughaus an das
Schweizerische Landesmuseum
übergegangen. Dieselben sind
in keiner anderen öffentlichen
Sammlung der Schweiz ver-
treten.
Nach dem, was uns von
den Streitmitteln aus früheren
Zeiten erhalten geblieben ist,
war das, was wir heute eine
«Glefe» nennen, eine bevor-
zugte Waffe der Schweizer. I lg- 6' Halj|a‘'teng®rteb
0 1/6 der natürlichen Grosse.


Fachliche Notizen.

Die Versteigerung der Waffensammlung Van
den Bogaerde. Die kostbare Waffensammlung des ebenso
gelehrten als für die Kunst begeisterten Barons Andreas
van den Bogaerde van Terbruggen war nichts weniger
als unbekannt in der Welt. Im Gegentheile, welcher Ge-
bildete immer das alte reizend gelegene Schloss Heeswijk
besuchte, vergass nicht, sich von dem überaus gefälligen
Eigenthümer einen Erlaubnissschein zu erwirken, um die
im Innern desselben angesammelten Schätze an alten
Waffen, Bildern, Möbeln und kostbaren Gegenständen des
Kunsthandwerks des Mittelalters und der Renaissance zu
bewundern, und dennoch, in weiteren Kreisen wirkte die
Nachricht von der Versteigerung der reichen Sammlungen,
als handelte es sich um etwas, von dem man nie er-

fahren hatte. Vorwegs die Waffensammlung von nahezu
2000 Nummern erschien, als sei sie urplötzlich vom
Himmel auf die Erde geschneit worden. Die Leiter der
Versteigerung haben diese Wirkung nicht vorausgesehen
und haben ihr auch nicht Rechnung getragen. Das Ver-
steigerungsprogramm sieht sich auch nicht darnach an,
als ob die Leiter die Werthverhältnisse der einzelnen
Abtheilungen richtig überblicken würden; sie würden sonst
nicht mit der Waffensammlung stracks anfangen, um diese
nur schnell unter den Hammer zu bringen, ohne die
zahlreichen in aller Welt verstreuten Sammler doch wenig-
stens ein Halbjahr zuvor von dem Ereigniss benachrichtigt
zu haben. Man hat für den Sommer gerade noch etwas
anderes zu thun, als im Casinosaal in Herzogenbusch sich
 
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