Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
6. Heft
DOI Artikel:
Rose, Walther: Die Verzierungen auf orientalischen Panzerhemden, [1]
DOI Artikel:
Fachliche Notizen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0158

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
144

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

lediglich auf die zunächst in die Augen fallenden
äusseren Schutzwaffen, den Lentner und die Platten-
harnische, erstreckte, während eine besondere Ver-
zierung des überdeckten Panzerhemdes als über-
flüssig erscheinen musste.
Dass hierin allein der Grund für die Schmuck-
losigkeit abendländischer Kettenhemden zu suchen
ist, beweist wohl am besten die alleinige Ausnahme,
die wir in dieser Beziehung constatiren können, näm-
lich der ebenfalls aus Maschenwerk gefertigte Panzer-
kragen, auch venetianische Maschenpelerine oder
Bischofskragen genannt. Denn da derselbe zum be-
sonderen Schutz des Plalses und der Schultern gegen
die Wucht der Hiebe über dem Harnische getragen
wurde, so finden wir diese Bewehrung denn auch
im Occidente zum Theil mit schönen Agraffen von
Messing-Reliefguss als Hals- und Brustschliessen ver-
ziert. Solche Exemplare enthält z. B. das Berliner
Zeughaus, das Dresdener Johanneum u. a. Sammlungen.
Diese Kragen, deren Namen «venetianische Maschen-
pelerine » von der Bewaffnung der Venetianer Dogen
herrührt, waren allerdings meist schmucklos, in den
deutschen Landsknechtheeren des 16. Jahrhunderts
sehr beliebt, wo sie, wie die Holzschnitte von Virgil
Solis, Franz Brunn, D. Hopfer u. A. zeigen, namentlich
zur Bewaffnung der besser gerüsteten Doppelsöldner
dienten. Auch den bekannten Landsknechtführer [
Georg von Prundsberg sehen wir mit einem sol- J
chen Panzerkragen nach dem Holzschnitte auf
dem Titelblatte von A. Reissner’s Historia und
auch auf dem in der Berliner Königlichen Ge-

mälde-Galerie befindlichen Bilde des Christof Am-
berger bewehrt.
Um nun auf das hier abgebildete orientalische
Panzerhemd zurückzukehren, so wurde dem Verfasser
die Entzifferung der Inschriften auf den beiden ver-
goldeten Broncescheiben, deren Abbildung in natür-
licher Grösse gleichfalls beigefügt ist, durch die
Liebenswürdigkeit des hervorragenden Kenners der
orientalischen Sprachen, Herrn Dr. Martin Schultze
in Ellrich am Plarz ermöglicht, welchem der Ver-
fasser für seine grosse Mühe und Zuvorkommenheit
zu aufrichtigem Danke verpflichtet ist.
Hiernach ist die Schrift auf beiden Bronceschei-
ben zweifellos arabisch und ziemlich alt, vielleicht
noch der Zeit der Kreuzzüge angehörend. Dieser
Umstand könnte für Beurtheilung des Alters des
Panzerhemdes massgebend sein, wenn nicht, wie auch
neuerdings von Lenz in seiner ganz vortrefflichen Be-
schreibung der Scheremetew’schen Waffensammlung
wieder hervorgehoben wird, «die zum Schmucke orien-
talischer Waffen in grosser Menge verwendeten In-
schriften mit wenigen Ausnahmen weder inhaltlich
noch in der Gestaltung der Schriftzüge Aufschluss
über die Zeit der Verfertigung eines Rüststücks
gäben», und nicht überhaupt die Bestimmung des
Alters eines Panzerhemdes bei der im Allge-
meinen sich stets gleich bleibenden Form des-
selben überaus schwierig und nur nach allge-
meinen Gesichtspunkten möglich wäre.
(Schluss folgt.)

Fachliche Notizen.

Der «Goedendag» und der neue Catalog des
Museums der Porte de Hai. Zwei veröffentlichte
Schriften des uns aus wiederholten Beiträgen bekannten
Conservators Hermann van Duyse: «Le Goedendag,
arme flamande, sa legende et son histoire». Gand 1896
und «Catalogue des armes et armures du Mus£e de la
Porte de Hai». Bruxelles 1897, haben einige der belgi-
schen Historiker in nicht geringe Erregung gebracht und
sie zu zahllosen, mitunter überscharfen Entgegnungen ver-
anlasst. Ein ganzer Platzregen von Broschüren und Journal-
nummern ist auf unseren Redactionstisch niedergegangen
und so sehr wir auch für diese Aufmerksamkeit und
dieses Vertrauen erkenntlich sind, sind wir doch nicht
im Stande, in meritorischer Beziehung uns über beide
fachliche Differenzen in der wünschenswerthen Weise aus-
zusprechen, wollten wir nicht den Raum eines Jahrganges
unserer Zeitschrift in Anspruch nehmen. Was nun den
«Goedendag» betrifft, so handelt es sich hier lediglich
um die Bestimmung der Form dieser im 13. und 14. Jahr-
hundert so gefürchteten Waffe der flandrischen Milizen.
Jean van Malderghem, Archivar der Stadt Brüssel, regte

diese Frage in einer sehr elegant geschriebenen Broschüre:
«La veritü sur le Goedendag», Brüssel 1895, an; er hält
selben für eine Art Pflugschar-Messer; van Duyse trat ihm mit
obenerwähnter Schrift etwas hart polemisch entgegen und
stellte die Behauptung auf, der Goedendag sei ein langer
Streitkolben gewesen, der oberhalb mit einer Eisenspitze
versehen war. Er stützt dabei seine Meinung auch auf
die bekannten Fresken in der Kapelle der Weber zu Gent,
in welcher diese Waffe dargestellt ist.
Wir müssen gestehen, dass uns die an sich sehr
geistreichen und von eminenter Quellenkenntniss zeugen-
den Ausführungen van Malderghems, ungeachtet der
vielen theils bekannten Citate aus Guillaume Guiart,
Froissart, der Chronik von Saint-Denis, den Annales
Gandenses etc., von der Stichhaltigkeit derselben noch
nicht völlig überzeugt haben.1)

Die Anführung von Ansichten einiger moderner Compi-
latoren zu unterlassen, hätte seiner Arbeit gewiss zum Vortheil ge-
reicht. Man muss unter seinen Gewährsmännern doch eine Auswahl
treffen.
 
Annotationen