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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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4. Heft
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Hampel, József: Das Kurschwert Friedrichs des Streitbaren von Sachsen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0091

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Das Kurschwert Friedrichs des Streitbaren von Sachsen.
Von Josef Hampel in Budapest.

Das schöne Schwert gothischerF'orm, welches wir,
dank der liebenswürdigen Zuvorkommenheit des Di-
rectors v. Ehrenthal, in gelungener Abbildung (Fig. I
bis 5) hier vorlcgen, ist nicht nur eines der prächtig-
sten Stücke des an Merkwürdigkeiten so reichen histo-
rischen Museums in Dresden,1) sondern es ist ein
historisches Denkmal im vollsten Sinne des Wortes,
und zwei Länder, Sachsen und Ungarn, haben daran
ein weitgehendes Interesse. Sachsen deshalb, weil
damit am 1. August 1425 Herzog Friedrich von
Sachsen, Markgraf zu Meissen, mit der Kurwürde be-
lohnt wurde, Ungarn hinwieder, weil dieser wichtige
Act in Ofen, der damaligen Residenz des Königs von
Ungarn und (seit 1419) römisch-deutschen Kaisers
Sigismund, stattfand und mit grosser Wahrschein-
lichkeit zu erweisen ist, dass die Prachtwaffe dort
erzeugt wurde, wo sie zuerst zur Verwendung kam.
Die Länge des Schwertes beträgt 117 Cm., die
Länge des Griffes 28-5 Cm. Die 24^5 Cm. langen
Parirstangen haben die Form von beiderseitig je einem
gerade stehenden knorrigen und am Ende abgehack-
ten Aste, die mit vergoldetem Silber plattirt sind.
Den Knauf bildet eine kreisförmige Krystallscheibe
von 6 Cm. Durchmesser, beiderseits mit je einem
eingelegten kleinen Goldmedaillon verziert, auf deren
einem der deutsche Reichsadler, auf dem andern das
vereinigte ungarische und böhmische Wappen in
Emailfarben dargestellt ist (Fig. 1 und 2).
Die Angel ist mit Holz verkleidet und mit ver-
goldetem Silberdraht umsponnen, der an den beiden
Enden und der stärksten Anschwellung reiche Ver-
flechtungen zeigt. Die Taschenscheibe an der Basis
der Querstange ist jetzt glatt, war aber nach aller
Wahrscheinlichkeit mit Email überzogen.
Die ausgezeichnete Klinge ist 90 Cm. lang, an
der Basis 5 "8 Cm. breit, verengert sich gleichmässig
bis zur Spitze und hat zwei eingeschliffene Blut-
rinnen; sie führt ein mit Messing eingelegtes Wolf-
zeichen, welches auf F'ig. 1 ersichtlich wird.
Bereits W. Boeheim hatte von diesem Wolfe
bemerkt, dass es nicht der bekannte Passauer Wolf
sei, und Ehrenthal hatte beigefügt, dass die Klinge
wohl ungarischen Ursprunges sein könne. Dadurch
wurde Herr Geza Nagy, Custos der Waffensammlung
des ungarischen Nationalmuseums, veranlasst, nach
ähnlichen ungarländischen mittelalterlichen Klingen
Umschau zu halten, um auf Grund von Analogien
die Frage nach dem Ursprünge der Klinge des Kur-

l) M. v. Ehrentlial, Führer durch das konigl. bist. Museum
zu Dresden, S. 10, Nr. 34.

Schwertes womöglich ins Reine zu bringen.1) Er fand
das Wolfszeichen in Ungarn auf Klingen seit der
Mitte des XIV. Jahrhunderts und konnte davon zweier-
lei Varianten constatiren.
Die eine Variante vertritt der Wolf(?) auf dem
Schwerte des Kinizsi im ungarischen Nationalmuseum
(F'ig. 6). Das Schwert wurde seinerzeit dem Grabe
des bekannten Nationalhelden (XV. Jahrhundert) ent-
nommen, doch hatte es dessen Besitzer am Anfänge
des laufenden Jahrhunderts mit einem neuen Griff
und Parirstangen versehen lassen. Die dreifache Blut-
rinne lässt vermuthen, dass die Klinge italienischen
Ursprunges sei, und die Form des Thiercs stimmt
überein mit derjenigen der Thierstempel auf Klingen
ähnlicher Provenienz im Wiener und Budapcster
Museum. Ein solches Schwert mit dem Thierzciehen
in vergrössertem Maasstabe in dem Wiener Waffen-
museum wiederholen wir aus Leitner’s bekanntem
Werke (IX, 6) F'ig. 7.
Die andere Variante zeigen zwei Schwerter des
ungarischen Natioualmuseums (F'ig. 8 und 9). Es
sind Zweihänder, wie sie seit dem XIV. Jahrhundert
etwa bis zur Mitte des XV. Jahrhunderts in Gebrauch
standen. Der Stempel zeigt ein laufendes schlankes
Thier, das ebensogut ein Wolf als ein Windspiel
oder Leopard sein könnte. Einmal (F'ig. 10) kommt
dieser Stempel zusammen mit einem Wappcnstempcl
vor, auf einem Doppelhänder des ungarischen Na-
tionalmuseums, und in derselben Sammlung kommt
dasselbe Wappen einmal auch allein auf einem gleich-
zeitigen Schwerte vor (Fig. 11). Dieses nun, sowie
ein anderes Schwert des ungarischen Nationalmuseums
mit dem ungarischen Doppelkreuze (Fig. 12) sind
unzweifelhaft ungarländische Erzeugnisse, und ver-
muthlich sind auch die übrigen Stücke einheimische
Arbeit, wodurch mit Wahrscheinlichkeit erwiesen
würde, dass das «Wolfszeichen», allerdings in ver-
änderter Form, auch von ungarischen Waffenschmieden
etwa gleichzeitig mit dem Passauer Zeichen verwendet
wurde. Auch die nähere Provenienz lässt sich in
einem Falle sicherstellen. Das Doppelkreuz in einem
Wappen (Fig. 12) ist vermuthlich das Wappen der
Stadt Leutschau (Löcse) in Oberungarn, und Herr
Nagy behauptet mit gutem Rechte, dass das Wappen
mit dem gesprenkelten Querbalken (F'ig. 10) dasjenige
der Bannerherren Mokian und Amadeus aus dem
Geschlechte der Aba sei, welches in Oberungarn,
besonders in den Gegenden der Eisenproduktion be-
deutende Besitzungen hatte. Auch vermuthet er, dass

*) Vgl. G. Nagy’s Aufsatz, Arch. Ert. 1894, 315—323.
 
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