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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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12. Heft
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Forrer, Robert: Nochmals "Glefe oder Gertel - Waffe oder Werkzeug?"
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Weitere Werke des Waffenschmiedes Othmar Wetter
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0329

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12. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

309

gerade ein gewaltiger Unterschied — gleiche Diffe-
renzen finden sich ja an den Helmbarten. Der
Züricher Gertei ist oben glatt zugeschient, beim
Luzerner sind zwei Lappen um den Schaft geschmie-
det — Unterschiede, die bei Waffen aus so später
Zeit (17. Jahrhundert) keine Rolle spielen, nichts
anderes als locale Verschiedenheiten sind und auch
bei Helmbarten genugsam Vorkommen.
Gegen die Merovinger Gertei liegt der Unter-
schied lediglich in dem wagerecht liegenden
Haken und in der Anwendung von Stangen-
federn. Letztere sind im Waffenwesen aber
überhaupt erst späterzeitliche Errungen-
schaften und können bei den merovingischen
also nicht erwartet werden — erstere sind den
Helmbarten jener Zeit nachgebildet, also einem Vor-
bilde, das der Merovinger Zeit ebenfalls fehlte.
Indem Major Bleuler die Züricher Gertei als
Waffen anerkennt und uns so werthvollc Belege in
Gestalt der alten Zeughaus-Rodel in die Hand
giebt, hat er gerade einen neuen Beweis ge-
liefert, dass wir in den fraglichen Gertel-
eisen (von denen ähnliche ja unbezweifelt
auch als Werkzeuge dienten) wirkliche Waf-
fen vor uns haben!
Zum Ueberfluss sei aber als Beitrag zu dem von
Bleuler citierten Artikel über «Merovingische und caro-
lingische Sichelwaffen» noch mitgetheilt, dass ausser

den dort citierten Stücken andere solche Gerteiwaffen
auch anderwärts sich in Frankengräbern gefunden
haben und zwar in Gesellschaft von Kriegergrä-
bern mit Spatha1) und Scramasax; das lässt wohl
nur in letzter Linie an «Holzgertei fränkischer, mero-
vingischer oder carolingischer Bauern» denken??
Ob die Züricher Gertelhalbarten wirklich so
vereinzelt dastehen, wie Herr Bleuler annehmen
möchte, um die andern Haibartengertei als Werk-
zeuge gelten lassen zu können, möchte ich bezweifeln.
Ich habe bereits oben gezeigt, dass die Luzerner
sicher wie die Züricher zu den Stangenwaffen zu
zählen sind und dass damit also nicht bloss eine für
die «Züricher Kriegsflotte» geschaffene Specia-
lität vorliegt. Verwandte Stücke kommen auch
anderwärts vor;2) und wenn schon an einen spe-
ciellen Zweck gedacht werden soll, so würde ich
weit eher an eine Waffe der zur Vorhut gehöri-
gen Pioniere denken. Die alten Waffenschmiede
haben indessen so viele verschiedenartige und oft
wundersame Formenvarianten geschaffen, dass man
füglich unterlassen darf, jeder einzelnen Form be-
sondere Zwecke unterzuschieben.

x) Ein schönes Exemplar befindet sich auch im historischen
Museum zu Basel bei fränkischen Spathae etc.
2) Vgl. z. B. Forrer, Waffensammlung Zschille, No. 724,
801 und 810 (wohl 16. Jahrh.) u. A.

Weitere Werke des Waffenschmiedes Othmar Wetter.
Von Wendelin Boeheim.
(Mit Tafel.)

Der unter der bescheidenen Bezeichnung eines
Messerschmiedes genannte Meister Othmar Wetter,
der bedeutendste deutsche Eisenschneider der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts, ist uns durch A. Erb-
stein1) wieder bekannt geworden. Sein Leben wie
sein Wirken in dessen späterer Lebenszeit hat in
unserer Zeitschrift2) durch Dr. Georg Petzsch in
Dresden eine eingehende, von fleissigem Quellen-
studium zeugende Behandlung gefunden, wobei der
verdienstvolle Autor auch jene Arbeiten bekannt
gab und beschrieb, welche von diesem Meister im
kgl. historischen Museum zu Dresden noch bewahrt
werden. Cornelius Gurlitt in Dresden ergänzte
die biographischen Daten über selben in seiner aus-
gezeichneten Abhandlung: «Dresdener Waffen-
schmiede» im 11. Heft unserer Zeitschrift3) in vor-
trefflicher Weise durch weitere Urkundenauszüge.
*) Erbstein, A., «Beschreibung des kgl. historischen Museums
und der kgl. Gewehrgalerie zu Dresden» 1888.
2) Vergl. den Aufsatz «Othmar Wetter, Messerschmied» in
Heft 4 Seite 87 dieses Bandes.
3) Vergl. unsere Zeitschrift Heft II, Seite 265.

Der Abhandlung Dr. Petzsch’s war auch in Tafel II
dieses Bandes eine gelungene Abbildung der Rap-
piergarnitur des Kurfürsten Christian I. von Sach-
sen, eines der schönsten Werke Wetter’s, beige-
geben.
Dr. Petzsch hatte damals mit allem Rechte
bemerken können, dass der Meister nur im kgl.
historischen Museum zu Dresden in Werken ver-
treten sei. Durch die Schilderung angeregt, er-
innerten wir uns, dass in der kaiserl. Waffensamm-
lung zu Wien sich Rappier- und Degengefässe be-
finden, welche ihrem Stile und ihrer Zeichnung nach
gleichfalls die Hand Wetters verrathen, und wirk-
lich fanden sich zwei derselben, welche ihm mit
aller Bestimmtheit zuzuschreiben sind, ja eines der-
selben trägt sogar dessen Marke, das bekannte W,
welche auch im genauen Abdrucke auf Seite 91
dieses Bandes gebracht wurde.
Die Arbeiten Wetters im Eisenschnitte sind so
charakteristisch, dass nur ein oberflächlicher Ver-
gleich der in Tafel II dargestellten Rappiergarnitur
mit jenen zwei auf unserer Tafel VI abgebildeten
 
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