I. Heft.
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
15
bisher Geleistete einen wesentlich anderen als im We-
sten üblichen Maassstab anlegen und mit Dank aner-
kennen, was die Einzelnen ohne Nachschlagebücher
und Sammelwerke, nur auf eigene Kraft und auf ihr
Specialstudium hingewiesen, in dieser Richtung zu
Stande gebracht haben, ihren Nachfolgern den Weg
ebnend.
Der erste Katalog des Museums von Zarskoie-
Selo ist in russischer Sprache im Jahre 1840 von
dem kaiserlichen Bibliothekar Sayger verfasst und in
beschränkter Anzahl von Exemplaren gedruckt wor-
den. Dieser Katalog umfasst 2747 Nummern und bietet
auf 446 kleinen Octavseiten ein kurzes Inventar der
Sammlung. Bereits fünf Jahre früher wurde die Heraus-
gabe des illustrirten Prachtwerkes in vier Bänden be-
gonnen, welches im Jahre 1853 beendet und von
Welten in St. Petersburg und Karlsruhe veröffentlicht
wurde: «Musee de Tzarskoie-Selo ou Collection d’ar-
mes de Sa Majeste l’Empereur de toutes les Russies.
Ouvrage compose de 180 planches lithographiees par
Asselineau d’apres les dessins originaux de A. Rock-
stuhl, avec une introduction historique par Flor. Gille.
St. Petersbourg 1835—-1853.» Als Ergänzung zu die-
sem Werke erschien im Jahre 1869 in französischer
und russischer Sprache ein Folioband unter dem-
selben Titel: «Musee de Tzarskoie-Selo ou collection
d’armes de Sa Majeste l’Empereur. Par George de
Kaemmerer, avec 15 planches chromolithographiques
et 27 planches lithographiques; les dessins par Rock-
stuhl et Bogdanoff.»
Im Jahre 1860 war bereits ein kurzer. Katalog
erschienen, welcher als Führer durch die Sammlung
dienen konnte: «Notice sur le Musee de Tzarskoie-
Selo, renfermant la collection d’armes de Sa Majeste
l’Empereur.» Es werden in demselben, ausschliess-
lich der Soltikoff’schen Sammlung, folgende Gegen-
stände aufgezählt: 332 Säbel, 619 Schwerter und
Degen, 353 Dolche und Jatagans, 52 Bogen und
Köcher, 627 Stangenwaffen, 426 Flinten, 199 Pistolen,
83 Pulverhörner und anderes Zubehör, 49 Armrüste,
182 Schilde, 671 Rüstungen, 62 Kettenpanzer, 184
Sättel, i3i verschiedene Waffen, i38 Fahnen und
Standarten und 3o Geschütze.
Ebenfalls den Sechzigerjahren gehört eine grosse
Arbeit an, welche jedoch leider nicht veröffentlicht
wurde: das Institut für Anfertigung der russischen
Staatspapiere fertigte für die Pariser Weltausstellung
von 1867 über 400 Photographien von den zum
Museum von Zarskoie-Selo gehörigen Kunstgegen-
ständen an und brachte ein Exemplar derselben, zu
einem schönen Album geordnet, dem Kaiser Ale-
xander II. dar. Seine Majestät schenkte diese pracht-
vollen Photographien, vornehmlich die schönsten
Waffen der Sammlung darstellend, dem Museum,
doch ist jetzt nur noch ein Bruchtheil derselben er-
halten; die Negative jedoch liegen noch heute in der
Expedition zur Anfertigung von Staatspapieren in
St. Petersburg, und es wäre wohl ein sehr verdienst-
volles Werk, neue Abzüge herzustellen und dem
Publicum zugänglich zu machen.
Im Jahre 1891 endlich gab der dermalige Con-
servator an der kaiserlichen Eremitage, Professor der
Kunstgeschichte Kondakow, einen kurzgefassten Ka-
talog in russischer Sprache heraus, welcher, alle
Sammlungen der Abtheilung des Mittelalters und der
Renaissance umfassend, nach des Verfassers eigenen
Worten nur ein «Anzeiger» sein soll, dessen Ziel
darin besteht, durch kurze Herzählung der Gegen-
stände und gedrängte Charakteristik einzelner Gruppen
derselben dem Beschauer die Uebersicht zu erleichtern
und der Verbreitung allgemeiner kunsthistorischer
Begriffe zu dienen. Dieser Zweck wird nun bedauer-
licherweise aus zum Theil vom Autor unabhängigen
Gründen nicht erreicht; die Beibehaltung der alten
Numerationen früher selbstständiger, gegenwärtig aber
räumlich nicht mehr getrennter Sammlungen einer-
seits, ihre rein decorative Aufstellung andererseits,
und endlich der Umstand, dass im Katalog nicht
alle, sondern nur die besonders bemerkenswerthen
Gegenstände namentlich aufgeführt werden, erschwe-
ren die Orientirung bedeutend, und das umsomehr,
als die Vertheilung der Objecte in den Sälen häufig
ebenso durch Zahl- und Raumverhältnisse, wie durch
Zeitalter und Herkunft bestimmt wurde.
Ohne im Geringsten die Schwierigkeit einer sol-
chen Aufgabe zu unterschätzen, deren Bewältigung
vielleicht Jahrzehnte erfordern würde, können wir
nicht umhin, dem lebhaften Wunsche Vieler Aus-
druck zu geben: es möge möglichst bald zur Heraus-
gabe eines vollständigen historischen Kataloges ge-
schritten werden, welcher die Schätze einer der reich-
sten Waffensammlungen der Welt sowohl dem grossen
Publicum, als auch dem engen Kreise der Alterthums-
forscher und Kunstfreunde aller Länder erschliessen
würde.
II.
Die Waffensammlung in der Rüstkammer
(Orushejnaja Palata) zu Moskau.
Als Sammlung erst von dem ersten Jahrzehnt die-
ses Jahrhunderts seinen Ursprung herleitend, stammen
die in der Orushejnaja Palata aufbewahrten Gegen-
stände aus viel früherer Zeit, . vornehmlich aus dem
15. und 16. Jahrhundert, einer Zeit, wo die Schatz-
kammer der Zaren ausser den Reichskleinodien auch
das persönliche Besitzthum der Herrscher, die zahl-
losen Geschenke für deren Umgebung und die von
fremden Mächten, unterworfenen Völkern und eige-
nen Unterthanen dargebrachten Kostbarkeiten enthielt.
Das alte Gebäude der Schatzkammer (Kasjonni
dwor), wahrscheinlich unter Johann III. (1462—1505)
erbaut und 1494 bereits handschriftlich erwähnt, lag
zwischen den Kathedralen Archangelsky und Blago-
weschtschensky, war quadratisch gebaut und trug ein
pyramidal geformtes hohes Dach. Hier wurden die
Reichskleinodien auf bewahrt: die Krönungsregalien
des Wladimir Monomach (1113 — 1125), die Kronen und
sonstigen Kopfbedeckungen, die Festgewänder und der
Schmuck der Herrscher; ausserdem lag hier der Privat-
schatz des regierenden Zaren, seiner Gemahlin und
Zeitschrift für historische Waffenkunde.
15
bisher Geleistete einen wesentlich anderen als im We-
sten üblichen Maassstab anlegen und mit Dank aner-
kennen, was die Einzelnen ohne Nachschlagebücher
und Sammelwerke, nur auf eigene Kraft und auf ihr
Specialstudium hingewiesen, in dieser Richtung zu
Stande gebracht haben, ihren Nachfolgern den Weg
ebnend.
Der erste Katalog des Museums von Zarskoie-
Selo ist in russischer Sprache im Jahre 1840 von
dem kaiserlichen Bibliothekar Sayger verfasst und in
beschränkter Anzahl von Exemplaren gedruckt wor-
den. Dieser Katalog umfasst 2747 Nummern und bietet
auf 446 kleinen Octavseiten ein kurzes Inventar der
Sammlung. Bereits fünf Jahre früher wurde die Heraus-
gabe des illustrirten Prachtwerkes in vier Bänden be-
gonnen, welches im Jahre 1853 beendet und von
Welten in St. Petersburg und Karlsruhe veröffentlicht
wurde: «Musee de Tzarskoie-Selo ou Collection d’ar-
mes de Sa Majeste l’Empereur de toutes les Russies.
Ouvrage compose de 180 planches lithographiees par
Asselineau d’apres les dessins originaux de A. Rock-
stuhl, avec une introduction historique par Flor. Gille.
St. Petersbourg 1835—-1853.» Als Ergänzung zu die-
sem Werke erschien im Jahre 1869 in französischer
und russischer Sprache ein Folioband unter dem-
selben Titel: «Musee de Tzarskoie-Selo ou collection
d’armes de Sa Majeste l’Empereur. Par George de
Kaemmerer, avec 15 planches chromolithographiques
et 27 planches lithographiques; les dessins par Rock-
stuhl et Bogdanoff.»
Im Jahre 1860 war bereits ein kurzer. Katalog
erschienen, welcher als Führer durch die Sammlung
dienen konnte: «Notice sur le Musee de Tzarskoie-
Selo, renfermant la collection d’armes de Sa Majeste
l’Empereur.» Es werden in demselben, ausschliess-
lich der Soltikoff’schen Sammlung, folgende Gegen-
stände aufgezählt: 332 Säbel, 619 Schwerter und
Degen, 353 Dolche und Jatagans, 52 Bogen und
Köcher, 627 Stangenwaffen, 426 Flinten, 199 Pistolen,
83 Pulverhörner und anderes Zubehör, 49 Armrüste,
182 Schilde, 671 Rüstungen, 62 Kettenpanzer, 184
Sättel, i3i verschiedene Waffen, i38 Fahnen und
Standarten und 3o Geschütze.
Ebenfalls den Sechzigerjahren gehört eine grosse
Arbeit an, welche jedoch leider nicht veröffentlicht
wurde: das Institut für Anfertigung der russischen
Staatspapiere fertigte für die Pariser Weltausstellung
von 1867 über 400 Photographien von den zum
Museum von Zarskoie-Selo gehörigen Kunstgegen-
ständen an und brachte ein Exemplar derselben, zu
einem schönen Album geordnet, dem Kaiser Ale-
xander II. dar. Seine Majestät schenkte diese pracht-
vollen Photographien, vornehmlich die schönsten
Waffen der Sammlung darstellend, dem Museum,
doch ist jetzt nur noch ein Bruchtheil derselben er-
halten; die Negative jedoch liegen noch heute in der
Expedition zur Anfertigung von Staatspapieren in
St. Petersburg, und es wäre wohl ein sehr verdienst-
volles Werk, neue Abzüge herzustellen und dem
Publicum zugänglich zu machen.
Im Jahre 1891 endlich gab der dermalige Con-
servator an der kaiserlichen Eremitage, Professor der
Kunstgeschichte Kondakow, einen kurzgefassten Ka-
talog in russischer Sprache heraus, welcher, alle
Sammlungen der Abtheilung des Mittelalters und der
Renaissance umfassend, nach des Verfassers eigenen
Worten nur ein «Anzeiger» sein soll, dessen Ziel
darin besteht, durch kurze Herzählung der Gegen-
stände und gedrängte Charakteristik einzelner Gruppen
derselben dem Beschauer die Uebersicht zu erleichtern
und der Verbreitung allgemeiner kunsthistorischer
Begriffe zu dienen. Dieser Zweck wird nun bedauer-
licherweise aus zum Theil vom Autor unabhängigen
Gründen nicht erreicht; die Beibehaltung der alten
Numerationen früher selbstständiger, gegenwärtig aber
räumlich nicht mehr getrennter Sammlungen einer-
seits, ihre rein decorative Aufstellung andererseits,
und endlich der Umstand, dass im Katalog nicht
alle, sondern nur die besonders bemerkenswerthen
Gegenstände namentlich aufgeführt werden, erschwe-
ren die Orientirung bedeutend, und das umsomehr,
als die Vertheilung der Objecte in den Sälen häufig
ebenso durch Zahl- und Raumverhältnisse, wie durch
Zeitalter und Herkunft bestimmt wurde.
Ohne im Geringsten die Schwierigkeit einer sol-
chen Aufgabe zu unterschätzen, deren Bewältigung
vielleicht Jahrzehnte erfordern würde, können wir
nicht umhin, dem lebhaften Wunsche Vieler Aus-
druck zu geben: es möge möglichst bald zur Heraus-
gabe eines vollständigen historischen Kataloges ge-
schritten werden, welcher die Schätze einer der reich-
sten Waffensammlungen der Welt sowohl dem grossen
Publicum, als auch dem engen Kreise der Alterthums-
forscher und Kunstfreunde aller Länder erschliessen
würde.
II.
Die Waffensammlung in der Rüstkammer
(Orushejnaja Palata) zu Moskau.
Als Sammlung erst von dem ersten Jahrzehnt die-
ses Jahrhunderts seinen Ursprung herleitend, stammen
die in der Orushejnaja Palata aufbewahrten Gegen-
stände aus viel früherer Zeit, . vornehmlich aus dem
15. und 16. Jahrhundert, einer Zeit, wo die Schatz-
kammer der Zaren ausser den Reichskleinodien auch
das persönliche Besitzthum der Herrscher, die zahl-
losen Geschenke für deren Umgebung und die von
fremden Mächten, unterworfenen Völkern und eige-
nen Unterthanen dargebrachten Kostbarkeiten enthielt.
Das alte Gebäude der Schatzkammer (Kasjonni
dwor), wahrscheinlich unter Johann III. (1462—1505)
erbaut und 1494 bereits handschriftlich erwähnt, lag
zwischen den Kathedralen Archangelsky und Blago-
weschtschensky, war quadratisch gebaut und trug ein
pyramidal geformtes hohes Dach. Hier wurden die
Reichskleinodien auf bewahrt: die Krönungsregalien
des Wladimir Monomach (1113 — 1125), die Kronen und
sonstigen Kopfbedeckungen, die Festgewänder und der
Schmuck der Herrscher; ausserdem lag hier der Privat-
schatz des regierenden Zaren, seiner Gemahlin und