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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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2. Heft
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Boeheim, Wendelin: Ein historisches Museum der Armee in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0051

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Ausrüstung, Bewaffnung des Heeres Bezug hat, in
chronologisch-synchronistischer Anordnung Aufnahme
zu finden. Dieser Complex bildete die erste «militä-
rische» oder, wenn man will, «militär-technische und
administrative Abtheilung». In einer zweiten Haupt-
abtheilung rollte sich in einem grossartig entworfenen
Bilde die Geschichte auf. Hier träten die Persönlich-
keiten hervor in ihren unvergesslichen Leistungen,
die Truppenkörper in ihren in der Weltgeschichte
ewig ruhmvoll dastehenden Thaten; hier erlägen die
Gedenkstücke, die Ehren- und Siegeszeichen und
Trophäen, welche in drei Jahrhunderten mit fran-
zösischem Blute errungen worden sind. Ein Monu-
mentum aere perennius!
Kartographische Darstellungen der allmählichen
Ausdehnung des Machtbereiches Frankreichs bis an
seine weitesten Grenzen, in Perioden getheilt, mög-
lichst alte Schlacht- und Gefechtspläne erläuterten
das Gesammtbild. Hier fänden auch die originalen
Bulletins, Proclamationen und alle Schriftstücke,
welche auf die Thätigkeit des Heeres unmittelbar
Bezug haben, ihre würdige und richtige Stelle.
Beide gedachte Abtheilungen beherrschen zu weit
gespannte Felder, um nicht ihre Untertheilung in Pe-
rioden voraussetzen zu lassen.
* sfc
*
Sehen wir uns nun nach diesem Idealbilde des
neuen Museums das Musee d’Artillerie dagegen an,
so ersehen wir augenblicklich, dass es eine grosse
Menge von Gegenständen enthält, welche naturgemäss
in ersteres gehören, ja, dass sie dort ganz unentbehr-
lich sind; denn was man in zwei Jahrhunderten zu-
sammengetragen hat, wird man doch in der Gegen-
wart und wenigen Jahren nicht ersetzen wollen?
Könnte das neu zu bildende Museum, um nur
ein paar Beispiele anzuführen, auf die Reiterrüstung
des Cesar de Vaulserre Baron des Adrets G. 107, jene
des Duc d’Epernon G. 108, jene angeblich des Tu-
renne G. 113, oder jene Kürassierrüstung G. 116,
ferner auf verschiedene Ehrenzeichen und auf beson-
dere Fahnen verzichten, welche kostbare und einzige
Andenken an bestimmte Heldenthaten sind?
Jedermann wird zugestehen, dass das historisch
gewordene Institut ungeachtet seines ansehnlichen
Inhaltes an alten Geschützen, Modellen, Plänen und
artilleristischen Utensilien nichts weniger als ein Mu-
seum der Artillerie katexochen mehr darstellt; diese
Bezeichnung verdankt es jetzt nur seinen Gründern:
genialen Artilleriegeneralen, wie dem Marschall Duc
d’Humieres, den Generalen de Valliere, Gribeauval
und anderen, die es zum Unterricht für junge Artil-
lerieofficiere bestimmt hatten. Das Museum ist aber
bei einer ganz unerheblichen Reorganisation das
reichste «Museum der allgemeinen Entwicklung des
Waffenwesens», das in der Welt gefunden werden
kann, und stellt sich damit von selbst als eine gross
angelegte Ouvertüre in den Rahmen des Museums
der Armee. Zwei so verwandte Institute, und jedes

für sich bestehend, könnten kaum nebeneinander be-
stehen; sie müssten sich mit der Zeit, ohne es zu
wollen, Concurrenz machen, und die entstandene
Rivalität müsste zu Misshelligkeiten und endlich doch
zu dem Resultate einer wohldurchdachten organischen
Vereinigung leiten.
* *
#
So böte sich das Mittel zur Behebung aller gegen-
wärtigen und zukünftigen Schwierigkeiten in dem
heutigen Projecte durch dessen Erweiterung zu einem
«Musee des guerres de France» durch die Ge-
walt der Logik von selbst dar, eines grossen Mu-
seums, das, unter der Oberleitung eines Generals als
Intendant oder Directeur general stehend, das alte,
in seinem Werthe unschätzbare Museum wie das
neugebildete in einem grossen wissenschaftlichen
Rahmen umfasst.
Und in der That, denkt man sich das alte Musee
d’Artillerie auf die schonendste Weise reorganisirt
und nach Ausscheidung der wenigen an das neue
Museum zu überlassenden jüngeren Objecte zu einem
«ancien Musee des armes historiques» umgestaltet,
so ist im Augenblicke der Kern für die zweite Mu-
seumsabtheilung des «nouveau Musee de l’histoire de
l’Armee» gebildet. Beide hätten dadurch überaus be-
deutend gewonnen; das eine durch die Möglichkeit
eines einheitlichen Programmes, das andere, durch
seinen Inhalt chronologisch an die erste Abtheilung
sich anschliessen zu können.
Unerlässlich aber wäre es, dass das gesammte
ausgedehnte Institut unter die einheitliche Verwaltung
des Ministeriums, beziehungsweise des Generalstabes,
gestellt, der eine Theil also aus der Verwaltung der
technischen Section der Artillerie ausgeschieden wird.
Ein Museum der Armee muss eben auch die
Artillerie und das Genie umfassen, und es ginge wohl
nicht an, für die Artillerie ein eigenes museales In-
stitut zu erhalten, das noch dazu über sein Ressort
weit hinausreicht.
#
Ein so grossartiges Museum hätte nach seiner
rein culturhistorischen Seite hin nicht allein ein
rein militärisches Gepräge; namentlich wäre es
das Musee des armes historiques, das einen mehr
kunstwissenschaftlichen Charakter an sich trüge. Es
wäre daher vom Vortheile, wenn dem obersten
Chef desselben eine Persönlichkeit als artistischer
Beirath beigegeben würde, welche nach kunsthisto-
rischer Richtung gebildet ist, ob diese nun zünftig
dem Militärstande angehört oder nicht. Für die Lei-
tung der beiden musealen Abtheilungen in tech-
nischer und historischer Beziehung wären höhere
Officiere der Artillerie oder des Genie, die, historisch
veranlagt, sich bereits als Schriftsteller bewährt haben,
die geeignetsten Kräfte.
Durch die entsprechende Wahl der Fachkräfte
auf ihren Gebieten ist die Hoffnung gegeben, dass
das grosse Museum actuell hervortritt und seinen
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