Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
3. Heft
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Studie über die Entwicklung des Geschützwesens in Deutschland
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Die Zweihänder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0072

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
62

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

Plötzlich, Blatt 24 t?, wendet er sich dem Laden der Ge-
schütze zu, das er recht deutlich erklärt. Hier tritt der
Autor als der Erste hervor, der nicht nur den Ladezeug
und die Geschützrequisiten zur Manipulation bestimmt,
sondern auch Vorschriften über- deren Unterbringung
an der Lafette macht, wie sich selbe im Wesentlichen
bis zur Aufnahme des Hinterladegeschützes um 1860
erhalten haben. Seselschreiber ist der Erste, der uns
den Wischer aus Borsten vorschreibt und in Ab-
bildung bringt und den Ladezeug damit vereinfacht,
dass er den Wischer an einem Ende, den Setzer an
dem anderen Ende der Stange anbringt. Er unter- j
scheidet in den Requisiten: die Ladeschaufel, den
Kolben (Setzer), die Bürste (Wischer), den Stecher
und den Kugelbohrer, letzteren zur Entladung von
Bleikugeln. (Fig. 1.)
Nun schiebt der Autor wieder Anweisungen zur
Bestimmung der Pulverladungen und zum Laden
der Rohre dazwischen. Interessant erscheint seine
Methode zum Richten des Geschützes und der dabei
zu verwendenden Instrumente: Aufsätze, Visirrohre
mit Gradbögen und Senkeln, Quadranten u. dgl. Ist
Manches davon unpraktisch und auf irrigen Grund-
sätzen beruhend, so erweist doch Alles den tüchti-
gen Fachmann und ernsten Denker, ln einzelnen
Fällen wird er wieder zum genialen Erfinder; so
erblicken wir auf Blatt 3o den ersten Schuberauf-
satz. In den Details geräth er zuweilen auf un-
praktische Verkünstelungen in den Anweisungen, vier
Kugeln nach einander oder Pfeile zu schiessen. Ganz
trefflich ist wieder seine Vorschrift für das Richten
und Schiessen bei Nacht.
Am bedeutsamsten tritt Seselschreiber als Con-
structeur von Lafetten hervor, und er wird da gerade-
zu bewundernswerth durch seine schöpferische Kraft.
Auf Blatt 42 a—43 bringt er «ain muster zu ainem
haubtstuck auf reter» in Abbildung und bemerkt
«ist zu München gemacht worden». Das Rohr mit
doppelten Schildzapfen ruht in einer «Lade», die
wieder auf einer kurzen «Bank» aufliegt. Letztere
ist vorne mit schweren, hinten mit kleineren Block-
rädern versehen. Die Richtung erfolgt durch eine
verticale Schraube;

Auf Blatt 43*1—44 erblicken wir in der Ab-
bildung einer Schlange mit Balanceschildzapfen in
einer Blocklafette die älteste Ausrüstung eines Feld-
geschützes mit Requisiten. (Fig. 2.)
Auf Blatt 44*1 erblicken wir eine Protze ohne
Munitionskasten mit starken Achsmitnehmern. Der
Autor benennt die Lafette «gefess», die Protze »feur-
wagen». Auf Blatt 46 erscheint ein Streitwagen
ziemlich in der Form der Maximilian’schen mit 6
quer auf den Langbäumen ruhenden Kammerbüchsen
(Hinterlader), jede mit zwei Kammern ausgerüstet.
Der Autor verweist sie richtig zur Verwendung in
einer Wagenburg.
Sehr interessant ist die. Darstellung auf Blatt
46*1 mit der Ueberschrift: «da hastu die paireschen
(bairischen) falknett gerecht kunterfett». Darunter
ist das bairische Feldgeschütz auf dem Marsche dar-
gestellt. Das Rohr in Karrenlafette mit Protze, dar-
auf ein Munitionskasten, gezogen von einem Pferde,
auf welchem ein Fuhrknecht reitet. Voran geht ein
Landsknecht mit einem Luntenstock in der Hand.
In letzterem erblicken wir die älteste Abbildung
dieses Requisites. (Fig. 3.) Die Construction der La-
fette lässt jedoch keinen Fortschritt vor der erwähnten
Maximilianischen Karrenlafette erkennen.
Der Rest der Blätter enthält Darstellungen, welche
sich mehr oder weniger als nicht dem Waffengebiete
angehörig, unserer Beobachtung entziehen. Wir er-
wähnen als das uns Nächstliegende nur einen sehr
gut construirten Bohrzeug für Hakenbüchsenläufe und
einige Recepte für Feuerwerk, besonders Feuerpfeile.
Auf einem dieser Blätter steht unterhalb Seselschreiber’s
der Name «Filip» geschrieben.
Wir sind zu schliessen gezwungen. Der Raum1
einer Zeitschrift gestattet nicht dieses für die Ge-
schichte der Entwicklung des deutschen Geschütz-
wesens so wichtige handschriftliche Quellenwerk
nach seiner vollen Bedeutung bis ins Einzelne zu’
beschreiben. Was wir hier geboten haben, soll
lediglich auf die Bedeutung der Quelle hinweisen
und feststellen, dass wir in Christof Seselschreiber
einen der hervorragendsten Reformatoren auf artille-
ristischem Gebiete zu erblicken haben.

Die Zweihänder.
Von WendeHn Boeheim.

Unter den alten Waffen sind es die zweihändi-
gen Schwerter, «Zweihänder», «Bidenhander», auch
«Schlachtschwerter» genannt, welche, ungeachtet ihres
relativ geringen Alters, allenthalben unter den Ama-
teuren und Sammlern besonderer Aufmerksamkeit be-
gegnen und mit Vorliebe erworben werden, so dass
man sagen kann, dass die überhaupt noch vorhan-
denen in festen Händen sich befinden und Zwei-
händer verhältnissmässig selten auf den Markt ge-

langen. Gerade diese günstige Meinung, deren sich
diese eigenthümliche Waffe erfreut, veranlasst uns,
selbe zum Gegenstand einer Besprechung zu machen.
Das zweihändige Schwert ist eine Waffe der
Renaissance, und seine Anfänge selbst reichen nicht
weit in die Jahre der Spätgothik hinauf. Um seine
Entstehung richtig aufzufassen, muss man sich er-
innern, dass jede Waffe abhängig von dem Stande
der Eisenindustrie ist und Klingen von einer Länge
 
Annotationen