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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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4. Heft
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Petzsch, Georg: Othmar Wetter, Messerschmied
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0101

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4. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

S9

essante Spccialisirung der Obliegenheiten, die man
damals sämmtlich unter dem Begriffe «Messer-
schmied* verstand; die Bestallung besagt nämlich
nach einer schematischen Erwähnung der allgemeinen
Beamtenpflichten, dass der Meister sowohl alle ihm
vom Hofe übergebenen Wehren «in gute Besserung
richten und erhalten-, als auch der Anfertigung
neuer Stücke, sie mögen im Vergolden oder anderer
Arbeit bestehen, sich befleissigen solle. Läge keine
Bestellung vom Hofe vor, so solle er «auf Unserem
Stall1) die ledigen Klingen mit Fleiss einfassen oder
sonsten was Künstliches von Gold, Silber, Eisen
oder Hclffcnbein, wie es die Gelegenheit geben
möchte, schlahcn oder schneiden, und alles Anderes,
was einem Messerschmied zu verrichten gebührt,
auf sich nehmen». — Aus dieser Aufzählung erhellt,
dass Othmar Wetter nicht nur als Messerschmied
im einfachen Sinne, sondern überhaupt als Künstler
für verschiedene Zweige der Mctalltcchnik bestellt
war, dass er sich auf Treibarbeit wie auf Eisen-
schnitt und Ciselirung verstehen musste und auch
fähig war, die weicheren Stoffe Gold und Elfen-
bein fachkundig zu bearbeiten. Es hat eine gewisse
Wahrscheinlichkeit für sich, dass unter dem von
J. G. Theodor Grässe in seinem «Guide de l’amateur
d’objets d’art et de curiosite» (Dresden 1871) auf
Seite 24 unter den «Marques figuratives» abgebilde-
ten Künstlerzeichen O. W. 1591, das Grässe von
einem «Sculpteur cn ivoirc inconnu» hergenommen
hat und das neben einem Messerschmiedewappen
(drei Säbeln, durch einen Kronenreifen gesteckt) an-
gebracht ist, Othmar Wetters Signatur zu verstehen
ist. Da Grässe jedoch bedauerlicherweise in seinem
Buche den Aufbewahrungsort des elfenbeinernen
Gegenstandes mit diesen Marken verschwiegen hat,
muss es einer günstigen Gelegenheit überlassen
bleiben, durch Vergleichung desselben mit nach-
weislich Wetter’scheri Arbeiten hierüber Gewissheit
zu schaffen.
Der Meister musste ein schriftliches Versprechen
(Revers genannt), seinen Pflichten getreulich nach-
zukommen, ausstellen, welches uns nicht aufbewahrt
geblieben ist. Als Jahrcslohn wurden ihm de dato
20oThaler «vor Alles» zugesichert; ausserdem ward
ihm eine besondere Werkstatt sammt dem «Zeug»
gehalten und sein Bedarf an Eisen und anderem
Handwerksmaterial aus der kurfürstlichen Casse be-
zahlt. Vergleichen wir Wetters Gehalt mit dem
eines anderen Hofmesserschmiedes seiner Zeit, des
Anthony Schuch,2) welcher an demselben Tage wie
unser Meister seine Bestallung empfing, so finden
wir, dass der Letztere gleich den kurfürstlichen Rüst-
knechtcn nur einen Jahresgehalt von 85 Gulden
7 Groschen und 4 Pfennigen3) erhielt, ausschliess-
*) Das 1586 efbaute Stallgebäude in Dresden, jetzt Johanneum.
'-) Arbeiten mit seiner Marke sind ebenfalls im königl. histo-
rischen Museum zu Dresden erhalten.
3) Diese Summe setzte sich, wie hier der Curiosität wegen
mitgetheilt sein möge, aus Kostgeld, Besoldung, Hauszins, Stiefel-
geld und Hutgeld zusammen. Ausserdem bekam er jährlich zwei

lieh der besonderen Bezüge für Material, welche
auch Othmar Wetter gewährt waren; dieser bezog
also fast dreimal so viel Gehalt als Schuch und wird
folglich, obwohl auch er nur unter dem bescheide-
nen Titel eines Messerschmiedes bestallt wurde, von
vornherein als Künstler betrachtet und nur für künst-
lerische Arbeiten in Aussicht genommen worden sein,
eine Annahme, welche noch dadurch unterstützt wird,
dass die alten Rechnungen und Invcntarc nicht ein
einziges Mal erwähnen, dass Wetter die Anfertigung
gewöhnlicher Messer oder sonstiger handwerksmässig
hergestelltcn Geräthc übertragen worden wär.e, dass
ferner auf keiner solcher einfacheren Sachen, von
denen in der königlichen Sammlung ebenfalls viele
aufbewahrt geblieben sind, sich die uns bekannte
Marke des Meisters Wetter findet.— Die Bezahlungs-
art scheint sich übrigens später insofern geändert zu
haben, als dem Meister die Arbeit für jedes einzelne
Stück vergütet wurde.
Der Kurfürst Christian I. starb schon am 25. Sep-
tember 1591, und für den unmündigen Kurprinzen
übernahm der Herzog Friedrich Wilhelm von Sachsen-
Weimar und -Altenburg, welcher nebst dem Kur-
fürsten Johann Georg von Brandenburg (dem mütter-
lichen Grossvater des Prinzen) zum Vormund der
drei jungen Söhne Christian I. bestellt war, als «der
Kur Sachsen Administrator» für die nächsten zehn
Jahre die Regentschaft. Othmar Wetters günstige
Stellung an der kurfürstlichen Rüstkammer scheint
durch den Tod seines hohen Gönners im Jahre 1591
sich nicht erheblich verändert zu haben. Man hatte
den Meister, wie cs scheint, stillschweigend in seiner
Stellung als kurfürstlicher Messerschmied belassen,
ihm wahrscheinlich gelegentlich die Reparaturen,
welche ja bei dem waffenfrohen Leben an den Fürsten-
höfen der damaligen Zeit oft nöthig' gewesen sein
mögen, übergeben und ihm die Ausführung der Ar-
beiten, mit welchen ihn der lctztrcgierende Herr vor
seinem Tode beauftragt hatte, nicht entzogen; dies
müssen aber Aufträge gewesen sein, welche die Hand
des Künstlers jahrelang beschäftigten. Denn noch
1595, in dem Jahre, von welchem wir die nächste
schriftliche Nachricht1) über Othmar Wetter haben,
ist die Rede von zwölf ledigen (d. h. ungefassten)
Rappier- und Courtelasklingen,2) welche ihm vor
vier oder fünf Jahren auf Befehl weiland Kurfürst
Christian I. zum Fassen übergeben worden waren,
zugleich mit 121 Gulden Vorschuss aus der Casse
des Stallamtcs. Hiervon waren im Laufe der Zeit
drei «gar schöne verguldte Wehren und ein schwarz,
mit Bildwerk ausgehauen Rappier» fertig geworden,

Schrägen weiches Holz und zwei Anzüge gleich den Knechten im
Stalle. — Der Thaler der damaligen Zeit hatte 24 Groschen und
der Gulden 21 Groschen, der Groschen 12 Pfennige.
Cammersachen inn Churf. S. vormundtschafft I595> 2. teil.
Loc. 7302 im königl. Hauptstaatsarchive.
2) In Sachsen verstand man im XVI. Jahrhundert unter
Rappier die Degen mit langer, schmaler Klinge, unter Courtelas
oder Reiterschwert diejenigen mit breiter Klinge, welche sich
mehr zum Schlag als zum Stoss eigneten.
 
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