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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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4. Heft
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Boeheim, Wendelin: Der Reiterschild von Seedorf, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0106

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94

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

der Seitenränder uns zu der Annahme hinleitet, den
Schild um ein paar Jahrzehnte jünger zu halten. So
gering auch die Differenz in den Altersbestimmungen
erscheinen möge, sie ist für uns hier dadurch etwas
wichtiger, als unserem Ermessen nach die Annahme,
den Schild noch in das XII. Jahrhundert zu ver-
weisen, auszuschliessen ist, und zwar nicht nur auf
Grund unseres Augenscheines, sondern auf Grund
der werthvollen historischen Be-
lege Denier’s selbst. Für die Alters-
bestimmung eines Rüststückes ist
immer der Stand der allgemeinen
Kriegskunst massgebend, wenn-
gleich zugeben werden muss,

en

also genau zu unserer strittigen Zeit fertiggestcllt
wurde, erscheinen die Reiter in noch erheblich län-
geren Schilden, welche durch die Bank noch völlig
bis ans Knie reichen (Fig. 2). Auch für die Tragart
finden sich da Anhaltspunkte. Der Unterarm ist
wagrecht stehend, und an vielen Stellen findet sich
auch die «schiltvezzel s gezeichnet. Wir wählten in
der Figur eine Gruppe Kölnischer Reiter. Nahe-
zu von gleicher oder doch von
nur sehr geringerer Länge finden
wir die Reiterschildc an dem be-
s rühmten Relief der
^ schlafenden Krie-
ger an dem Grab-


Kg- 3-
Innenseite eines normanischen Schildes.
(Tapete von Bayeux).
dass in jeder Periode mit den
augenblicklich meist verwendeten
Formen auch veraltete in Mengen
noch aufgetreten sind. Man könnte
aus dieser Ursache einem Rüst-
stücke von veralteter Form eher ein
geringeres Alter beimessen, als
gegentheilig bei anderen ein plötz-
liches Vorgreifen in der Formentwicklung voraus-
setzen, sie also ungeachtet ihrer späteren Formen für
älter halten.
Wir wollen da noch einen weiteren Beweis da-
für liefern, dass wir den Schild in den Beginn des
XIII. Jahrhunderts zu verweisen haben. In den Mi-
niaturen des werthvollen Bildcodex: «Carmen in
honorem AugUsti des Peter von Ebuloj in der Stadt-
bibliothek zu Bern,1) der erwiesenermassen 1196,
') Hauptmann, Dr., Die Illustrationen von Peter von Ebulo’s
Carmen in honorem Augusti. Jahrbuch der lc. k. heraldischen
Gesellschaft «Adlern, N. F., 7. Band, Wien 1897.


Fig. 6. Muthmassliche Beriemung
am Schilde von Seedorf.

Fig. 4.
Schildberiemung nach Violett-le-Duc.
male in der Kathedrale zu Lincoln,
die gehören aber bereits in den Be-
ginn des XIV. Jahrhunderts. Es
gäbe hierüber bildliche Beispiele in
schwerer Menge.
Es erübrigt uns nun nur mehr,
einige Bemerkungen über den Ge-
brauch und die Tragart des Reiter-
schildes hier anzufügen, um die im Innern unseres
Excmplares sichtbaren Spuren von Tragvorrichtungen
und deren ursprüngliche Bestimmung zu erklären.
Ungeachtet der verschiedenen Art der Hand-
habung des Fussknecht- und des Rciterschildcs
weisen dennoch beide in ihren Tragvorrichtungen
Aehnlichkciten auf, und die Formen der letzteren
sind sich gleich geblieben vom X. bis ins XIV. Jahr-
hundert. Der Fussknecht trug seinen Schild auf
dem Marsche an einem breiten Riemen (schiltvezzel)
um den Hals auf dem Rücken, im Gefechte aber
meistenthcils mit aufgestemmtem Vorderarm. Dieser
 
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