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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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5. Heft
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Fachliche Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0136

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122

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

auf dem Specialgebiete. Wir erinnern da an die über-
aus werthvolle Entdeckung der alten Inventare der Ar-
meria im königlichen Archive zu Simancas, namentlich
des für die Geschichte des Waffenwesens unschätzbaren
Bildinventares aus der Zeit Karls V., das von Dr. Rudolf
Beer übersetzt mit zahlreichen Abbildungen im Jahrbuche
der kunsthistorischen Sammlungen des kaiserlichen Hauses,
Band X und XI, erschienen ist. Graf Valenzia hat seit
Jahren die Armeria durchforscht, und seine gründlichen
Studien haben geradezu überraschende Resultate ergeben.
Seit dem Erscheinen des Werkes von Jubinal über die
Armeria ist eine Reihe von Jahrzehnten verstrichen, und
seit dieser Zeit hat sich die historische Waffenwissenschaft
so bedeutend gehoben, dass man unsere heutigen Erwar-
tungen von dem zu erscheinenden Kataloge mit allem
Rechte hoch spannen darf. Ja wir können Voraussagen,
dass die hochberühmte Sammlung nun zum ersten Male
eine umfassende wissenschaftliche Beleuchtung erfahren
wird. Als die Schöpfung eines Habsburgischen Mon-
archen werden sich nun manche bedeutsame und inter-
essante Beziehungen zwischen der Madrider- und der
Wiener Sammlung klarstellen, und in Beziehung auf die
Kunst und Technik werden wir einen besseren Einblick
in die Kunstthätigkeit in Spanien vom XV. bis ins
XVII Jahrhundert gewinnen. Das ist es, was uns dem
Erscheinen dieses Kataloges mit Spannung entgegen-
sehen lässt. W. B.

Die Neuerwerbungen im königlichen Zeug-
hause zu Berlin. Dem königlichen Zeughause zu Berlin,
dessen Inhalt in der letzten Zeit zu einer der reichsten
historischen Sammlungen herangewachsen ist, wurde an-
lässlich der Centenarfeier für Kaiser Wilhelm von Seiner
Majestät dem Sultan Abdul Hamid II. eine Anzahl alter
Geschütze aus dem kaiserlichen Arsenale zu Tophane als
Geschenk überlassen. Diese Geschützrohre aus Bronze,
sechs an der Zahl, zählen zu den interessantesten Ge-
denkstücken der Giesskunst.
Zunächst erwähnen wir hier eines Falkonets, ein her-
vorragendes historisches Werk, ja im gewissen Sinne für
uns ein Unicum dadurch, dass es, wie die Aufschrift am
Bodenstücke erweist, aus der Werkstätte des berühmten
Gregor Löffler stammt, von welchem bis jetzt zwar noch
Glocken, aber keine Geschützrohre sich mehr erhalten
haben. Das Rohr ist decorativ schön ausgestattet, ist
aber nicht ziselirt oder, wie man im Stückgiesserjargon
sagt: nicht verschnitten und weist selbst noch die Spuren
der Pfeifenangüsse, zum Beweise, dass es ziemlich eilig
gefertigt und rasch in Gebrauch genommen worden ist.
Auf dem rückwärtigen Felde erblickt man in Basreliefs
den Doppeladler mit den Säulen des Hercules und der
Bandinschrift «plus ultre» genau so, wie wir selben in
den Abbildungen des Geschützparkes Karls V. in einem
Bildcodex der Hofbibliothek zu München erblicken.
Ausserdem trägt das Rohr noch das Wappen des Car-
dinais Grafen Otto von Waldburg, Bischofs von Augs-
burg, und oberhalb des Adlers ein schön modellirtes
Crucifix nebst der Darstellung des seine Jungen nähren-
den Pelikan aus dem Physiologus und der Inschrift «his
qui diligunt». Gregor Löffler stammt aus Vorarlberg und
ist in Heiligenkreuz bei Feldkirch um 1490 geboren; er
starb am 1. Juni 1565, wie auf seinem Grabmale in der j
Kirche zu Hötting bei Innsbruck zu lesen ist. Nachdem
Otto von Waldburg 1544 Cardinal wurde, so ist die An-

fertigung dieses Rohres zwischen diesem Jahre und 1546
zu setzen, in welcher Periode Löffler den Geschützpark
Karls V. fertigte. 1546 erblicken wir den Meister schon
wieder in Tirol mit dem neuen Geschützparke Ferdi-
nands I. beschäftigt.
Ein weiteres Falkonet mit dem deutschen Adler und
dem Namen des Königs Ferdinand I. trägt die Meister-
inschrift: «Lienhart Giesser hat mich gossen in Laibach
A. D. 1554». Der Meister ist noch unbekannt; an den
berühmten Linhart Peringer ist hier nicht zu denken, der
1554 schon längst verstorben war.
Diesen zunächst im Alter stehen drei Serpentinellen,
der Rest von mindestens deren sechs, ganz gleich in
der decorativen Ausstattung, dem kaiserlichen Doppel-
adler mit Namen und Titel des Kaisers Rudolf II. und
der Jahrzahl 1537. Zur Unterscheidung trägt jedes Rohr
auf dem langen Felde eine andere Kriegerfigur im Stile
der Landsknechtsbilder des Jost Aman: Arkebusier, Pike-
nier und Lanzenreiter. Auf dem hinteren Visirreif lesen
wir den Namen des Sohnes des Gregor: «Hans Christof
Löffler. Der Meister ist um 1530 geboren, denn er ar-
beitet mit seinem Bruder Elias bereits 1559 in der Werk-
stätte seines Vaters; er starb um das Jahr 1595, wahr-
scheinlich zu Wien, wo sich zuletzt seine Werkstätte be-
fand, denn in den Kirchenbüchern zu Hötting bei Inns-
bruck, 'wo sich sein Anwesen befand, ist sein Name nicht
zu finden. Es dürfte in den Fachkreisen interessiren,
dass ein Schwestergeschütz aus dieser Serie, gegossen
1586, sich in der Geschützsammlung des k. u. k. Heeres-
museums zu Wien befindet; es trägt auf dem langen Feld
das Relief eines Stuckknechts.
Das sechste Rohr ist eine Serpentinelle mit den
Wappen des Landeshauptmanns von Görz Franz von
Stubenberg und des Landesobristen von Steiermark Ge-
neral Grafen Carl von Saurau und der Jahrzahl 1681; es
gehörte zur Ausrüstung der innerösterreichischen ständi-
schen Artillerie und war sicher auch bei den zahlreichen
Gefechten, in welchen Saurau 1633 die ungarischen Re-
bellen von Fürstenfeld an zurückdrängte, in Verwendung.
Es ist anzunehmen, dass das Rohr durch Demontirung
seiner Lafette in einem der erwähnten Gefechte in Ungarn
verloren ging und so in die Hände der Türken gelangte.
Dass diese Annahme auch auf die andern Serpentinellen
ausgedehnt werden könnte, erweist eine türkische Inschrift
auf einer derselben mit der Jahreszahl 1705. In Berlin
hält man das letztbeschriebene Rohr als aus einer Grazer
Werkstätte stammend und ist geneigt, es dem landschaft-
lichen und Hof-Stückgiesser Medardus Reig (Reich auch
Rieger) zuzuschreiben, der dortselbst 1679 bis 1698 ar-
beitete. Diese Annahme hat ihre Berechtigung, aber in
dieser Zeit und bis 1686 arbeitete auch mit Reig im Ver-
eine an der Landesausrüstung der bürgerliche Stück- und
Glockengiesser Adam Rosstauscher in Graz, der auch
Reig lang überlebte.
Zu den letzten Neuerwerbungen zählt auch ein kleines
chinesisches Rohr aus Schmiedeeisen, ein sogenanntes
Regimentsstück. In seiner Länge dreimal abgesetzt, je-
doch aus einem Stücke gefertigt, zeigt es- eine geradezu
stupende Ausarbeitung mit dem Hammer, ebenso in der
gleichartigen Schmiedung der Masse als in der präcisen
reinen Formengebung. Das Rohr ist eine technische
Sehenswürdigkeit. Auf dem Bodenstück zeigt sich die
j chinesische Inschrift: «Gefertigt im 10. Monat des 14. Jahres
des Kaisers Hai-Toung Asching (1641) von der 4. Ab-
heilung des 2. Schlachthauferis des östlichen 9. Lagers».
 
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