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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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5. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0140

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I2Ö

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

streiten, der uns auch die Antwort schuldig bleibt,
welchem Seusenhofer, es gab drei Plattner dieses Namens,
er die Rüstung (S. 156) zuerkennt. Eine ebenfalls irrige
Anschauung verräth die Legende zu der Abbildung 65 IV
(S. t5o): Spanische und oberitalienische Klingen kamen
allerdings gerollt in den Handel, jedoch wurde stets
nur die unmonturte Waare derartig verpackt. Die
Charakteristica der kursächsischen Glefen scheinen Dem-
min noch nicht klar zu sein, denn sonst könnte er
(S. 165) den Typus dieser Stangenwaffen nicht als eine
«reich geätzte Trabantenkriegssichel mit einem kursäch-
sischen Wappen» bezeichnen. Dagegen stimmen wir
mit Demmin vollständig überein, welcher auf S. 181
«chinesische Schiesspulver-Geschütze ganz eigenthümlicher
Art» darstellt; die Verwechselung von Feuerpfeilen und
Raketen mit Geschützen ist in der That ganz eigen-
thümlicher Art.
Gerechtes Befremden muss es ferner hervorrufen,
wenn man von Seite zu Seite verfolgen kann, dass es
einem Fachschriftsteller auf dem Felde der Waffenkunde
ähnlich ergeht wie dem Pfarrer, der bekanntlich auch
nichts wusste von Joseph und dessen Verdiensten. Auch
Demmin weiss nichts davon, dass innerhalb der letzten
zehn Jahre viele öffentliche Waffensammlungen theils
neu geordnet, theils mit einander vereinigt wurden. So
erklärt es sich, weshalb Demmin von einem «Wiener
Zeughaus» — es gab einstens ein kaiserliches und ein
städtisches Zeughaus — spricht, oder für die kunst-
historischen Sammlungen des österreichischen Kaiser-
hauses drei verschiedene Ausdrücke gebraucht, und die
langathmige Bemerkung bezüglich des Museums von
Zarskoe-Selo nicht durch eine kürzere und seit 1888
allein richtige ersetzt.
Wir glauben uns auch des Verfassers Dank zu er-
werben, wenn wir bei dieser Gelegenheit zwei kleine
Versehen in geographischer Beziehung richtig stellen.
Ein Hausrückenviertel kennt man in Oberösterreich nicht,
wohl aber ein Hausruckviertel, obwohl auch diese Be-
nennung gegenwärtig veraltet ist. Eferding liegt endlich
nicht in Steiermark (S. 75), sondern in Oberösterreich,
zu dessen berühmtesten Geschlechtern die 1559 erloschene
Familie der Schaumberg zählte, deren Allode und
Lehen, das Schaumberger Revier, sich weithin im Donau-
thale zwischen Passau und Linz ausbreiteten.
Des Verfassers Unstern verfolgt jedoch auch Dem-
min auf dessen Entdeckungsreisen. Der von ihm dem
König Ludwig II. von Ungarn zugeschriebene Prunk-
harnisch (S. 73) ist in Wirklichkeit ein unvollendet ge-
bliebener von Hans Seusenhofer 1511 für den späteren
Kaiser Karl V. angefertigter Pfeifenharnisch. Ganz be-
sonders deutlich tritt des Verfassers Suchen nach selt-
samen Formen in zwei Stellen zu Tage, die wir im
Wortlaute wiedergeben, weil sie zugleich als Stilproben
des Sprachreinigers Demmin dienen können. S. 154
heisst es: «Geheime oder Handschar-Scheide-Flinte mit
Kapsel- (Perkussions- oder Piston-) Schloss von 58 cm
gänzlicher, aber nur 32 cm Lauf länge. Die gekrönte (??)
Handscharscheide von verlucktem (??) Holze mit Messing-
beschlägen umschliesst den r. cm im Durchschnitt
messenden Vorderlader-Gewehrlauf, welcher selbstver-
ständlich umgebogen, aber der hölzerne Handgriff davon 1
etwas gebogen ist.» S. 166 bemerkt Demmin bei einer
offenbaren Hiebwaffe: «Englische Gläfe (Handbill) mit ;
kleinen Schellen für die Verstärkung der feindlichen
Pferde.» Auch hier scheint es uns, als habe Demmin mit

Rücksicht auf die Vorstellungsgabe gewöhnlicher Sterblicher
etwas zu viel tiefen Sinn in diese Erläuterung hineingelegt.
Natürlich erklärt der Verfasser auch in diesem
Bande der «Zunftsprache» den Krieg und posirt mit
Behagen als Sprachreiniger. Dagegen wäre im Grunde
genommen um so weniger einzuwenden — vorausgesetzt,
der Sprachreiniger weiss das fremdländische Gute mit
einheimischem Besseren zu vertauschen — weil jene
Zeiten glücklich vorüber sind, während welcher die Ver-
unglimpfung unserer Muttersprache durch ein über-
flüssiges Häufen von Fremdworten als ein Zeichen
wahrer Bildung galt. Wer aber staunte Wortgebilde
gleich den folgenden (bekammt, goldscheinig verziert,
Krupfpanzer, Schulterschutzen, Vordergebüge) nicht ver-
blüfft an, besonders sobald er gewahr wird, welche
argen Verstösse gegen die sprachlichen Grundregeln —
man lese nur einmal die Titelaufschrift der beiden Er-
gänzungsbände oder -die zwei oben angeführten Stil-
proben aufmerksam durch — dem Sprachreiniger unter-
laufen? Des Autors Haschen nach Originalität im Aus-
drucke verleitet ihn, selbst an Kalendernamen die
bessernde Hand anzulegen. Er erzählt uns (S. 94) von
einem Johannislaus v, Hagen. Wir gestehen, dass uns
die latinisirten Formen Wenzeslaus, Stanislaus der slavi-
schen Namen Vaclav, Stanislaw u. dgl. oft untergekommen
sind; neu ist uns jedoch der Rufname Johannislaus, dessen
Träger obendrein aus einer rein deutschen Gegend stammte.
An diese gegen die Grammatik und den guten Ge-
schmack verstossenden Sprachreinigungsversuche schliesst
sich harmonisch eine Mustersammlung von Druckfehlern
(beispielsweise lässt Demmin Claude de Vaudrey um
r84o leben), welche vornehmlich in griechischen Worten
recht krause Formen annimmt.
Es erübrigt uns endlich einige Worte dem bild-
lichen Schmuok des zweiten Ergänzungsbandes zu wid-
men. Derselbe ist wieder ein überaus reichhaltiger und
entspricht in seinem grössten Theile vollauf jenen An-
forderungen, welche man an die moderne Illustrations-
kunst zu stellen berechtigt ist. Der Verfasser sah dies-
mal vom Selbstzeichnenwollen mit Recht ab und be-
gnügte sich mit guten Vorbildern, wenn er diese mit-
unter freilich auch etwas zu ausgiebig benutzte. Letzteres
war besonders bezüglich der von Quirin — Demmin
sagt beharrlich Querin — v. Leitner herausgegebenen
Bilderhandschrift «Freidal, Des Kaisers Maximilian Tur-
niere und Mummereien» der Fall. Ein neckischer Ko-
bold spielte jedoch selbst auf dem Gebiete der Illustra-
tionen unserem Verfasser manchen üblen Possen. Mit
Verwunderung sehen wir den aus dem Besitze der
steierischen Familie Prankh stammenden Topfhelm auf
dem Zimier stehend abgebildet (S. 108); den schwedischen
Krieger (S. 41) finden wir bereits auf S. 385 des Haupt-
bandes. Als geradezu leichtfertig muss es jedoch be-
zeichnet werden, wenn derselbe Burgunderhelm, welcher
auf S. 113 unter 117 Bis, dargestellt erscheint, auf S. 1x8
als deutscher Sturzhelm beschrieben wird. Die Ab-
bildung 11III Bis. (S. 173) hält eben nicht vollkommen
das, was die dazu gehörige Legende behauptet.
Nachdem Demmin mit diesem zweiten Ergänzungs-
bande das sich selbst gesteckte Ziel in quantitativer Be-
ziehung wohl erreicht hat, erübrigt es ihm; nun an die
kritische Bearbeitung des aufgespeicherten Stoffes zu
gehen. Gelegentlich dieser Neubearbeitung möchten wir
dem Verfasser dringend ans Herz legen, nicht so sou-
verain an den Studien anderer auf dem Gebiete der
 
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