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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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8. Heft
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Lenz, Eduard von: Geschützgiesser in Russland vom 15. bis in's 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0224

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206

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

Riesen-Geschützes bekannt), 1490 der Giesser Jacob
aus Rom, «der Franke» genannt, dessen Werke weiter
unten Erwähnung finden sollen, endlich 1494 der
Giesser Petrus Antonius aus Mailand. Auch zu Be-
ginn des 16. Jahrhunderts ist von ausländischen Ge-
schützmeistern noch häufig die Rede: so wird von
dem Grossfürsten Wassilij III. Ivanowitsch (1505
bis 1533) überliefert, nach der unglücklichen Schlacht
bei Arsk gegen die Tataren habe er die ohne Ge-
schütze heimkehrenden fremdländischen Artilleristen
gnädig empfangen, einen von ihnen aber, der mit
grösster Lebensgefahr seine Geschütze gerettet und
wohlbehalten zurückgebracht, zornig angefahren:
«Wie? die Geschütze hast du gehütet, und dich
selbst nicht? So wisse denn, dass kunstfertige Leute
für mich grösseren Werth haben, als Feuerrohre!»
Dass jedoch schon in dieser Epoche Russland in
der Bedienung seiner Geschütze nicht ausschliesslich
auf fremde Miethlinge angewiesen war, bezeugt die
Thatsache, dass bei der endgültigen Vernichtung der )
Unabhängigkeit der Stadt Pskow im Jahre 1510 diesem
Orte unter Anderem «500 einheimische Büchsen-
schützen» belassen wurden.
Um dieselbe Zeit thut sich ferner bei der Be- (
lagerung von Smolensk im Jahre 1514 der Ausländer
Stephan hervor; beim Anstürme der Tataren unter
Mehmet-Girej gegen Moskau (1521) setzen die ge-
ängstigten Einwohner der Stadt alle ihre Hoffnungen |
auf den Befehlshaber der Moskauer Stuckknechte
Niclas aus Speier. In demselben Jahre zeichnet
sich der Geschützmeister Jordan aus der Umgebung
von Innsbruck durch wohlgezielte Schüsse von ver-
nichtender Wirkung gegen die die Stadt Rjasan be-
rennenden Tataren und Lithauer aus; endlich wird
von dem oben genannten Grossfürsten Wassilij III.
berichtet, er habe seinen Geschützmeister Bartolo-
mäus besonders bevorzugt, einen zur griechischen
Kirche übergetretenen Ausländer.
Aus dieser Anfangsperiode der Giesserkunst in
Russland sind uns einige Werke im Original erhalten,
von anderen berichten Documente vom Ende des
17. Jahrhunderts und zwar in erster Linie das be-
reits oben angeführte, in den Jahren 1667 —1671 [
von dem Geschützmeister Prochor Schubin auf-
gesetzte Geschütz-Inventar der Stadt Smolensk, welches
durch fortlaufende Aufzählung- der einzelnen auf den
Mauern und Thürmen dieser Stadt postirtcn Stücke
und genaue Abschrift der betreffenden Inschriften j
so manchen alten Meisternamen der Vergessenheit
entrissen hat. Eine Zusammenstellung dieser Daten
ergibt die hier folgende chronologisch geordnete
Reihe von Geschützgiessern, wobei diejenig'en ihrer
Werke namhaft gemacht werden sollen, welche ent-
weder bis zum heutigen Tage erhalten sind, oder
deren frühere Existenz und kurze Beschreibung den
vorhandenen Documenten mit Sicherheit zu ent-
nehmen ist.
1. Jacow, der älteste der bekannten russischen
Geschützgiesser (nicht mit dem oben erwähnten Jacob

aus Rom, «der Franke» zubenannt, zu verwechseln),
wahrscheinlich Schüler und Gehülfe des Alberti
Fioraventi, jedenfalls gleichzeitig mit diesem thätig.
Ein Stück von diesem Meister ist in dem Artillerie-
Museum zu St. Petersburg erhalten: es ist aus Bronze
gegossen, ohne Zapfen, Delphine und Bodenver-
stärkung, 54-25 Zoll lang, 2*6 Zoll Seelenweite, 4 Pud
26 Pfund schwer. Die Inschrift besagt, auf Befehl
des Beherrschers von ganz Russland, des Gross-
fürsten Iwan Wassiljewitsch (1462—15°5) habe Jacob
das Stück gegossen im September-Monate des Jahres
1485, im 30. Jahre der Regierung dieses Herrschers
(ein merkwürdiges Versehen, denn es müsste in
diesem Falle 1492, nicht 1485 als Jahr des Gusses
angegeben sein). Drei andere Bronze-Geschütze
desselben Meisters werden in dem Inventare von
Smolensk erwähnt, und zwar das eine datirt 1483
(mit richtiger Angabe «im 12. Jahre der Regierung»
des genannten Grossfürsten) 2 Ar. 21/, W. lang und
16 Pud schwer; die beiden anderen sind ohne Datum,
1 Ar. 10 W. resp. 1 Ar. 141/2 W. lang und je 5 Pud
schwer.
2. Jacow Frjasin (Jacob der Franke), offen-
bar der oben erwähnte, im Jahre 1490 aus Rom
verschriebene Giesser. Erhalten ist nicht ein einziges
von seinen Werken, doch finden sich in dem In-
ventar von Smolensk nicht weniger als 14 mit seinem
Namen versehene Geschütze, darunter 12 datirte
und zwar: 4 Bronze-Geschütze von gleicher Länge,
1 Ar. 15 W. für ^pfiindige Kugeln, von 3, 4 und
5 Pud Gewicht (das 4. ohne Gewichtsangabe). Die
Inschriften besagen, dass die Stücke unter der Re-
gierung des Grossfürsten Joan (Wassiljewitsch) im
Jahre 1498 von «Jacob dem Franken» gegossen
wurden. Ferner zwei Stücke von gleicher Länge
und Kaliber und je 8 Pud Gewicht «mit dem Holze»,
ohne Datum. Weiter 7 Geschütze, 1 Ar. i41/2 bis
2 Ar. lang, 2 — 5 Pud schwer, alle mit dem Namen
des Meisters und der Jahreszahl 1499 bezeichnet,
und endlich ein Rohr von 1 Ar. 15V2 W. Länge,
4 Pud 10 Pfund schwer, datirt 1500.
3. Wanja und Wassjuk (Abkürzungen von
Iwan und Wassili), Jacobs Schüler. Diese Namen
trug ein Geschütz, welches noch im Jahre 1756 in
Orenburg stand, seither verschwunden ist, und dessen
im Archiv des St. Petersburger Artillerie-Museums
erhaltene Abbildung grosse Aehnlichkeit mit dem
Rohre des russischen Meisters Jacob (Nr. 1) vom
Jahre 1485 aufweist. Das Stück wog 5 Pud 25 Pfund,
die Kugel s/4 Pfund, datirt war das Geschütz 1491.
4. Peter — wohl der oben erwähnte Petrus
Antonius aus Mailand. Das Inventar von Smolensk
nennt zwei seiner Werke: ein kleineres Rohr von
I Ar. 10 W. Länge mit i1/2pfündiger Kugel, Ge-
wichtsangabe und Datum fehlen, und ein grösseres,
3 Ar. 151/2 W. lang, mit 5pfündiger Kugel, datirt 1501.
5. Bulgak Nowgorodow. Das Smolensker
Inventar führt ein grosses mit seinem Namen be-
zeichn etes «Granaten-Geschütz» an, datirt vom 8. Mai
 
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