Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:
Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [5]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0239

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
9. Heft.

Zeitschrift für historische Waßenkunde.

221

Lothbüchsen, und von beiden gibt es wieder Hand-
büchsen. So heisst es: «unam bombardam pizolam
cum manico fracto» und «unam bombardam pizolam
cum lapide et cippo», dagegen «8 sclopos di ferro
de quibus sunt tres a manibus».
General Köhler glaubt, dass die bombarda
pizola wahrscheinlich eine Art Handmörser war, der
Steine warf, der schioppo dagegen eine Lothbüchse
für eiserne Kugeln (III, I, 281).
Das cippum war eine Art Schäftung, ein läng-
licher Holzbalken, in welchen das Rohr zur Hälfte
eingelassen oder an welchen dieses mittelst Metall-
bändern befestigt wurde.
Die Münchener Handschrift enthält auf Bl. 7 b
eine Abbildung, welche nach dem beigegebenenTexte
das Laden einer Büchse mit« ainem klocz vnd ainem
stain» darstellt.1 2 3) Die Büchse war nach der gegebe-
nen Zeichnung in der Seele offenbar überall gleich
weit, hatte keine Kammer und war für das Schiessen
von Blei- und Steingeschossen verwendbar.
Eine zweite Art von Steinbüchsen bringt das
Bl. 5b. Die Darstellung zeigt zwei Männer, welche
beschäftigt sind, eine mit der Mündung nach auf-
wärts aufgestellte Büchse zu laden. Die Büchse
selbst lässt zwei Theile unterscheiden, einen unteren
engeren, die Kammer, das Rohr, einen oberen wei-
teren, das Vorhaus, den Flug. Die Kammer ist bei-
läufig doppelt so lang als der Flug.
Der Text lautet: «Item, wenn du die büchsen
geladest, mit dem klocz, so leg den stain vast hertt
an den klocz vnd verkewl in mit waichem holcz.
Die kewl sollen nicht hart sein oder ain puchsen
mocht davon prechen. Die kewl sollen nicht zu
dick sein, sy sollen auch gleich lang, dick vnd
groz sein. Sy sollen auch gleich getrieben werden.
Item vnd über die kewl sol man einen stain ver-
schoppen mit heden vnd mit leym oder mit hew
oder was sollichs dings ist.»
Es war demnach, bevor der Stein geladen wurde,
die Kammer mit dem Klotz abgeschlossen. Dieser
musste nach Bl. 5a «als weit das ror sey, als weit
vnd als lang soll auch der klotz sein».
Der Klotz war daher so lang, als der Durch-
messer der Kammer, und diese musste wieder, sollte
die oben beim Laden geforderte Fünftheilung ein-
gehalten werden, in der Länge fünfmal so lang sein
als im Durchmesser.
Eine ziemlich ausführliche Beschreibung einer
Steinbüchse gibt Andreas Redusius de Quero in sei-
nem Chronico Travisano beim Jahre 1376. Dieselbe
lautet in deutscher Uebersetzung:
«Die Bombarde ist ein eisernes sehr starkes
Instrument mit weitem Vordertheil (trumba, italienisch
trornba), in welchen ein passender runder Stein ein-
gesetzt wird und einem hinten daran befestigten
doppelt so langen, aber dünneren Rohre (cannone),
q Quellen: Tafel A I, III, IV. — Vgl. Jähns G. d. K. III, 37.
— Köhler III, i, 267. — Toll: Eine Handschrift über Artillerie
aus dem 14. Jahrh. (Arch. f. d. O. d. Kgl. Pr. A. u. I. C. 1866)164.

in das durch die dem Vordertheile zugekehrte Oeff-
nung das schwarze, künstlich aus Salpeter, Schwefel
und Weidenkohle bereitete Pulver gethan wird. Flat
man nun jene Oeffnung durch einen hineingeschla-
genen Flolzklotz fest verschlossen, die Steinkugel in
das Vordertheil eingesetzt und verkeilt, so wird
durch das kleinere Loch des rückwärtigen Rohres
Feuer gegeben und der Stein wird durch die Kraft
| des entzündeten Pulvers mit grosser Gewalt hinaus-
geschleudert. »4)
Ueber die Construction der Steinbüchsen zu
Anfang des 15. Jahrhunderts bringt die Handschrift
des germanischen Museums zu Nürnberg, Codex
1481a, folgenden interessanten Aufschluss:2)
«Wilt du dir ain stainbuchsen heissen machen,
sy sey gross oder klein, so heiss dir zwen stain
machen in der gross als du wollest das die puchs
werd schiessen vnd wenn die zwen stain gehawen
werden, so leg die zwen stain für einander, das einer
den andern rür, so heiss dir dann das ror, da
das pulver eingehört, eben als lankch machen, als
die stain sind baid vnd das vorhaus vor dem ror,
do der stain inn soll liegen, andertthalb stains lankch
vnd den poden hinder dem Zündloch aines halben
stains dikch, das ist einer iglichen stainbuchsen
gerechtigkeit vnd das daz ror nicht mehr vasse
dann ye zu zehen pfunden sber des stains ein pfund
pulvers.»
Durch die letztere Angabe wurde das Ver-
hältnis des Steingewichtes zur Pulverladung be-
stimmt, wodurch wieder der Durchmesser der Kam-
mer gegeben war, welche, wie schon oben aus-
geführt, fünfmal so lang sein musste; die Weite
der Kammer war daher 2/B des Steindurchmessers.
Jedoch nicht immer betrug die Länge des
Flugs «anderttalb stains».
Das Feuerwerksbuch und zwar Abschrift vom
Jahre 1445,8) und einzelne jüngere Abschriften ent-
halten zur Nr. 6 der «Zwölf Büchsenmeisterfragen»
folgende Angabe:
«Sprich ich, die wyle die buchssen vor dem
pulversak als kurtz waren, wenn der stein dar in
geladen wart, das er ein wenig für die buchs gieng,
zu den zyten vnd zu denselben buchssen was be-
durfft, das man den stein verbistet.»
«Zu den zyten» war also die Länge des Flugs
noch nicht so lang als der Durchmesser der Stein-
kugel, weil sie noch «ein wenig für die buchs gieng».
Im Artilleriemuseum zu Turin4) befindet sich
eine Bombarde, welche augenscheinlich der frühesten
Zeit der Steinbüchsen angehört, deren Abmessungen
und Einrichtung nahezu vollständig den oben ge-

1) J. G. Hoyers, G. d. IC. — I. Zusätze und Erläuterungen
zu I, I, 9. — Jähns, G. d. K. I, 236. — Köhler III, I, 260. —
Toll: 166.
2) Köhler III, I, 292. — Jähns G. d. K. I, 391, 393.
3) Hoyer, G. d. IC. II, 1110. — Köhler III, 1, 268. —
Jähns G. d. K. I, 397. — Toll, 152.
4) Köhler III, I, 261, Taf. IV, I (diesseits Fig. 12).
 
Annotationen