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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

DOI Heft:
10. Heft
DOI Artikel:
Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0267

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io. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

249

eisernen Haken, wodurch diese Handfeuerwaffe den
Namen «Hakenbüchse» erhält.
Der Schaft scheint, ähnlich wie im Göttinger
Codex, in das rückwärtige Ende des Laufes einge-
schoben und hat ebenso wie dort eine Stangen- oder
balkenartige Form.
Um einen Maassstab für die Grössenverhältnisse
dieser Hakenbüchse zu finden, muss man annehmen,
dass der Schütze dieselbe bequem abfeuern konnte,
das Zündloch somit diesem bis beiläufig zu den
Hüften reichte und dass der Schütze über die Mün-
dung des Laufes hinüber zu visieren vermochte; unter
dieser Annahme kann die Hakenbüchse
eine beiläufige Länge von 120—150 cm
gehabt haben. Der Haken befindet sich
bei der aufgelegten Büchse knapp vorne
an der Gabel und hatte offenbar den Zweck,
den Rückstoss aufzuhalten.
Der Schaft liegt auf einem der Quer-
balken des Gestelles, wobei durch das Ein-
stellen auf einem höheren oder tieferen
Querbalken die Elevation reguliert werden
konnte.
Der Fortschritt gegenüber der Göt-
tinger Büchse ist offenkundig, der Dreifuss
konnte überall aufgestellt werden; das Ein-
stellen unter bestimmten Neigungswinkeln
beweist, dass man
die Wichtigkeit des-
selben erkannt, dass
man das gleich-
mässige Laden er-
lernt und bemüht
war, die Erfahrungen
beim Schiessen prak-
tisch zu verwerthen;
der Haken erleich-
terte eine bequemere
Handhabung und
schützte gegen den
Rückstoss.
Einen weiteren
interessanten Beitrag
zur Geschichte der
Entwickelung der Flandfeuerwaffen bringen die Ab-
bildungen des cod. ms. s, 1 et a der Bibliothek des
verstorbenen k. u. k. Feldzeugmeisters Ritter von
Hauslab (jetzt Bibliothek Fürst Liechtenstein) zu Wien.
Der Codex besteht nach Angaben des lc. u. k.
Artilleriehauptmanns Carl Schneider,1) aus colorierten
Handzeichnungen, welche den Standpunkt des da-
maligen Geschützwesens, die Fortification, den Vor-
gang bei Erstürmung von Festungen und deren Ver-
theidigung, die Bewaffnung und das Kostüm der
*) C. Schneider: «Zusammenstellung und Inhalts-Angabe der
artilleristischen Schriften und Werke in der Bibliothek Sr. Excellenz
des Herrn Feldzeugmeisters Ritter von Hauslab». (Mittheilungen
über Gegenstände der Artillerie- und Kriegswissenschaften. Wien.
Jahrgang 1868.) — Vgl.: «Quellen» in.

Krieger in der Action und bei der Arbeit in der
Werkstätte auf das Deutlichste vor das Auge führen.
Das Alter dieser Handschrift wird dem Character
der Schrift und dem Kostüme nach nicht über 20
bis 30 Jahre jünger als das Feuerwerksbuch an-
gegeben, also jedenfalls noch aus der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts, nachdem als feststehend an-
genommen wurde, dass das Feuerwerksbuch schon
vor 1430 vorhanden war.
Essenwein bezeichnet das Alter dieses Codex
mit 1430—1440.
Ueber die Herkunft dieser Handschrift schreibt
Hauptmann Schnei-
der: «Nachdem sich
ein Wappen, welches
einige Male auf dem
Oberkleide von Krie-
gern in Schildform
vorkommt, ziemlich
deutlich als das von
Nürnberg erkennen
lässt, so dürfte die-
ses W erk wahrschein-
lich von dort her-
stammen.»
Unter den Zeich-
nungen befinden
sich sieben, welche
die Berennung von
Festungen darstel-
len. Die Stürmen-
den arbeiten mit
Sturmleitern, mit der
Armrust und mit
Feuerpfeilen, mit
Flandbüchsen und
Geschütz. Die Ver-
theidiger schiessen
aus Fenstern mit
Armrusten und
Büchsen und werfen
kleine Fässchen mit
Sturmfeuer herab.
Eine Gruppe aus
der Festungsbeschiessung auf Blatt LXXXVI ist in
den «Mittheilungen» auf Tafel XIII, Fig. 2 abgebildct
und diesseits in Fig. 22 wiedergegeben. Unter den
Armrustschützen, welche Feuerpfeile abschiessen, be-
merkt man auch einen Schützen mit einer Hand-
büchse. Diese ist im Verhältniss zum Schützen bei-
läufig IOO—120 cm lang und besteht nach der Zeich-
nung aus Lauf und Schaft.
Der Lauf erreicht nahezu die Hälfte der gan-
zen Länge der Handbüchse und ist in den vor-
deren Theil des wahrscheinlich hier der Länge
nach muldenförmig ausgenommenen Schaftes ein-
gelegt.
Der Schaft hat nahezu die Länge der ganzen
Handbüchse, die genaue Form ist nicht zu entnehmen.
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Fig. 22. Gruppe von Schützen aus dem Bildercodex aus der Bibliothek Hauslab.
1420—1440.
 
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