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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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11. Heft
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0295

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i. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

2 77

wurde, wenigstens scheint das in demselben eing'e-
zeichnete Loch darauf hinzudeuten. Visier- und
Abzugsvorrichtungen fehlen.
In dieselbe Reihe gehören noch die Angaben
und Darstellungen einer anderen Bilderhandschrift,
welche den italienischen Kriegsbau-Ingenieur Fran-
cesco di Giorgi Martini (1423—1506) zum Verfasser
hat. Derselbe war am Hofe Federigos von Urbino,
Gonfaloniers des Papstes, und schrieb zwei Haupt-
werke : »Trattato di architettura civile e militare» (1465)
und einige Jahre später: «Machinarum über»1)

unten abgebogen. Beide Schioppi haben Abzugs-
vorrichtungen, ein schlangenförmig gebogenes Eisen-
stäbchen (serpentin), um einen Stift drehbar und
als zweiarmiger Hebel wirkend; an beiden Hand-
büchsen befindet sich die Abzugsvorrichtung auf der
rechten Seite.
Die Plandfeuerwafifen, welche bisher besprochen
wurden, hatten augenscheinlich einen hölzernen
Schaft; die Handschriften bringen jedoch auch Ab-
bildungen, aus welchen zu entnehmen ist, dass bei
einzelnen Handfeuerwaffen behufs Handhabung ein


Fig. 39- Archibuso und Schioppi aus dem Machinarum über des Francesco di Giorgi Martini um 1468.

In der letzteren Abhandlung über die Maschinen
sind auch Angaben über die Eintheilung der Feuer-
waffen enthalten, in welchen es u. A. heisst:2)
«Die neunte Gattung (der Feuerwaffen) wird
«arquebuse» genannt; dieselbe ist 3—4 Fuss lang
(roi4 m bis 1352 m); das Bleigeschoss (Bleikugel)
wiegt 6 Unzen (1 Unze — 2 Loth).
Die zehnte und die letzte Gattung wird «esco-

eiserner Stiel in das rückwärtige Laufende eingesetzt
wurde.
Derartige eiserne Handfeuerwaffen zeigen einzelne
Abbildungen des Codex lat. 7239 der National-Bib-
liothek zu Paris, welcher von M. Berthelot näher be-
schrieben wurde.1)
Dieser Codex besteht aus einer kurzen Einleitung
und aus einer Reihe von colorierten Zeichnungen;

pette«8)genannt; dieselbeist2 —3Fuss lang(0-676m
bis 1-014 m), das Bleigeschoss (Bleikugel) wiegt
4-6 Drachmen, (ungefähr 0-0141 kg, es gehen 30
Kugeln auf ein halb Kilogramm).» Die Abbildungen
bringen eine «arquebusse» und zwei »schioppi « oder
«escopette (Fig.39). Die «Arquebuse», vom deut-
schen «Hakenbusse», hat thatsächlich den Haken,



Fig. 40. Handbüchsen auf einem Kahne verladen aus dem Fig. 41. Handbüchsen von Mauithieren getragen aus dem Codex
Codex lat. 7239 der Nationalbibliothek zu Paris. lat. 7239 der Nationalbibliothek zu Paris.

einen ziemlich lang'en Lauf und an der Mündung die
ringförmige Verstärkung. Der Schaft scheint in das
rückwärtige Ende des Laufes eingeschoben und ist
kürzer als dieser.
Die «Schioppi» sind Handbüchsen, bei welchen
der Lauf in den vorderen Theil des Schaftes einge-
legt ist; bei einer Abbildung ist der Schaft in seinem
rückwärtigen Theile schon unter einem Winkel nach
9 Vgl. Jahns, G. d. IC. I, § 282.
2) Fave: Etudes sur le passe et l’avenir de l’artillerie. Paris
1862, p. 196, pl. 30. (Fig. 39 dort entnommen.)
3) Schioppi und scoppio vom lat. sclopus, stlopus, Schall;
aus diesem entwickelte sich der Ausdruck «schiopetto», scopietto,
Feuerwaffe, Handfeuerwaffe; spanisch «escopeta»; franz.: «esco- j
pette» (Diez, W. B. 398).

der Titel lautet: «Tractatus Pauli Sanctini Ducensis
de re militari et machinis bellicis» etc. mit der fal-
schen Ang'abe, dass derselbe um 1330 oder 1340
geschrieben sei.
Berthelot datiert die Handschrift mit «ungefähr
1450»; dieselbe ist zum grössten Theile eine Ab-
schrift des Manuscriptes des Jacobus Marianus, ge-
nannt Taccola, in der St. Marcus-Bibliothek zu Ve-
nedig, welches wieder mit dem lateinisch-italienischen
Theile des Codex lat. m. 197 (München) zusammen-
hängt.
*) M. Berthelot: «Pour l’histoire des arts mecaniques et de
rartillerie vers la fin du moyen äge.» (Fig. 40 und Fig. 41 dort
entnommen.) Vgl. Jähns, G. d. K. I, 279.
 
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