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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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11. Heft
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0299

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ii. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

28l

büchse waren mehrere Kammerstücke nothwendig;
es entstand daher die Schwierigkeit, alle in genauen
gleichen Dimensionen durch Handarbeit zu erhalten.
Ein zweiter grosser Nachtheil war, dass die Seele
durch das Kammerstück nicht luftdicht abgeschlossen
werden konnte und in Folge dessen beim Verbrennen
des Pulvers Gasentweichungen nach rückwärts statt-
fanden. Dadurch wurde einerseits der Schütze be-
lästigt, andererseits mussten Genauigkeit und Sicher-
heit des Schusses beeinträchtigt werden. Weiter
bedeutet diese Ladeweise keine vollständige Ilinter-
ladung, da nur das Pulver und nicht auch das Ge-
schoss mittelst der Kammer geladen wurde, und end-
lich war die Brauchbarkeit der Waffe als Hinter-
lader durch die Anzahl der vorhandenen Kammern,
— nicht durch die vorhandene Munitionsmenge —
begrenzt. Es genügt jedoch, vorläufig auf das Ent-


gleichmässige und sorgfältige Ladung. Die feld-
mässige Verwendung hingegen fordert eine einfache
Construction; die hierzu bestimmten Handfeuerwaffen
sind massiv gebaut, der damaligen Kampfweise ent-
sprechend, ohne besondere Einrichtung für das Zielen
oder das Abfeuern.
Einen ziemlich genauen Einblick in dieser Be-
ziehung gewährt der cod. pal. germ. 130 der Gross-
herzogl. Bad. Univcrsitäts-Bibliothek zu Heidelberg.
Derselbe enthält das Zeughaus-Inventarium von Lands-
hut und zeigt auf dem Titelblatte die Abbildung
einer «Haubtbüchse» mit der Jahreszahl 1485. *)
Die Ueberschrift lautet: «Der gezewg mit seiner
zugehorunge. Ich Vlreuch Befsnitzer zu Landshut
vnterstande den in ordnung gebracht. Wann, wo
vnd wie auch der sovil der seyen klarlichen wifsen
hiebernach auff das kurzist begriffen aufgemerkt hab.»




Fig. 47. Aeltere Handbüchsen aus dem Landshuter Zeughausinventare 1485. Grossherzogi. Universitätsbibliothek zu Heidelberg.

stehen der Eiinterladung hinzuweisen und jene Schwie-
rigkeit hervorzuheben, welche derselben in der prak-
tischen Ausführung sich entgegenstellten.
Wenn auch die Abbildungen aus dem Codex
Germ. 599 der kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu
München (1475) — Fig. 35 und Fig. 37 — eine
ziemlich bedeutende Entwickelung' der Eland- und
Eiakenbüchsen darstellen, so bleiben doch die für
das Feld bestimmten Handfeuerwaffen in Construction
und Einrichtung recht einfach und primitiv.
Der wesentliche Unterschied zwischen jenen
Handbüchsen, welche am Schiessstande «zum Nagel»
treffen und solchen, welche in der Aufregung' des
Ernstkampfes als Schiesswaffe entsprechen sollten,
wird schon zu dieser Zeit deutlich erkennbar. Jene
waren mit allen Feinheiten ausgestattet; Korn uud
Absehen unterstützten das genaue Zielen, ein Abzug
vermittelte die Entzündung; der Ladstock, die Raum-
nadel und die verschliessbare Pfanne deuten auf

Aus den farbigen Darstellungen1 2) seien folgende
hervorgehoben:
(Fig. 47) «Aeltere Elandtpuchsen».
Die Handbüchsen zeigen eine gewisse Ueber-
einstimmung mit der Elandbüchse in Fig. 15 und
ganz besonders mit jener in Fig. 18.
Der Lauf, wahrscheinlich aus Eisen, hat an der
Mündung eine ringförmige Verstärkung; die Seele
scheint der Zeichnung nach cylindrisch und 8—10
Kaliber lang; rückwärts endigt der Lauf in eine ver-
stärkte Elülse, in welche der stangenartige Schaft
eingeschoben ist. Das Zündloch ist aus der Zeich-
nung nicht zu entnehmen; es kann jedoch analog

1) Vgl. «Quellen» 49. — Jähns G d. K. I, 412 (mit der
Jahreszahl 1489).
2) Die photographische Reproduction der Abbildungen aus
der genannten Handschrift verdanken wir der liebenswürdigen Ver-
mittelung des Herrn Bibliothek-Vorstandes Prof. Dr. J. Wille in
Heidelberg.

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