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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0356

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I. Iahrgang. Left ro

Iuli



Unter besonderer Mitwirkung von Fr. Pecht, hrrausgegrben von drr verlagsanstalt für Lunst und wiflenschaft
_vormals Frirdrich Bruckmann in Münchrn

erschernt in halbmonatlichen Heften von ca. l^^^-^Bogen reich illustriertem Text und ca. 4 Bilderbeilagen in Umschlag. Abonnementspreis im
Buchhandel oder durch die Post (Reichspostverzeichnis 14. Nachtr. 2916c, bayer. Verzeichnis 386a) 3 M. 60 Pf. für das Bierteljabr (6 Hefte); das einzelnc
Hest /5 Pf. — Jnserate die viergespaltene Nonpareillezeile 30 Dr. 8000 Beilagen 60 Mark, bei größerem Format oder Umfang Preisaufschlag.

Vie Berliner IulitläumA-Musstellung.
Bon Lr. pecht
(Fortjetzung)


^an sieht also nichts als Grauen nnd Zerstörung,
allerdings in großartigen und erschiitternden
Formen. Der Krieg hat aber doch auch andere Seiten,
er entfesselt nicht nnr die Furien, sondern auch die
höchsten menschlichen Tugenden: Vaterlandsliebe, Anf-
opferung, Heroismus, Todesverachtung, Edelmut, er ist
ein luftreinigendes Gewitter, das ebenso notwendig von
Zeit zu Zeit eintritt, um die Menschheit aufzurütteln,
als die Blitze des Himmels! Moltke ist da offenbar
ganz anderer Ansicht als Geselschap.
Jn einer dem Kriegsruhm der Nation ausdrücklich
gewidmeten Halle hätte man vor allem aber auch das zur
Anschauung bringen müssen! Jst nun der Ansban der
Komposition wohl abgewogen, die Zeichnung lebendig
und rhythmisch durchgebildet, die Silhonetten meist glück-
lich, so leidet das Ganze doch sowohl an Schwerverständ-
lichkeit als an der mangelnden Jndividualisierung der
Gestalten, da die Männer und Weiber alle derselben
Familie anzugehören scheinen, sich sämtlich gleichen,
was des Cornelius apokalyptischen Reitern gewiß
niemand nachsagen wird. Hier sieht man also aller-
dings den Epigonen, der die überkommenen großen
Formen nicht vollständig auszufüllen weiß. Eben darum
ließe man dergleichen besser ganz. Man bewundert
da immer von neuem die Weisheit eines Michelangelo,
der sich wohl hütete, die Antike jemals nachzuahmen,
sondern sich lieber einen völlig neuen plastischen
Stil schuf, wie er in die Malerei erst ihr zeichne-
risches Lebensprinzip, die Darstellung der Verkür-
zungen, einführte. — Nun hat man gewiß nicht das Recht, irgend jemandem vorzuwerfen, daß er kein
Buonarroti sei, aber eben deshalb soll man auch ihn oder Raffael nicht nachbeten; es ist das jeden Fortschritt
der Kunst lähmende Prinzip des Klassizismus, das wir bekämpfen, nicht die hier unzweifelhaft hochachtungs-
werte Kraft, die sich dasselbe aneignete und die bei weniger direkter Anlehnnng, stärkerer Betonung der eigenen
Persönlichkeit, ganz gewiß noch Ersreulicheres geschaffen hätte. — Jedenfalls hat dieser Künstler aber ein volles

Vüstr drs Grasrn Woltkr. von Adols Donndors

vie Kunst für Alle l

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