wenn du ihn nicht freudig eingehſt, denn er ſezt
dich in den Stand, die reichſten und ſchoͤnſten Par-
thien im Lande anzuſprechen.“
Überto bedachte ſich nicht lange, ſondern
lehnte mit beſcheidenem Stolze das goldene Anerbie-
ten ab.
„Wohlan — ſprach der reiche Ohm hierauf — ſo
laß uns denn die Nymphe des Buſches beſchwoͤͤren
zu erſcheinen, oder doch wenigſtens ſich unſichtbär
zu erklaͤren, ob einer von uns, und welcher, wuͤr—
dig ſey, auf ihren Beſitz Anſpruch zu machen.“
In kniegebeugter Stellung, die Arme dem Lor-
beergebuͤſch zugeſtreckt, und mit abgewand ten Ge-
ſichtern, erhob der Aeltere die Stimme, und rief:
„Erſcheine, kleine Beherrſcherin zweier Herzen,
erſcheine den ſchmachtenden Augen deiner Anbeter,
und, indem du erſcheinſt, ſo lege deine ſammtnen
Fingerchen in die Hand deſſen, dem du Hoffnung
zu deinem Beſitze gewaͤhren kannſt. Siehe, wir
wenden unſere Augen ſeitwaͤrts dem liebedienenden
Monde zu, um dich nicht durch unſern Anblick in
deiner Wahl zu hindern. Sehy aber weiſe bei deiner
Wahl, Kind! und bedenke, daß eine Bruſt voll
Zaͤrtlichkeit, gehoben durch goldene Kraͤfte, in
dem Hafen des Eheſtandes feſter, vor Anker liegt,
als ein bloßes liebegluͤhendes Herz.“
„Eh, was zauderſt du, blankes Gluͤcksmaͤdchen,
noch — kreiſchte jezt eine Stimme — komm
und waͤhle, denn die Sterne ſtehen nicht immer ſo
gut fuͤr dich.“
Mit dieſen Worten entwickelte ſich dicht hinter
Dolce aus dem Buſchwerk eine hagere Weibsge-
ſtalt, und Signora Lolli, die Zigeunerin, nahm
raſch das verſchaͤmte Maͤdchen am Arm, und indem ſie
die Erſchrockene im Nu vorwaͤrts und den Maͤnnern
zuſchob, ergriff ſie die Hand des reichen, fetten
„Signore, um ſie mit der ihrer Beguͤnſtigten wohl-
meinend zu verbinden. Dieſer, in der feſten Mei-
nung, die Hand, welche die Seinige faſſe, gehbre
dem Gegenſtande ſeiner Wuͤnſche an, ſprang auf
und druͤckte im Liebestriumphe, der ihm nicht die
Zeit zur Unterſuchung ließ, die gelbe Alte an ſeine
Bruſt und Lippen. Doch der Zigeunerin wurm-
foͤrmige Windungen und ſpitze Geſichtsknochen,
verbunden mit ihrem heiſern Geſchrei uͤber Ge-
walt, ließen ihn bald ſeinen abſcheulichen Irrthum
gewahr werden, und, vor Ckel ſchaudernd, ließ er
fluchend von Hr ab.
Mittlerweile hatte ſich, auf dem Wege der Sym-
pathie, auch unſer junges Paͤrchen zuſammenge-
funden. Laͤngſt ſchon hatte Dolée den wunder-
ſchönen Juͤngling gekannt, und die Fackeln ſeiner
Argen hatten ihr Herzchen entzuͤndet, doch noch
nie hatten ſie ſich geſprochen, denn ſeine Duͤrftig-
eit hinderte ihn, um ihre Hand zu werben. Jezt
war ſie, von der Alten unvermutheten Erſcheinung
erſchreckt, wie Huͤlfe ſuchend in ſeine Arme geeilt,
und befand ſich an ſeinem Herzen und unter ſeinen
Kuͤſſen, ohne daß ſie recht begriff, wie. ö
Die Entwickelung der Geſchichte erfolgte iezt zu
allerſeitiger Zufriedenheit. — Der reiche Ohm
naͤmlich, nachdem er ſich einigermaßen von ſeinem
Schrecken erholt hatte, faßte unſere Dolce naͤher
ins Auge, und erkannte zu ſeinem freudigen Er-
ſtaunen, daß ſie eine ganz andere Dolce war, als
die, um deren Beſitz er die Kunſt der Alten ange-
ſprochen, und daß deren Dienſteifer ſie zu einem
Mißgriff verleitet hatte. Freudig uͤber dieſe Entdek-
kung, wodurch er in ſeinem ſchoͤnen Neffen einen
gefaͤhrlichen Nebenbuhler weniger ſah, ſezte er ihn
durch eine Schenkung in den Stand, um ſeiner Ge-
liebten Hand zu werben, die ihm auch bald zu Theil
ward.
Auch der Oheim erreichte mit ſeiner Do lee ſeine
Wuͤnſche, und daß Signora Lolli reichlich be-
dacht wurde, folgt aus ſich ſelbſt.
Roch oft, wenn nachher die beiden Ehepaare auf
dem Spatziergange dem Lorbeerbuſche vorbeikamen,
erinnerten ſie ſich laͤchelnd dieſer Nacht und des
bedeutſamen Nieſens.
————— ——— — ——2—. —— — — ———
Heiteres und ernſtes Allerlei.
Dritte Doſis.
I. ö
Eine Frau aus einem bei Mekka gelegenen Dorfe,
die Alles hatte, nur keine Kinder, aber ein großes
Verlangen darnach, nahm ihre Zuflucht zum Gra-
be des Profeten. Da ſie ſelbſt nicht hinwallen
mag, um den Kinderſegen zu erflehn, ſo ſendet ſie
ihre junge unvermaͤhlte Schweſter; und dieſe, ein
recht unſchuldiges Ding, wirft ſich glaͤubig nieder,
dich in den Stand, die reichſten und ſchoͤnſten Par-
thien im Lande anzuſprechen.“
Überto bedachte ſich nicht lange, ſondern
lehnte mit beſcheidenem Stolze das goldene Anerbie-
ten ab.
„Wohlan — ſprach der reiche Ohm hierauf — ſo
laß uns denn die Nymphe des Buſches beſchwoͤͤren
zu erſcheinen, oder doch wenigſtens ſich unſichtbär
zu erklaͤren, ob einer von uns, und welcher, wuͤr—
dig ſey, auf ihren Beſitz Anſpruch zu machen.“
In kniegebeugter Stellung, die Arme dem Lor-
beergebuͤſch zugeſtreckt, und mit abgewand ten Ge-
ſichtern, erhob der Aeltere die Stimme, und rief:
„Erſcheine, kleine Beherrſcherin zweier Herzen,
erſcheine den ſchmachtenden Augen deiner Anbeter,
und, indem du erſcheinſt, ſo lege deine ſammtnen
Fingerchen in die Hand deſſen, dem du Hoffnung
zu deinem Beſitze gewaͤhren kannſt. Siehe, wir
wenden unſere Augen ſeitwaͤrts dem liebedienenden
Monde zu, um dich nicht durch unſern Anblick in
deiner Wahl zu hindern. Sehy aber weiſe bei deiner
Wahl, Kind! und bedenke, daß eine Bruſt voll
Zaͤrtlichkeit, gehoben durch goldene Kraͤfte, in
dem Hafen des Eheſtandes feſter, vor Anker liegt,
als ein bloßes liebegluͤhendes Herz.“
„Eh, was zauderſt du, blankes Gluͤcksmaͤdchen,
noch — kreiſchte jezt eine Stimme — komm
und waͤhle, denn die Sterne ſtehen nicht immer ſo
gut fuͤr dich.“
Mit dieſen Worten entwickelte ſich dicht hinter
Dolce aus dem Buſchwerk eine hagere Weibsge-
ſtalt, und Signora Lolli, die Zigeunerin, nahm
raſch das verſchaͤmte Maͤdchen am Arm, und indem ſie
die Erſchrockene im Nu vorwaͤrts und den Maͤnnern
zuſchob, ergriff ſie die Hand des reichen, fetten
„Signore, um ſie mit der ihrer Beguͤnſtigten wohl-
meinend zu verbinden. Dieſer, in der feſten Mei-
nung, die Hand, welche die Seinige faſſe, gehbre
dem Gegenſtande ſeiner Wuͤnſche an, ſprang auf
und druͤckte im Liebestriumphe, der ihm nicht die
Zeit zur Unterſuchung ließ, die gelbe Alte an ſeine
Bruſt und Lippen. Doch der Zigeunerin wurm-
foͤrmige Windungen und ſpitze Geſichtsknochen,
verbunden mit ihrem heiſern Geſchrei uͤber Ge-
walt, ließen ihn bald ſeinen abſcheulichen Irrthum
gewahr werden, und, vor Ckel ſchaudernd, ließ er
fluchend von Hr ab.
Mittlerweile hatte ſich, auf dem Wege der Sym-
pathie, auch unſer junges Paͤrchen zuſammenge-
funden. Laͤngſt ſchon hatte Dolée den wunder-
ſchönen Juͤngling gekannt, und die Fackeln ſeiner
Argen hatten ihr Herzchen entzuͤndet, doch noch
nie hatten ſie ſich geſprochen, denn ſeine Duͤrftig-
eit hinderte ihn, um ihre Hand zu werben. Jezt
war ſie, von der Alten unvermutheten Erſcheinung
erſchreckt, wie Huͤlfe ſuchend in ſeine Arme geeilt,
und befand ſich an ſeinem Herzen und unter ſeinen
Kuͤſſen, ohne daß ſie recht begriff, wie. ö
Die Entwickelung der Geſchichte erfolgte iezt zu
allerſeitiger Zufriedenheit. — Der reiche Ohm
naͤmlich, nachdem er ſich einigermaßen von ſeinem
Schrecken erholt hatte, faßte unſere Dolce naͤher
ins Auge, und erkannte zu ſeinem freudigen Er-
ſtaunen, daß ſie eine ganz andere Dolce war, als
die, um deren Beſitz er die Kunſt der Alten ange-
ſprochen, und daß deren Dienſteifer ſie zu einem
Mißgriff verleitet hatte. Freudig uͤber dieſe Entdek-
kung, wodurch er in ſeinem ſchoͤnen Neffen einen
gefaͤhrlichen Nebenbuhler weniger ſah, ſezte er ihn
durch eine Schenkung in den Stand, um ſeiner Ge-
liebten Hand zu werben, die ihm auch bald zu Theil
ward.
Auch der Oheim erreichte mit ſeiner Do lee ſeine
Wuͤnſche, und daß Signora Lolli reichlich be-
dacht wurde, folgt aus ſich ſelbſt.
Roch oft, wenn nachher die beiden Ehepaare auf
dem Spatziergange dem Lorbeerbuſche vorbeikamen,
erinnerten ſie ſich laͤchelnd dieſer Nacht und des
bedeutſamen Nieſens.
————— ——— — ——2—. —— — — ———
Heiteres und ernſtes Allerlei.
Dritte Doſis.
I. ö
Eine Frau aus einem bei Mekka gelegenen Dorfe,
die Alles hatte, nur keine Kinder, aber ein großes
Verlangen darnach, nahm ihre Zuflucht zum Gra-
be des Profeten. Da ſie ſelbſt nicht hinwallen
mag, um den Kinderſegen zu erflehn, ſo ſendet ſie
ihre junge unvermaͤhlte Schweſter; und dieſe, ein
recht unſchuldiges Ding, wirft ſich glaͤubig nieder,