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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

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No 79-87 (Oktober 1822)
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Charis.
Rheiniſche Morgenzeitung
un d

Bote vom Neckar und Rhein.

Vereinigtes Unterhaltungsblatt fuͤr gebildete Leſer.

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Nê 84.

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Samstag, den 19. Oktober,



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1822.

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Des An ius Tochter.

dvids Verwandlungen B. XIII. V. 623.

Daß mit den Mauern Troia's doch nicht die Hoffnung zer-
ſtört ſey/
Gönnt das Geſchick. Geheiligt's und Heikigem nächſtes; den
Vater,
Trägt, ehrwürdige Laſt! der eytheriſche Held auf den Schul-
tern;
Von dem unendlichen Gut wählt jene Beut' er zuerſt aus
Seinen Askanius auch, und auf meerumſchweifender Flotte
Fährt von Antandrus er ab, und der Thraker verruchtes
ö Geſtade
Läßt er zurück, und das Land, das volydoreiſcher Blutſtrom
Feuchtet, und tritt bei günſtigem Wind und ruhiger Bran-
ö ö ö dung ö
Mit dem treuen Gefolg in die heilige Stadt des Apollo.
Ihn niumt Anius auf, der gütige Herrſcher und Phb bus
Wurdiges Prieſterhaupt, im Tempel ſowohl als Pallaſte/
Zeigte ſodann ihm die Stadt, die geweiheten Tempel und beide
Von der Latona vordem im Kreiſſen umſchlungene Stämme.
Weihrauch dampfere auf, in den Wethrauch goß man des
ö Weines,/
Und nach verbranntem Gedärm der Opferſtiere, wie's Brauch iſt,
Gehn ſie zum Königspallaſt, und auf ſtrotzendem Teppichge-
polſter
Freuen der Ceres Gaben ſie ſich, und des blinkenden Bachus.
Drauf der fromme Anchiſes: Erkorener Prieſter des Phö bus/
Irr' ich:? und blühte kein Sohn, da zuerſt ich die Mauern
geſchauet,

Dir, und nicht vier Töchter, ſo viel ich mich noch entſinne?

Anius, ſchüttelnd das Haupt, das rings hellglänzende Binde
Ihm umgab, ſyrach traurig: Du groͤßter der Helden, für-
wahr nicht
Irreſt du, wirklich ſahſt du von fünf Erzeugten den Vater/
Den nun (ſo waltet der Ding' unfandigkeit über die
ö Menſchen!)

Ihrer beraubet erblickſt. Was kann abweſender Sohn mir
Helfen viel? den ein Land, nach eigenem Namen benennet,
Andros hält, für den Vater den Ort und den Zepter beſitzend.
Dieſem verlieh Weiſſagung der Delier, andere Gaben
Schenkt er dem weiblichen Sproß, mehr als die Dreu' und
Gelobung
Heiſchete. Denn was immer von meinen Töchtern berührt
ward/
Sieh' in Getreid', und in flüſſigen Wein, und die Beere
Minerva's
Wandelt ſich's um, und viel war zu zieh'n von ihnen des
ö Reichthums.
Als nun dies der Atrid' erfuhr, der Zerſtörer von Droja,
(Glaͤube nicht, daß auch uns die Kunde von eurer Befeh-
ö ö dung
Irgendwoher gekommen!) gebrauchte der Waffen Gewalt er,
Und zieht ſträubend ſie weg aus dem Schoos des Vaters,
und heißt ſie
Mit der himmliſchen Gabe das Volk ernähren von Argos.
Doch ſie entfliehn, wo jede nur kann. Euboä empfing zwo,
Zwo auch empfing davon die vom Bruder bewohnete Andros.
Krieger ſind da, und giebt man ſie nicht, Krieg lautet die
ö Drohung. ö
Furchtbeſiegt gab hin nun die Frömmigkeit jene Geſchwiſter —
Paare der Straf', und du konnteſt verzeih'n dem furchtſamen
1 Bruder.
Nicht Aeneas war hier, nicht, welcher vertheidigte Andros,
Hektor, der Held, durch die bis ins zehente Jahr ihr's ge-
ö dauert.
Schon bereitete man den Gefangenen feſſelnde Bande;

Aber auch nun aufhebend die freien Hände zum Himmel/

Alſo: Du Vater Bachus, o hilf uns! riefen ſie: Hülfe

Sandte der Gab' Ertheiler (wenn wunderbare Vernichtung

Hülfe nennen man kann) doch wie die Geſtalt ſie verloren,
Konnt' ich nimmer erfahren, und kann's noch jetzo nicht ſagen.
Dies das Ende der Noth. Sie nahmen Geſteder, und
ſchwirrten,
Vögel deiner Gemahlin als weiße Tauben von hinnen.

— uV —
 
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