Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

DOI Kapitel:
No 71-78 (September 1822)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22119#0383

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Charis.

Rheiniſche Morgenzeitung

uen d

Bote vom Neckar und Rhein.

Vereinigtes Unterhaltungsblatt fuͤr gebildete' Leſer.

ÆÆ

No 78. Samstag, den 28. September, 1822.



Reiſeblumen. 3. Das Nonnenk loſter.

1. Wein hei m.
Wo Flora ſich der lieblichen Pomone
In Blumenſchmuck und gold'ner Frucht verbündet,
Silvan ſich in der Haine Nacht verkündet,
Und Bacchus in belaubter Hügel Lohne;

Dort ſchweift der Blick hinab vom Felſenthrone,
Fernhin, wo lichte Au'n der Strom durchwindet,
Und mächtig Rheno⸗Franeia verbindet,
Den Stolz Germania's, der Länder Krone.

Was hebt die Seel'? — Es ſind der Vorzeit Klänge.

Seh'n wir auf's neu der Fehde Banner wehen?
Ein ernſter Geiſt entſchwebt der Burgruine.

Doch Stille wohnt in dieſes Thales Grüne:
Der Wieſenbach nur rauſcht aus wilden Höhen
Und flotet in der Vögel Waldgeſänge.

2. Baden.
Aurelia! es herrſcht an deiner Quelle
Der Feu'r⸗ und Waſſergeiſter Bundverein;
Auch Rom's Gewalt berkundet mancher Stein,
Doch deutſche Kraft der Burg bemooste Stelle.

O Wonneblick in zauberiſche Helle,
Rings auf die Höh'n, umkränzt vom Buchenhain,
Und dort auf eb'ner Flur, den ſtolzen Nhein,
Der fern ausſtrömet die beglänzte Welle!

Horch! Aeolsharfenklang im Weſtewehen!
Laßt uns hinab in ferne Wälder gehen,
Wo Fluten rollen durch's arkad'ſche Thal! „

Tönt nicht das Alpenhorn aus jenen Gründen?
Es lockt zur Ruh' im Hain, und mählich ſchwinden
Der wilde Drang, des Herzens tiefe Jual,

Die ſich der Lehr' und Andacht hier geweiht,

O Manchen fließt, wie Duft, in heil'gen Dönen
Hinweg der Erdentraum, das eitle Wähnen,
Und Troſt im Glauben ſänftiget das Leid.

Nicht dumpfer Zwang, der jedes Auge ſcheut,
Wohnt in dem Sitz, den Blumenhaine krönen,
Wo reges Leben und Natur verſchönen
Die heitere, nicht düſt're, Einſamkeit.

Und eilet einer zarten Fungfrau Blick,
Die ſich in dieſer Mauern Schirm begeben/
Mit Sehnſucht nach verlaſſ'ner Bahn zurück;

Lang' iſt der Prüfung Zeit! Gern nimmt das Leben
Zu neuer Pflicht im wandelnden Geſchick 5
Die Holde auf, zu häuslich⸗ ſlillem Glück.

. Bergzabern.
Schön iſt die Flur im Rebenhügel-Kranze!
Tönt nicht lyäiſch⸗ freudiger Geſang
Den hohen Tannenforſt, das Thal entlang?
Dreh'n Rymph' und Waldgott ſich in raſchem Danze?

Doch ſchau' die Trümmer dort im Sonnenglanze!
Hier ſcholl des edlen Richards Harfenklang.
Den zu befrei'n die Schaar zum Kelſen drang:
Noch blinket dort der Vorzeit Heldenlanze.

Hier ſtrahlte, hier, die wahre Welt der Ritter,
So weit ringsum erhab'ne Burgen ſchauln —
Vom Hochgebirg' herab auf blüh'nde Gau'n.

Kühn warſt du ſtets im Zeiten⸗Ungewitter,
Alſatia! noch herrſcht in deinen Au'n
Freiſinn, Kraft, Muth, und männliches Vertrau'n —

Karl Geib.
 
Annotationen