Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

DOI Kapitel:
Beilage No 29 (Oktober 1822)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22119#0449

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Beilage
zur L Charis und zum Boten vom Neckar und Rhein.

&Æ Æ ÆÆÆ&ÆÆÆÆ

N 29.

Mittwoch, den 30. Oktober,

182².

XI & Æ&Æ ÆÆÆÆÆÆÆάÆαÆαÆÆÆ

Korreſpondenz-Nachrichten.

Karlsruhe, den 11. Oktober, 1822.

Donnerſtag, den 10. Okt.: „Eduard in Schottland.“
Hiſtoriſches Drama in 3 Akten, nach Düval, von Kotzebue.
Wo in der Welt vom Himmel die freundliche Hülfe
gekommen/
War es immer ein Weib, welches ſie Armen gewährt!

Wer ſollte dieſes Drama nicht gern ſehen? Als Kunſtwerk
macht ſich alles ſo rund zufammen, die Szenen gehen aus-
einander, der Plan iſt wie ſpielend angeordnet und reinmenſch-
liche Geſnnungen ſcheinen hier einen äſthetiſchen Werth zu
erhalten.

Hierauf: „Wallenſteins Lager.“ Vorſpiel von Schiller.

Hier ſchon ſtürmen die Gräuel der Zeit und waltet' ein Geiſt
nicht
Mitten darin, es wär' uns unerträglich das Schau'n!

Im Anfange war es mehr ein bloßes Tableau. Wir vermiß-
ten das wildbewegte Leben jener dunkeln Kriegeszeit, worauf,
als auf ſeinem Grunde, Schiller den Helden Wallenſtein
malen wollte. Den Wachtmeiſter gab uns Herr Mayerhofer
mit allen Eigenheiten. Herr. Mittell verdiente ſich unſern
Dank als Kapuziner, und Herr Mayer war in der lezten
Szene, wo er vom Soldatenleben ſpricht, unübertrefflich. Er
wußte ſeinen Stand bis zu ſeiner bedeutendſten Würde zu er-
heben, und er war auch der Geiſt des unſterblichen Reiterliedes.

Nehrlich.

22 — —— — —...—.9—.8——..—..—.—.—.... —— — —— ———

Darmſtadt, den 10. Oktober 1822.

Durch die Anſtellung des Herrn Becker, vormaligen Mitglieds

der Nationalbühne zu Frankfurt am Mayn, bei dem hieſigen
Hoftheater, welcher unter den dermaligen teutſchen Bühnen-
Künſtlern verdiente Berühmtheit genießt, iſt unſerer Bühne
eine treffliche Erwerbung zu Theil geworden.

Hat zwar der hämiſche Neid über ſeine Kunſtrollen in der
Kaiſerſtadt an der Donau ſeinen giftigen Geifer durch den
Korreſpondenten des Morgenblatts für gebildete Stände, in
Nro. 164, Seite 655. vom 10. Juli 1822. ausgegoſſen, ſo
haben doch ſeine hieſtgen Darſtellungen jenes liebioſe Urtheil.
für ihn auf die genugthuendſte Weiſe widerlegt.

Von der Natur mit einer ſchönen Geſtalt begabt, mit einem
kräftigen, klangreichen und beugſamen Organ ausgeſtattet,
erfreuet er ſich Vorzüge, welche es ihm bei fleißigem Stu-
dium und klaſſiſcher Bildung des Geſchmacks leicht machen,
einer der vorzüglichſten Künſtler zu werden. Einſender hat
achtungswerthe Leiſtungen von ihm geſehen, welche hohen
Schwung der Fantaſie, freie Beherrſchung des Stils und
das ſelbſtthätige Leben bewaͤhrten, das die Seele aller Kunſt-
bildung iſt.

Im Laufe der Monate Auguſt und September, in welchen
der Planet Freiſchütz ununterbrochen auf dem Operntheater
dirigirte, herrſchte und regierte, ließ die Bühne nichts Er-
hebliches ſehen. In einem Zeitraume von acht Wochen wurde
uns unerwartet den 13. September, ein ächter Kunſtgenuß,
„Die Jäger“, eins der vorzüglichſen Ifflandiſchen Stücke/
zu Theil.

Herr Grüner als Oberförſter Warberger, verdiente durch
ſein meiſterhaftes Spiel, den ungetheilten Beifall, welchen
das überfüllte Haus ihm in reichem Maaße zuklatſchte.
Wahrheit, Herzlichkeit, raſches Demperament, Natürlichkeit,
Biederkeit, Gemüthlichkeit und Zutrauen, alle einzelnen Züge
dieſes ſo trefflich gezeichneten Charakters, vereinigte Hr. Grü-
ner in dem Meiſterwerke, welches er heute lieferte.

Madame Grahn ſtellte die Oberförſterin, wenn auch nicht
in höchſter Vollkommenheit, doch mit Wärme und vieler
Natur dar. Herr Becker befriedigte als Anton jede billige
Forderung, wie er denn überhaͤupt in all den Rollen, welche
aus dem wirklichen Leben gegriffen ſind, exzellirt.

Die heutige Darſtellung der Fräulein Grüner als Friede-
rike griff ganz in die Naivität und Herzlichkeit ein, welche an
dieſer jungen Künſtlerin ſo ſehr gefallen, und ein Haupter-
forderniß des Charakters der Friederike ſind.

Herr Steck, ein Liebling des Publikums, gab den Amtmann
durch Kunſt, den Spizbuben recht natürlich, den tüchiſchen
Heuchler zeichnete er originell.

Herr Zahrt kopirte den ſanften, liebenswürdigen Paßor
Seebach, den tbheilnehmenden Freund, den nachdrücklichen
Vermittler, den fleckenloſen Biedermann/ unübertrefflich. Auch
Fräulein Meyer verdient als Kordelchen heute vorzügliche
Erwähnung. Zede Nüanze, jede Wendung war aus der
Natur gegriffen; der wegwerfende, höhniſche Don gegen
 
Annotationen