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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

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No 53-61 (Juli 1822)
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haris.

Rheiniſche Morgenz

eitung

unn d

Bote vom

Neckar.

und Rhein.

Vereinigtes Unterhaltungsblatt für gebildete Leſer.

&&

No54. Samstag,

den 6. Juli,

1822.

X — ᷣCSSCCCSCICIIQISISIIDISSSSSDSEEE-E---------- Æ —F — *

Prinzeßchen Eufroſine
iem gläſern enn Berg.
Heſſiſches Kindermährchen.
Fortietzung.
Wie nun Froſinchen nirgends zu finden geweſen

war, und im Schloſſe alles durchſucht wurde, da

jammerten die Leute im Schloſſe alle, und Tag aus,
Tag ein kam der arme Mann mit der Frau zum
Oberkoch, ach! und weinten nun, und wollten gar
nicht wieder aufhoren, daß das Kind verloren ge-
gangen. Die Frau ſagte, haͤrten wir es nur nicht
weggegeben; und der Mann, waͤre es nur nimmer-
mehr in dies Schloß gekommen, ſo lebie es heute
noch und dann fingen ſie von neuem zu ſchluchzen
und zu weinen an. Der Koch wuüßte aber wohl, daß
das Froſinchen im glaͤſernen Berge bei den Zwergen
war — und ſuchte ſie zufrieden zu ſprechen, daß
es ſich noch wieder finden wuͤrde — aber waͤhrend
Jahr und Tag vergingen und es immer nicht zuruͤck-
kam, hatten ſie ſich ſo gegraͤmt, daß ſie beide ge-
ſtorben waren. ö
Cizmal, wie der Koch ganz allein in der Kuͤche
war, ſo kam die Amme und hatte die Prinzeſſin an
der Hand, „Meiſter Oberkoch — ſprach ſie — ich
habe euch was zu ſagen und wenn ihr das thun wollt,
ſo will ich euch vier Metzen geſtrichen voll Gold ge-
ben. Bald kommt der Prinz Gloriant zur-Hochzeit
hierher und da-wird alles in Freuden ſeyn und große
Tafel gehalten werden, dazu ſollt ihr nun Eufroſin-
chen, das jezt im Glasberge ſizt, ſchlachten; und
ſein Herz unter den anderen Speiſen mit aufſetzen.“
Eufroſinch⸗ naber hoͤrte das alles mit an, denn
der Berg hatte einen bohlen Gang, der unter der

Erde durchging bis ins Schloß und hinſer der An-
richte war die Thuͤre, von der kein Menſch etwas
wußte, und wenn die Zwerge nicht zu Hauſe wa-
ren, ſo ſezte es ſich darhinter und horchte Alles,
was in der Kuͤche geſprochen wurde.
Den andern Morgen ſtand es ganz fruͤh auf und
fand alle Zwerge, die ſchoman ihren Tiſchchen ſchrie-
ben, beiſammen. „Ich habe euch nun lange den
Haushalt gefuͤhrt, ihr Zwerge — ſagte Sr
— und nichts verlang, ich dächte, ihr koͤnntet mi
nun auch woͤhl einen Traam aufſchreiben?“ —
Es iſt wahr — ſagte das alte Zwergelchen — du
haſt uns immer Freade gemacht, Froſincher, du
haſt uns niemals noch kein Schuͤſſelchen, kein Tel-
lerchen, kein Tiſchchen zerbrochen; wenn wir nach
Hauſe kamen, ſo war immer das glaͤſerne Tiſchchen
gedeckt, die Becherchen rein geſchwenkt,‚ die Suppe
immer huͤbſch gekocht und niemals der Braten

verbrannt! Was meint ihr, meine Kinder — ſagte

er zu den andern Zwergen, und ſtrich ſich dabei den

langen ſchneeweiben Bart — was meint ihr, meine
„ ö

Kinder? ich glaube, wir koͤnnien Froſinchen dafuͤr
wohl den Gefallen thun.“ —
Die Zwerge waren es zufeieden und ſezten ſich
alle in die Runde, jederſein Schreibzeug in der Hand,
um den Bord des Brunnens.
Run rttelte ſich das Baͤumchen als wenn es
ſchauerte, und als es dichte, dichte Regentropfen
aus allen Zweigen und Blaͤttern ſchuͤttelte, klan-
gen die Tropfen, die in das Becken niederfielen.

An den Waͤnden aber erblaßten alle Farben zu ei-

nem undurchſichtigen Grau. Und dann ſchoſſen
nach und nach Blumen auf, wie im Winter an
 
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