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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

DOI Kapitel:
No 27-34 (April 1822)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22119#0153

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Charis.

Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

““““w
Ne 31.

R o man ze.

Es tobet ſo ſchaurig im dunkelen See,
Es ſteigen die Wogen zu Berges Hoͤh',
Und aus des Seees tief unterſtem Grund
Ertoͤnt's, wie aus düſterem Grabesſchlund:
O weh!

Es ſuchet ihr Opfer des Sturmes Macht,
Wild brauſ't er durch ploͤtzliche wolkige Nacht;
Und in dem ſchwachen, unhaltbaren Boot
Drei Juͤnglinge kaͤmpfen mit Wellen und Tod.
O weh!

Daheim harder Eine die bluͤhende Braut;
Zur Stund' iſt vielleicht ihm ein Thraͤnlein gethaut;
Sie dachte des Wirderſehns heilige Luſt,
Da nezten ihr Perlen die Schwanenbruſt.
O weh!

Des Anderen harret ein Greis am Stab;
Den ſollt' er geleiten an's friedliche Grab,
Der wollte ſich erſt noch am Abend erfreu'n
An ſeines Gedeihens vielherrlichem Schein.
O weh!l

Der Dritte ſteht truͤb' und duͤſter allein;
Verſagt hat ihm Leben den Sonnenſchein,
Es wankte die Freundſchaft, die Liebe betrog,
Der Hoffnung ſuͤßſchmeichelnde Stimme ihm log.
O weh!

Doch ſieh! jezt in ſchauriger Todesnacht
Erſcheinet ein Freund ihm in ſtrahlender Pracht.
Der herrliche Muth iſt's, in kraͤftiger Bruſt;
Die ſichere Klarheit, ſich ruhig bewußt
Im Weh.

ꝗ ꝗÆ

Mittwoch, den 17. April

AI ÆÆ&

1822.

Er faſſet das Steuer mit leitender Hand,
Doch Lohn ſeines Strebens bleibt von ihm gewandt.
Nur leiſ' ihn umfluͤſtert's: „Biſt nimmer allein,
Strahlt leuchtend dir geiſtiger Fackel Schein
Im Weh.“

Er horcht wohl den Toͤnen, doch wund bleibt das Herz;
Noch einmal erfaßt ihn des Lebens Schmerz,
Dann wird er von kuͤhlenden Fluthen gedaͤmpft —
Der wackere Kaͤmpfer hat ausgekaͤmpft
Sein Weh. ö

Schnell traͤgt eine Woge die andern an's Land;
Sie werden gerettet durch ſorgende Hand.
Nur ihn will nicht laſſen der maͤchtige Freund,
Deß Angeſicht milde und troſtend erſcheint
Im Weh. —

Auch ihn bringt die Welle. Sein Ring blieb ihm treu;
Ein Maͤgdlein erkennt ihn mit aͤngſtlichem Schrei.
Ach! ſie raubt' ihm Frieden, ſich treueſten Stab —
Nun bettet ihn reuige Liebe in's Grab,
Mit Weh.
Caroline Still.

22222—2—— ——2— — — — — ——8—8—

Des Kaplans Ausmarſch.
Biographiſches Fragment b. Peregrinus Proteus.

Fortſetz un g.
Heute gingen. Ziffermanns Alle in die Kirche; und
zwar in zwei Kolonnen. Die erſte, beſtehend aus
dem Schaffner und ſeinem Erſtgebornen, marſchirte

fruͤher, ſchon beim zweiten Laͤuten ab, weil ſie ei-

nen Umweg zu machen und den Konſiſtorialrath
Fuͤllemond abzuholen hatte. Die zweite, beſtehend
aus der Mutter — ich nenne die Schaffnerin am
 
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