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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

DOI Kapitel:
No 97-104 (Dezember 1822)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22119#0525

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Bote vomn Reckar un d Rhein.

Vereinigtes Unterhaltungsblatt fuͤr gebildete Leſer.

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Samstag, den 14. Dezember,

N 100.



182².

* ÆÆÆÆÆCÆLÆLÆLÆÆ&Æ ꝗ

Unterhaltungen
e in eer e.

Fortſegßung.
Dieſer Umfang eines einzigen Induſtrie.Zweigs
mag die Angabe, daß der Dom allein durch die
Wollen⸗Fabrikanten-Zunft erbaut worden, wenn
nicht erzeugt, doch wahrſcheinlich gemacht haben.
Gewiß iſt wenigſtens, daß die Zuͤnfte in Florenz
durch Abgaben unter ſich, und beſonders durch
Vermaͤchtniſſe zu einem ungeheuren, gemeinſchaft-
lichen Vermogen gekommen waren. Der venetia-
niſche Geſaͤndte, Foscari, gibt die Einkuͤnfte der-
ſelben von liegenden Gruͤnden und Kapitalien, in
einem Bericht an ſeinen Doge um's Jahr 1526, zu
200, 00 Dukaten jaͤhrlich an. Ueberhaupt aber be-
wahrt die Geſchichte eine Menge zuͤge von den
großen Maſſen baaren Geldes auf, die in Florenz
zirkulirten. So hatte die Bruͤderſchaft von Orſan-
michele einzelne Tage im Jahr, da ſie, an Gaben
fuͤr Pilgrime, in die Gefaͤngniſſe, an Hoſpitaͤler
u. dgl. 37,000. Lire baar austheilte. Cosmus I.
von Medicis hinterlies ſeinem Univerſalerben Franz,
allein an Gold- und Silber-Baͤrren und an ge-
praͤgtem Gelde, einen Schatz von ſiebenthalb Mil-
lionen. Einer ſeiner Nachfolger ließ ſich den Or-
den des goldenen Vließes bei Karln V. hundert-
tauſend Dukaten koſten, und die Muͤnze von Flo-
renz praͤgte geraume zeit jaͤhrlich ꝗoo, ooo Stuͤck
Gold-Guͤlden aus. Mit dieſen Reichthuͤmern ſtand
dann auch ein graͤnzenloſer Luxus in Verbindung,

und die Aufwands⸗ ⸗Geſetze vom Aprill 1330 zeigen

in ihren Verboten eine erſtaunungswuͤrdige Reihe
von Ausſchweifungen des uͤbermuͤthigſten Reich-
thums. Dante hat dies in der Schilderung der
alten guten Zeit der Maͤßigung, der Einfachheit und
Beſcheidenheit durch einen erſchütternden Zug nach
ſeiner Art in dem Vers ausgeſprochen:
Non faceva nascendo ancor paura
La figlai al padre
welcher mehr bezeichnet, als die umſtadlichſt Be-
ſchreibung der damaligen Sitten darzuthun ver-
mochte. Mit dieſem Luxus verſanken aber auch alle
guten Sitten, und die Verdorbenheit in dieſem
Punkte kam ſo weit, daß ſie uns nicht ſelten den
Genuß jener großen Vorzeit in der Geſchichte Ita-
liens verkuͤmmert. Ja, es iſt traurig, zu ſagen, daß
das Privat⸗Leben der meiſten und ausgezeichnetſten
Maͤnner ihres Jahrhunderts mit Schandmalen
der Art behaftet iſt, welche es oft unbegreiflich ma-
chen, wie ſolche Geiſtes-Erhabenheit neben ſo tie-
fer moraliſcher Verworfenheit moͤglich war.
Ich freue mich uber den Satz, den ſie ſo eben aus-
geſprochen haben, lieber Abbate, ſprach die Frau
von Mosheim, in dem ich mir die wahre Groͤße eines
Mannes beinahe nicht ohne große⸗ Sitten-Reinheit
denken kann.
Sie ſind zu ſtrenge, gnaͤdige Frau, erwiederte
Karowell; denn was bliebe am Ende, wenn Sie
ſo viel fordern, von der Groͤße Raphaͤls, Petrar-
ca's, Boccaccis und andrer aͤhnlicher Maͤnner uͤbrig?
Und dennoch iſt die Frage, ſprach der Abbate,‚
ob es nicht moͤglich waͤre, die Forderung unſrer
Freundin mit der Wahrheit zu vereinigen?
 
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