DOI Kapitel:
No 97-104 (Dezember 1822)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.22119#0507
Charis.
Rheiniſche Morgenzeitung
uen d
Bote vom Neckar und Rhein.
Vereinigtes Unterhaltungsblatt fuͤr gebildete Leſer.
&
N 97.
*
Roſen und Lilien. *)
ö (Schwediſches Volkslied.)
Klein Roſe ſie diente in Koͤnigs Schloß,
Und diente ſchon dort acht runde Jahr'.
Und der Herzog zu klein Roſen ſprach:
„Klein Roſe, heirate mich, noch dies Jahr.“
„Ach lieber Herzog, redet nicht ſo,
Da ſteht euer Vater, der darauf horcht.“
„Hore das all, wer es hoͤren mag,
Ich ſage nichts mehr, mein Herz ſteht darauf.“
Die Worte ſie waren kaum ausgeſagt,
Der Koͤnig ihn ſanoͤte in fremdes Land.
Die Schiffe die gingen wol hin und her,
Der Herzog frug, wie es Roſen geh'⸗
„Wol geht es klein Roſen, wie's eben geht,
In Monat und Tag ſie zur Hochzeit geht.“
„Und geht ſie zur Hochzeit in Monat und Tag,
So will ich ihr nah ſeyn und es ſehen an.“
Und Roſa ſie ſah zum Fenſter hinaus,
Und erſah wol die Flaͤggen weiß und blau.
„Ich ſehe die Flaggen ſo weiß und blau,
Die wuͤrkten ja meine Haͤnde zart.“
Klein Roſe ſprang nieder zum Meeresſtrand
Und flog iz des liebſten Herzogs Arm.
*) Aus den Swenska Folkwisor. I. 117.
Mittwoch, den 4. Dezember,
——
X—
1822.
&Æ
⏑
2——
Sie ſezten ſich nieder auf grauen Stein,
Und ſprachen ſo viel von der Liebe Pein.
Sie ſprachen ſo viel von der Liebe Harm,
Bis ſie todt ſich ſanken einander in Arm.
Und eilig ein Bote zum Koͤnig kam:
„Klein Roſe liegt todͤt in des Herzogs Arm.““
„So ſey ihm noch Trotz im Tode gethan,
Nicht ſollen ſie haben gemeinſam Grab!“
Da wuchſen auf Lilien aus jedem Grab',
Sie wuchſen zuſammen mit all ihrem Laub'.
Da wuchſen auf Roſen aus jedem Grab',
Und wuchſen zuſammen zum ſchoͤnſten Hain.
ö — 4＋ 4 —
unterhaltungen
einer Badegeſelhſchaft.
Fortſetzung-
8.
Nachdem die Frau von Mosheim ihre Vorleſung
geſchloſſen hatte, und ihr von den Freunden man-
ches Angenehme daruͤber geſagt worden war, kam
der General auf den Kampf zuruͤck, welchen das
Genie in dieſer Geſchichte gegen die Unwiſſenheit, den
Neid und den Protektions-Geiſt, zwar mit Gluͤck,
aber nicht ohne viele Anſtrengung, gekaͤmpft hatte.
In der That, man leidet mit Brunellesko, ſagte
er, wenn man ſieht, wie es ihm, der der Unter-
nehmung allein gewachſen war, ſo ſchwer wurde,
Rheiniſche Morgenzeitung
uen d
Bote vom Neckar und Rhein.
Vereinigtes Unterhaltungsblatt fuͤr gebildete Leſer.
&
N 97.
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Roſen und Lilien. *)
ö (Schwediſches Volkslied.)
Klein Roſe ſie diente in Koͤnigs Schloß,
Und diente ſchon dort acht runde Jahr'.
Und der Herzog zu klein Roſen ſprach:
„Klein Roſe, heirate mich, noch dies Jahr.“
„Ach lieber Herzog, redet nicht ſo,
Da ſteht euer Vater, der darauf horcht.“
„Hore das all, wer es hoͤren mag,
Ich ſage nichts mehr, mein Herz ſteht darauf.“
Die Worte ſie waren kaum ausgeſagt,
Der Koͤnig ihn ſanoͤte in fremdes Land.
Die Schiffe die gingen wol hin und her,
Der Herzog frug, wie es Roſen geh'⸗
„Wol geht es klein Roſen, wie's eben geht,
In Monat und Tag ſie zur Hochzeit geht.“
„Und geht ſie zur Hochzeit in Monat und Tag,
So will ich ihr nah ſeyn und es ſehen an.“
Und Roſa ſie ſah zum Fenſter hinaus,
Und erſah wol die Flaͤggen weiß und blau.
„Ich ſehe die Flaggen ſo weiß und blau,
Die wuͤrkten ja meine Haͤnde zart.“
Klein Roſe ſprang nieder zum Meeresſtrand
Und flog iz des liebſten Herzogs Arm.
*) Aus den Swenska Folkwisor. I. 117.
Mittwoch, den 4. Dezember,
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1822.
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Sie ſezten ſich nieder auf grauen Stein,
Und ſprachen ſo viel von der Liebe Pein.
Sie ſprachen ſo viel von der Liebe Harm,
Bis ſie todt ſich ſanken einander in Arm.
Und eilig ein Bote zum Koͤnig kam:
„Klein Roſe liegt todͤt in des Herzogs Arm.““
„So ſey ihm noch Trotz im Tode gethan,
Nicht ſollen ſie haben gemeinſam Grab!“
Da wuchſen auf Lilien aus jedem Grab',
Sie wuchſen zuſammen mit all ihrem Laub'.
Da wuchſen auf Roſen aus jedem Grab',
Und wuchſen zuſammen zum ſchoͤnſten Hain.
ö — 4＋ 4 —
unterhaltungen
einer Badegeſelhſchaft.
Fortſetzung-
8.
Nachdem die Frau von Mosheim ihre Vorleſung
geſchloſſen hatte, und ihr von den Freunden man-
ches Angenehme daruͤber geſagt worden war, kam
der General auf den Kampf zuruͤck, welchen das
Genie in dieſer Geſchichte gegen die Unwiſſenheit, den
Neid und den Protektions-Geiſt, zwar mit Gluͤck,
aber nicht ohne viele Anſtrengung, gekaͤmpft hatte.
In der That, man leidet mit Brunellesko, ſagte
er, wenn man ſieht, wie es ihm, der der Unter-
nehmung allein gewachſen war, ſo ſchwer wurde,