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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (2) — 1822

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No 18-26 (März 1822)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22119#0124

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rief den Herzog von Marlborough zuruͤck und ent-
ſezte ihn aller ſeiner Wuͤrden. Vergebens waren
die dringendſten Vorſtellungen der Großen des Reichs,
vergebens erſchien Eugen, der Waffengefaͤhrte,
und — was noch groͤßer, als der Kriegsruhm galt,
der Freund Marlboroughs, perſoͤnlich in London,
die Koͤnigin war unerbittlich. Sie verließ die Par-
tei des Hauſes Oeſterreich und gab Ludwig dem
Vierzehnten zu verſtehen, daß ſie geneigt zur Ver-
ſohnung waͤre. Eine Reihe von Folgen fuͤhrte den
Utrechter Frieden herbei, der den verdunkelten
Ruhm Ludwigs wieder herſtellte, und die ſtolzen
Hoffnungen ſeiner Feinde vernichtete.

Eliſe Sommer.

—2—————— 2—— ——. — — — ——p4 7— 2—— — ————— ——.———

Aus dem Stammbuch der Zeit.

Fortſetung.
6.
Der apellirt an die Volksenergie und der an die Rache:
Heißt das vertreten ein Volk oder zertreten in Staud?
7.
Iſt dir im Staate denn gar nichts recht, du ewiger Tadler?
v Hätt' ich mein Schäflein nur trocken, ich ſchwiege wie todt. a
8

Ehemals ſchriebeſt du Bücher, mein Freund, jezt Zeitungsartikel.

Gegen den kräftigen Feind ſind doch die Waffen zu ſchwach.
9.
Dir iſt ein Dichter, deß Lied dich ergreift, mir jeder, der Großes
Deuket und ausführt in Wiſſenſchaft, Leben und Kunſt.
10.
Heilig iſt Gott und ſein Wort, doch wer ſie beide verläugnet,
Glaubſt du, daß Fürſt und Staat heilig ihm ſeyen? Ich nicht.

—— — ——
— ———— —— ——f ————⅛—— —— ———.

Großherzogl. Schau buͤhne in Mannheim.

Sonntag, den 17. März, 1822.

Zum erſten Male: Teutſche Treue. Ritter-
ſchauſpiel in 4 Abtheilungen, von Aug. Klin-
gemann.

Dieſes Stück hat ſich hinſichtlich der Zeit, in der es geſchrie-
ben wurde/ weil die franzöſiſche Oberherrſchaft damals die
Teutſchheit verpönt hatte, und man nur mit Lebensgefahr
ihr huldigte, einen gewiſſen Ruf erworben. Hier aber iſt ſie

nichts als ein töͤnendes Erz, eine klingende Schelle, ein Wör-
terſchwall ohne Sinn, ein ewiges Haſchen nach Effekt mit
Aufopferung aller vernünftigen Wahrſcheinlichkeit, kurz eine
teutſche Treue, die mit Jammer und Noth herausgepreßt
wird. Hätten Hr. Brandt den Friedrich v. Oeſterreich, Hr.
Löwe den Herzog Leopold und Hr. Grua d. J. den Ste-
phan von Baiern nicht mit Auszeichnung gegeben; ſo wäre
die teutſche Treue wahrſcheinlich durchgefallen, und wir
müſſen daher dieſen drei Künſtlern recht vielen Dank wiſſen,
daß ſie ſolche, Gottlob! bei Ehren erhielten.

Warum ſah denn das Bild Rudolphs von Habsburg in die
Kouliſſen, ſtatt ſeine Abkömmlinge anzuſehen? Faſt ſollte
man glauben/ der große Kaiſer habe ſich geſchämt, daß Hr.
Klingemann dem biedern Friedrich ſeine Tugend, und
dem kräftigen Leopold ſeine Bruderliebe zur Qual gemachr hat.

Dienſtag, den 19. Maͤrz 1822.
Der luſtige Schuſter, oder: Die Weiber-
kur. Komiſche Oper in 2 Abtheilungen. Muſik
von Paer.

Mit Recht muß ſich Jedermann wundern, wie Paer ein ſo
triviales, ich kann wohl ſagen, jede zarte Empfindung belei-
digendes, Süjet mit einer ſo lieblichen Muſik ausſchmücken
konnte, denn wenn ſie auch hin und wieder etwas gedehnt
iſt, ſo enthält ſie doch ſo manche Schönheit und treue Ka-
rakterſchilderung, daß man ſie ſets mit Vergnügen hören und
nur bedauern wird, von Seiten der Poeſte nicht gleiche Nah-
rung zu finden. Hr. Obermayer war als Schuſter Bran-
del ſehr brav, er zeigte die Volksthümlichkeit einer ſolchen
Rolle, »hne die Schicklichkeit zu beleidigen, indem er ihr
gewiſſermaßen den Karakter der Jronie gab; Frau Brandt
lieferte, beſonders im erſten Akte, eine ſehr gelungene Dar-
ſtellung der Frau Schuſterin. Frau Strauß (Baronin
Weller) ſang ſehr lobenswerth und führte die eingelegte ſchö-
ne, freilich etwas ermüdende Polakk trotz der vielen Schwie-
rigkeiten, glücklich durch. Hr. Boung (Baron Kronthal)
ſang heute etwas ſchüchtern und größtentheils zu tief. Zu
ſeiner Arie im zweiten Akte, mit der ſchönen O boebegleitung,
reichte ſeine Stimme nicht hin, weil ſolche bedeutenden Umfang
und Geſangfertigkeit erfordert; hinſichtlich des Spiels:
zeigte er eine gewiſſe Selbſtzufriedenheit, manicrirte Zärtlich-
keit und Affektation, die einem jungen Operiſten, der, beſon-
ders als Liebhaber, in kleinen Opern durch leichtes Spiel
gefallen ſoll, unmoͤglich Vortheil bringen kann. Möge Hr.
Voung dieſen wohlmeinenden Tadel mit Güte aufnehmen,
da es ihm ſelbſt angenehm ſeyn muß, ſich / als ein noch jun-
ger Mann, immer mehr und mehr auszubilden, und dem Ge-
ſchmack des hieſigen kunſtſinnigen Publikums zu entſprechen.
Die Hrn. Grua d. A. und Kühn — Baron Waller und
Pilger — verabſäumten nichts dieſer ausgeruhten Oper wie-
der Eingang zu verſchaffen. ö

Erlach.

Redakteur: Friedr. Karl Freiherr von Erlach.
Druckerei veu

Verleger: Kar!l Groos, N. Akad. Buchh. in Heidelberg

Kanfmann.
 
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