Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Schubring, Paul: Die Predella zu Raffaels Altar für S. Antonio in Perugia
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0028

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
der ganze Altar gehörte, zeigt, größeren Anfprud) auf Echtheit haben. Daß Raffael
diefe Predellenbilder eigenhändig gemalt habe, [oll übrigens nicht gefagt werden.“
Georg Gronau (in dem Raffael-Band der Klaffiker der Kunft 1909, S. 223) glaubt, daß
die beiden Predellen in London und Bofton von der Fjand eines der Gehilfen des
jungen Raffaels, des Eufebio di San Georgio ftammen. Auel) die Engländer haben pd)
[ehr zurückhaltend geäußert, Claude Phillips (zitiert im Cext zu dem Burlington-Katalog,
S. 39) hebt wie Gronau die Arbeit der verfdjiedenen Fjände an den verfchiedenen
Ceilen der Predella hervor und wollte von den ihm bekannten Cafeln der Predella in
England und Amerika nur der Kreuztragung einen Platj in dem Lebenswerk Raffaels
laßen. In dem Auktionsbericht von 1922 ift freilich das Burlington Magazine nach-
träglich für die Echtheit des Ölbergs aus der Sammlung Burdett-Coutts eingetreten,
ohne dies näher zu begründen. Ädolfo Venturi, der in feinem neuen Raffaelbuche
(Raffaello, Rom 1920, S. 119) auch auf die Predellen des Ältarwerkes von S. Antonio
zu [prechen kommt, hat keine eigene Meinung.
3weifellos befand fid) das Bonner Bild einft in der Galerie Orleans, und in diefer
war bis 1789 der ganze Altar; das Siegel ift durchaus unverdächtig. Bei der Auktion
oder kurz nachher wurden die einzelnen Ceile verftreut. Das Bonner Bild ift damals
nach Rom gekommen, feine Schickfale laffen pd) lückenlos verfolgen. Dagegen trägt,
foviel id) weiß, das Londoner Exemplar nicht das Siegel der Sammlung Orleans; man
hat nur immer angenommen, da die anderen Predellenteile in London und Bofton aus
der Sammlung Orleans ftammen, daß aud) das Londoner Bild aus ihr herrühre. Aber
es ift doch nicht denkbar, daß in der Galerie Orleans zwei Exemplare des Ölbergs
gewefen feien! (Uohl aber läßt fiel) erklären, weshalb es zwei Exemplare des Ölbergs,
die beide mit dem Altarbild von S. Antonio in Perugia zufammenl)ängen, in der Cat gibt.
Raffael hat nach dem Urteil aller Forfcher das ßauptbild und die Lünette darüber
eigenhändig gemalt, und zwar in der Fjauptfache vor dem Oktober 1504. Ihm und nicht
Perugino pel der große Auftrag zu, da Perugino feit 1502 wieder in Florenz weilte.
Auch die Predella wurde damals fcßon in Angriff genommen; denn wir haben ja die
koftbare 3ei<hnung zum ölberg in natürlicher Größe (22,5X26,2 cm groß), eine Pinfel-
zeichnung in Bifter über dünner Vorzeid)nung in Feder. Das heute im Befitj des Metro-
politan Mufeum in New York bepndliche Blatt war ftets hochgefchäfet; es ging durd)
die Sammlungen Äntaldi, Lord Leighton, Fairfax Murray und war fd)on durch den
Katalog der lebten Sammlung (Ä Selection from the Collection of Drawings formed
by Fairfax Murray, London 1905) bekannt. Die 3ufammenftellung „ölberg und Grab-
legung“ war in Peruginos Atelier nichts Ungewöhnliches; Perugino hat ja fchon 1493
beide Chemata vereinigt (heute in der Florentiner Akademie). Im gleichen Jahr 1504,
in dem Raffael an dem Altar für S. Antonio arbeitete, hat er bereits für den nach
Urbino heimgekehlten Fürften Guidobaldo da Montefeltre einen Ölberg gemalt, der pd)
heute in London bepndet (National Gallery Nr. 1032) und von Crowe und Cavalcafelle
irrtümlicherweife Spagna zugefchrieben wurde. Nun muß Raffael nad) Florenz abreifen
und hmtedäßt feinen Gehilfen die 3ei<hmmg, auf Grund deren die Predella dann im
Atelier gemalt wurde. Ift es nun nicht möglich, daß diefe Ölbergpredella von dem heim-
kehrenden Raffael für ungenügend angefehen wurde und daß er felbft dann oder ein
anderer Mitarbeiter, wieder auf Grund der alten 3eichnurlg> einen neuen ölberg ge-
malt hat, der dann dem fertigen Altar eingegliedert wurde? Diefer Altar, mit ölberg II,
kam aber von Perugia in die Sammlung Orleans, und das von Raffael abgelieferte
Predellenbild wäre danach das aus der Sammlung aus’m Uleerth und nicht das der
Sammlung Burdett-Coutts. Das letztere müßte dann auf Umwegen ebenfalls von Perugia
nach England gekommen fein.
Dies ift natürlich eine Fjypothefe, aber pe würde das Vorhandenfein der beiden öl-
bergbilder erklären. 3weifellos hat das Bonner Bild die beffere Provenienz und muß
an dem fertigen und abgelieferten Altar gefeffen haben. Damit ift freilich noch nichts
4
 
Annotationen