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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Biermann, Georg: Hans Thomas Landschaft bei Viterbo
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0040

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ift und bleibt diefer Blick des Künftlers, der von innen her die Landfchaft, die Blumen,
jedes Stüde fid)tbaren Seins umfängt und fo, wie nur diefer Künftler zu fejjen vermag,
dem Äuge des anderen durch fein Hlerk zurückgibt. Fjier aber ift aud) der Punkt,
durch den fid) diefes Künftlers Hlerk mit dem der großen Ältdeutfdjen vom Cyp eines
Altdorfer, Baidung u. a. unmittelbar berührt, wo er, einbezogen in den Gefamtablauf
deutfdjer Kunft, durd) innere Größe als unvergänglich erfd)eint. (Herten wir aber das
Schaffen Chomas folchermaßen, dann bekennen wir uns zugleid) zu jener hiftorifchen
Gerechtigkeit, die unabhängig von dem Gefchmackswandel der 3eit beftehen muß. Dann
gilt feinen Bildern gegenüber weder die Beurteilung im Sinne eines engen nationali-
[tifd)en Dogmas noch im Geifte einer neuen Jugend, die mit anderen Mitteln arbeitet
und der titelt gegenüber ein von dem O)omafd)en Ideal verfchiedenen Standpunkt ein-
nehmen zu müffen wähnt, juftis fd)öne Choma-Äusftellung des vergangenen Frühjahrs,
über die kürzlich eine dem Chema hervorragend angepaßte wundervolle Monumental-
publikation im Verlag von Dietrich Reimer, Berlin, erfd)ienen ift (über die an anderer
Stelle noch eingehender gefprod)en wird), konnte daher aud) nur Betätigung diefer
hier kurz angedeuteten Einteilung fein, die den Meifter im Umkreis feiner Hielt und
im Rahmen einer viell)undertjährigen Entwicklung erkennen und die unvergängliche
Bedeutung feines (Uerkes feftlegen follte.
Hlas diefer Altmeifter der Malerei gewollt und gleichmäßig gekonnt hat. zeigen vor
allem die Bilder der frühen die fein Verhältnis zumal zur Landfchat aud) für
die nachfolgenden Jahrzehnte grundlegend offenbaren. Hläre es noch nötig, das durch-
aus efoterifche Gefühl zu beweifen, das O)oma mit der Natur verbindet, dann brauchte
man in der Cat nur all die Hlerke zufammenzuftellen, die diefer deutfdje Landfd)after
auf feinen Reifen in Italien gefd)affen hat, deren erfte er 1874/75 unternahm. Dinge von
höd)ter Feinnervigkeit desEmpßndens und einem malerifd)en Dut fondergleid)en, der alles
weit übertrifft, was vor ihm ähnlich fo manche römifchen Maler deutfeher Nation gefd)affen
haben. Eines diefer Bilder, das man meines Hüffens bisher öffentlich überhaupt noch
nicht gefehen hat und das gerade als ein Hauptwerk des Jahres 1875 im Gefamt-
rahmen Chomafcher Kunft mit an erfter Stelle fteßt, ift die l)ier veröffentlichte Land-
fd)aft bei Viterbo aus dem Befitj von Carl Nicolai, Berlin, die die Erinnerung an das
romantifche Felfenneft Bagagna fefthält, das der Künftler bei feinem mehrtägigen
Aufenthalt in Viterbo kennenlernte. Ein Stück Italien, gefehen mit den Äugen eines
Deutfd)en, das Choma dem fcheidenden Cag abgelaufcht hat, um es mit den Mitteln
feiner Palette, die \)ier von höchfter Dünnflüffigkeit ift und ftellenweife nur die Unter-
malung gelten läßt, und ergriffen von dem geheimnisvoll aufgetaud)ten Hlunder mit
einem Gefühl für das innere HIefen diefer Gotteswelt zu geftalten, ähnlich wie es ein
anderer großer Maler des 19. Jahrhunderts an der gleichen Stelle getan, jener Corot
d’Italie, an den man unwillkürlich vor diefer Landfchaft bei Viterbo denken möchte.

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