Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Scherer, Christian: Die Fürstenberger Komödianten Simon Feilners
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0104

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
der italienifdjen Komödie genannt1, die fid) offenbar einer befonderen Volkstümlichkeit
erfreuten, die aber 1791 entfernt wurden und feitdem, wie es fcßeint, verfcßollen find.
Äus diefem Grunde läßt fid) leider nicht meßr fagen, ob und wieweit etwa jene an-
geblichen Würzburger Porzellanftatuetten mit diefen Figuren vom Naturtheater überein-
geftimmt haben, welch letztere — und das ift für die ganze Frage des 3ufammenßangs
zwifcßen Porzellan- und Großplaftik noch von befonderem Intereffe — im Jahre 1768
auf Anordnung des damaligen Fürftbifcßofs „auf Porzellanart“ bemalt wurden2. Übrigens
ließe fich vielleicht aud) aus dem ümftande, daß die Sockelbildung fowoßl der Würz-
burger wie der FJöcßfter Serie in ganz ähnlicher Weife auch bei gewiffen Plaftiken in
Veitsßöcbheim — fo z. B. bei den beiden Schweizerfiguren im FJofgarten (Äbb. 132
a. a. O.) und bei einer Vafe ebenda (Äbb. 147 a. a. O.) — vorkommt, auf Beziehungen
zwifcßen den Veitsßöcßheimer Skulpturen und obigen Porzellanftatuetten fcßließen. Doch
möchte ich hierin nicht zu weit gehen und lieber die ganze Frage, ob Großplaftik oder
Graphik beeinfluffend und befruchtend auf die Modelleure eingewirkt haben, offen
laffen, um fo mehr, als z. B. auch auf einer im Würzburger Schlöffe aufbewahrten
Folge von Wandteppichen mit burlesken Szenen (Karneval von Venedig), die von Andreas
Pirot nach Kartons des Hofmalers Biß in Würzburg gewirkt find3, eine ganze Anzahl
von Masken begegnen, die mit unferen Porzellanftatuetten eine auffallende Ähnlichkeit
zeigen. So finden wir hier z. B. den zitßerfpielenden Bagolin, den Fjarlekin mit der
Pritfche, den Doktor Baivarel, den Pantalon u. a. m., die nach Äuffaffung und Be-
wegung recht wohl die Vorbilder für die Fürftenberger und Fjöcßfter Figuren hätten
gewefen fein können, während andere wiederum auf die Figuren einer dritten Komö-
diantenferie, die vermutlich Veilsdorf zugefchrieben werden muß4, eingewirkt zu haben
fcheinen. Jedenfalls dürfen diefe Teppiche oder vielmehr ihre Vorlagen, mögen diefe
nun von der FJand jenes Würzburger FJofmalers berühren oder, was ich für waßr-
fcbeinlicßer halte, lebten Endes franzößfcßer Fjerkunft (vielleicht von Ä. Coypel?) fein,
neben dem bekannten, 1730 zu Paris erfcßienenen Werke Riccobonis „Fjiftoire du tßeätre
italien“ und den von mir nacßgewiefenen Stießen I. B. Probfts nach Seicßnungen
J. J. Scßüblers5 als eine weitere wichtige Quelle anzufeßen fein, der die Porzellan-
plaftiker gegebenenfalls die Motive zu ißren Figuren aus der italienifcßen Komödie zu
entnehmen pflegten. Ob aber auch Feilner und fein F)öcßfter Genoffe gerade diefe, woßl
ebenfalls durch Stiche vermittelte Quelle benutzt oder auf anderem Wege, fei es durch
die Grapßik oder vielleicht auch durch die Großplaftik, ißre Anregung empfangen haben,
ei daßingeftellt; die Catfacße, daß fte ißre Figuren nach beftimmten Vorlagen6 ge-
arbeitet ßaben, fteßt jedenfalls außer 3weifel, dürfte aber ißrer Tüchtigkeit kaum Ab-
bruch tun, zumal fie hierin nur dem allgemeinen Brauche und dem Beifpiel ißrer Kol-
legen an anderen Fabriken folgten, die — und das gilt felbft von den erften ißres
Facßes — diefem Brauche jederzeit oßne Scheu gehuldigt ßaben.
Wenn fomit auch nicht alle Fragen, die pcß an die Fürftenberger Komödiantenfiguren
Simon Feilners knüpfen, in völlig einwandfreier Weife gelöft worden find, wenn ins-

1 Ä. a. O. S. 184. — Komödianten als Gartenfiguren u. a. aud) im Schlöffe ÖLIacbau bei Dresden.
Vgl. Bau- und Kunftdenkmäler des Königreichs Sacbfen VII, 26, S. 276.
2 Vgl. zu diefer ganzen Frage Eva Luife v. Stöffel, Ferd. Cietj. Ein Rokokobildbauer ufw.
S. 89 ff.
3 Siebe F). Göbel, ttlürzburg und Fulda, in „Cicerone“ XII (1920), S. 821, 851, 853 und F)- Scbmig,
Bildteppicbe, Äbb. 90, S. 170.
1 Vgl. Cbe Burlington Magazine XIV (1909), S. 217 (E. <U. Braun) und die dazugehörige Tafel mit
den Nrn. 2, 8, 9 ufw. und ferner meinen Äuffajj in Cicerone II (1910), S, 261 ff.
* Cicerone II (1910), S. 261 ff.
* Äuf diefelben Vorlagen geben wobl aud) die Cüiederbolungen einiger Figuren der IJöcbfter
Serie aus Y)o\z und Elfenbein zurück, in denen Krüger a. a. O. S. 14f. die Modelle jener Porzellan-
figuren erkennen wollte.

80
 
Annotationen