Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Beitz, Egid: Ein neuer Stephan Lochner?
DOI Artikel:
Basler, Adolphe: Pariser Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0172

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
von Edmortd Kayfer, diefes ganz bedeutenden Graphikers, die mir fympathifcher ßnd
als all die pilipifche Gefchicklichkeit eines Gimmi, Lhote, Biffiere, oder eines
Cheophile Robert.
Die Kulthandlungen habcn die Saifon mit mehr oder minder impofanten Aus-
Peilungen eröffnet.
Die Galerie Barbazanges trägt mit ihrer Coubine-Äusftellung (Landfchaften
aus Italien, der Provence — große Kompofitionen, Blumenftücke) einen anfehnlid)en
Erfolg davon, mag auch diefem Vorläufer des kommenden Klafpzismus in den
Reihen der Maler, Kritiker und Amateure fowohl aufrichtige Bewunderung wie feind-
liche Ablehnung begegnen. Die Galerie Cheron zeigte naive und friph hingemalte
Landfehapen Boyers; eines Kartoffelröpers vom Montmartre und die Kompofitionen
eines braven Mechanikers von Beruf, namens Bongrain, deffen Bilder zuweilen an
den Charme des Douanier erinnern mögen. In ähnlicher ÜJeife hat die Galerie Simon
das Intereffe für volkstümliche Kunft durch eine Äusftellung „Unbekannte Maler“
erweckt. Beide Ausftellungen fanden in Maurice Raynal einen achtbaren Anwalt.
Die Galerie Bernheim jeune ladet in letzter 3eit zum Befuche ihrer in alpha-
betifcher Reihenfolge zufammengepellten Gruppenvorführungen aller irgendwie im Vorder-
grund ftehenden Parifer Künpler von heute ein, unter denen Derain, Friefz, Picaffo
Nachbarfchaft haLen mit de la Fresnaye, Coubine, Griz, Matiffe, Laprade,
Charles Guerin ... In der Galerie Licorne zeigt uns Kars eine Serie ebenfo
empßndungsreicher wie vollendeter 3eid)nungen, bei Billiet erweift pch le Fauconnier
als gewandter Aquarellift.
Leonce Rofenberg pellt die „constructeurs modernes“ aus, die es ihren Kollegen
in Antike und Mittelalter gerne gleichtun möchten. Diefe „modernen Konftrukteure“,
wie pch gewiffe kubiftifche und nachkubiftiphe Maler und Bildhauer je&t betiteln, haben
glücklicherweife nichts gemein mit jenen anderen Konftrukteuren und Architekten, die
berufen pnd, uns 5aus, Brücke, Cunnel und andere Kunftweike zu fchaffen.
Doch was mich im Bilde der heutigen Kunftentwicklung am meiften erfreut, ip die
Catfache, daß zahlreiche moderne Künpler die klaffifcße Afttjetik zu adoptieren [cheinen.
So zeigt z. B. de la Fresnaye in der Galerie Marfeille eine Reihe von 3eich-
nungen von faft einwandfreiem Klaffizismus — zu meiner befonderen Genugtuung, da
ich als erfter vor ungefähr acht Jahren de la Fresnaye diefe Entwicklung vorausgefagt
habe. So entdeckt man hier fchließlich den Louvre und ein Kubift wie Mefctnger
z. B. fchwört heute nur noch auf die heiligen Geifter der Mufeen.
Die ganze Modernität ftetp auf dern Spiele. Eine Cendenz, den großen Vorbildern
nachzueifern, geht durch die Bewegung, um der Kunft, die nachgerade zu verludern
drohte, wieder zu altem Adel zu verhelfen.
Nur abwarten und man wird auch Derain feine zu „genaue“ Kenntnis der Mufeen
kaum mehr zum Vorwurf machen (ein Vorwurf, der im übrigen übertrieben ift) und
man wird es fchließlich zumindeft ebenfo verdienftlich pnden, aus dem reichen Bronnen
der großen Kunft des Louvre zu fchöpfen, als den derzeit von Kunfthändlern kotierten
Malern nachahmend zu folgen.

148
 
Annotationen