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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 7
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Goebel, H.: Deutsche Wandteppichmanufakturen im 18. Jahrhundert: Die Bildteppichmanufakturen in den Markgrafschaften Bayreuth und Ansbach
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0338

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gs bedenklid). 1687 liebt fiel) die Einwanderung in befonders ftarkem Maße, ins-
gefamt werden etwa 800 franzößfdje und 600 [alzburgifd|e Flüchtlinge gezählt. Äm
15. Auguft des gleichen Jahres gewährt der Markgraf den ougewanderten einen eigenen
Gerichtshof; die Anlage der Perfonallißen ermöglicht die Nachprüfung der Berufstätig-
keit. In dem „Estat des refugies de France qui h^bitent a Barheit(l)“ vom Oktober
1686 erfcheinen „Jean de Chaseaux de Buisson (Aubuffon) eri la Marche, tapissier, sa
femme et quatre enfants“. Der Meifter gehört einer der angefehenften Klirkerfamilien
von Aubuffon an. Sein Ahnherr Francois betreibt um 1580 ein anfehnlidjes Atelier,
der zum katholifdjen Bekenntnis zurüdegekehrte 3WGig der Familie ift noch im 18. Jahr-
hundert in der Beimat tätig, Antoine Dechazaulx — die Schreibweife des Familien-
namens wechfelt ftändig — gründet in Autun (1700), Etienne und Jacques eröffnen in
Bordeaux (1661), ein zweiter Jacques in Limoges (1685) felbftändige Manufakturen.
Die Nachrichten über das Erlanger Atelier des Meifters Jean fließen fpärlid). Ich
habe vergebens verfud)t, in den einfd)lägigen Akten der Archive Bamberg und Nürn-
berg weitergehende Äuffd)lüffe zu ermitteln. Daß die Manufaktur nicht ohne Erfolg
arbeitete, beweift das „inventarium über die im Bod)f. Schloß vorhandenen Meublen
und andere Sachen mehr, wie folcbe befunden worden den 28. Januarii Anno 1721 “L
Leider werden die fed)s Folgen mit insgefamt 34 Ceppichen — fed)s hingen zuvor
in der reformierten Kirche — nicht näher erläutert: „. . . gewürckte Capeten von Erlanger
Arbeit.“ Klar äußert fid) dagegen die „Conpgnation über fämtl. im Fjochfl. alten und
neuen Schloß zu Bayreuth vorhandenen Meubles und Geräthfchaften“, befd)rieben bei
der am 15. Aug. 1785 vorgenommenen Revifion3. Es hängen „im erften Vorzimmer
der Frau Bsrzogin Durd)l.:
Vier Stück Capeten von Bauteliße, die vier Elemente vorftellend, von DedjaUeaux,
Im Audienz-Gemad): Fünf Stück Bauteliffe mit braunem Grund und bunten Götter-
Figuren und Decorationen, fo von Erlang h^aufgekommen“. Im neuen Bochfürßl.
Refidenzfd)loß befinden ßd) „Ein gewürcktes Portrait in fd)Ied)ter Rahm, einen alten
Bettelmann vorftellend, von Oechsler“. Id) erwähne das Stück, trotjdem kein Manu-
fakturenhinweis auf Erlangen deutet, aus dem Grunde, weil das Dechazauxfche Atelier
nachweislich Porträtwirkereien fertigte. Die Elementenfolge von vier Behängen pnden
wir wieder unter Nr. 69 in dem „Inventarium über die in den 3>mmern dGS aiten unc* *
neuen Sdpoffes in Bayreuth bepndlid)en Meubles (10. September 1798)s.
Die Groteskenfolge (fünf Behänge) erfd)eint diesmal mit blauem Grunde. Es iß
fchwer zu entfeheiden, ob die in den Verzeichniffen erwähnten Serien den Ateliers des
älteren Jean Dechazaux (gep. 12. Dezember 1728 im Alter von 66 Jahren) oder der
Cüerkftatt des gleichgenannten Sohnes (um 1700 geboren; die Mutter Fran<;oife iß eine
Angehörige des Aubuffoner ttlirkergefchlechtes Nermot) entßammen. Jean II. Ded)azaux
führt 1727 Judith Roman zum Altäre, er übernimmt mit feinem jüngeren Bruder
Rudolph die väterliche fflerkftatt, fein Ableben fällt auf den 21. Mai 1779. Aller
6üahrfcheinlid)keit nach arbeiteten im wefentlidjen Vater und Sohn nad) den gleichen
Modellen, die Kartons ftammen zum Ceil nod) aus Aubuffon, u. a. die Folge der Ele-
mente, die die bekannte Le Brunfd)e Gobelinferie mit gewiffen Vereinfachungen und
Abänderungen kopiert. Über die Art des Betriebes des jüngeren Dechazaux gibt ein
Aktenßück im Kreisard)ive Bamberg4 genaueren Auffdpuß.
Meifter Jean wendet ßd) unmittelbar nach dem Ableben des Vaters an die hod)-
fürftliche Regierung mit der Bitte, aud) ihm die Befreiung von „3ug 6CIad)t und Ein-
quartierung“ zu gewähren. Die Bewilligung wird unter dem 3. Oktober 1729 ausge-
fprod)en. Bereits vor 1732 erfolgt die Ernennung zum „Fjoff Capizier“. Der Betrieb
1 Ärdjivalien des Kreisarcbives Bamberg. Rep. 188 II Nr. 1675 (235/15).
2 Ard). des Kreisardpves Bamberg. B°fkammerarcbiv. Rep- 207, Nr. 45 (242/17). Bd. S. 77/78.
;1 Bofkammerardjiv. Rep. 207, Nr. 45 (242/17). Beft S, 6.
* Rep. 125, S. 125, Nr. 22.

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