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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 7
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Zülch, Walther Karl: Die Grünewaldlegende
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0364

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der Enkelfcpülertradition Saridrarts“ zu erklären, d. p., daß verblaßte Erinnerungen an
diefen Mathis Grün den Sandrart verwirrt patten, als er feine Grünewaldbiograppie
fcprieb. Dann führte id) in meiner zweiten Veröffentlichung die ganz außerordentliche
Künftlerperfönlichkeit des Mathis Gothardt, alias Nithardt, eine phänomenale Erfcheinung,
in die Kunftgefcpicpte ein. Mit Fjänden zu greifen waren die Beziehungen, die vom
Gotpardt-Nitpardt zum Schöpfer des Werkes gehen, das unter dem Namen „Grüne-
waid“ uns bekannt ift. 3U allen anderen Parallelismen kam das Merkwürdigfte: das
pcher überlieferte, aber rätfelhafte Monogramm des fogenannten Mathis Grünewald
von Äfchaffenburg (das, wäre diefer Name richtig, M. G. Ä. heißen mußte), alfo jenes
Monogramm M. G. N. fand in Mathis Gothardl-Nithardt eine Löfung! Bevor nun das
Urteil formuliert wurde: Grünewald ift Gothardt-Nithardt zu benennen, war m. E., weil
es ßd) eben um keinen Geringeren dreht als Grünewald, das Ergebnis der neuorien-
tierten Forfcpung abzuwarten, ob nämlich die Archive der Grünewaldftätten, alfo Mainz,
Äfchaffenburg, Fjalle, Mainzer Äkten in Würzburg u. a. über Gothardt-Nithardt
eine Antwort geben, nad)dem fie über Grünewald gefchwiegen hatten- W. Rolfs
bringt in feinem Budie1 zu diefen notwendigen Fragen kein neues Material, er kom-
biniert die grundlegenden Forfcpungen Ä. D Sd)mids, dazu die neuere Grünewald-
literatur mit den Publikationen 3nld)s und verlegt den Anfang des, nun nicht mehr
Grünewald, fondern Gothardt-Nithardt nach Würzburg, weiter nach Ulm. ßier beginnt
der felbftändige Wert des Buches in wichtigen Beiträgen zur Würzburger frühen Malerei.
Gute Abbildungen begleiten den vorzüglichen Druck. Noch ein Sd)lußwort, weil es um Grüne-
waid geht, der mir menfcplid) noch näher ftept als kunfthifiorifd). Ich habe die Gotpardt-
Nitpardt-Urkunde acht Jahre forgfam gehütet, ehe id) pe mit größter Vorpcpt und
Akribie herausgab, auf freundliches Drängen. Kaum ein Jahr darauf fcpreibt W. Rolfs
nur mittels diefer Urkunden, ohne eigenes bewiefenes Material ein dickes Buch, das
ob feines Citels als Beiträge W. Rolfs zur Grünewaldforfd)ung bereits in 3e*tun9cn
zenpert ift — obwohl Gel)eimrat Rolfs nur interpretiert und eine Möglichkeit zur Cat-
facße erhebt. Id) bin felbft durd) forgfame Nachprüfungen überzeugt, daß im Kopfe
des alten Fjerrn Sandrart aud) mit dem Namen Grünewald ein Irrtum paffiert ift, und
daß das Phänomen Gothardt-Nithardt einmal wieder zu feinem Werke kommen wird,
aber es bedarf nod) einer Spanne und Anfpannung deutfd)en Forfd)erpeißes! Bis
dahin hätten die Urkunden im Repertorium genügt, pe waren nod) nid)t reif für breitere
Öffentlichkeit! Langfam öffnen fid) die verfd)üiteten Schächte. Schon ift Fjans Grimmer
gefunden und Adam Grimmer (Uffenbad)s Lehrer und Mittelsperfon für Sandrart), durch
datiertes Werk und Codesjahr feftgeftellt. Der Frankfurter Grünewaldfammler Abraham
Sd)elkens wird als 3eu9e auftreten, der zwifchen 1636 und 1639 den grappifcpen
Nachlaß Grünewalds kaufte — oder Gotpardt-Nitpardts? Die greifbare Fjypotpefe wopl,
aber nicpt der Schatten eines Beweifes ergab pcp aus meinen Frankfurter Urkunden,
daß Matpis-Gotpardt-Nitpardt das Monogramm M. G. N. auf der Frankfurter Grüne-
waldtafel im Städel fcprieb. Nachdem bereits Oscar Fjagen in feinem Grünewaldwerk
meine Gotpardt-Nitpardturkunden aufnahm und aud) in der dritten Auflage feines Buches
die verfprocpenen Nacpforfcpungen in Italic fcpuldig geblieben ift, folgt nun W. Rolfs
und folgert, opne aud) nur eine neue Quelle beizubringen, aus meinen Urkunden
die Behauptung: Gotpardt-Nitpardt ift Grünewald. Was nod) zu beweifen wäre!
Anmerkung der Redaktion. Eine kritifepe Cüfirdigung der Rolfsfcpen Arbeit erfolgt dem-
näcpß noch von anderer Seite an diefer Stelle.

1 HI. Rolfs, Die Grünewaldlegende. Kritifdje Beiträge zur Grünewaldforfcpung. Verlag K. tü. hierfe-
mann, Leipzig.

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