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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 9
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Kreisel, Heinrich: Carl Maximilian Mattern: ein Würzburger Kunstschreiner des 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0442

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und felbftverftändlicp; die Fläcpenfüllung ift überficptlicp. Da ich keinem der bekannten
Ulürzburger Ornamentiker den Entwurf zu diefer Marketterie zufprecpen kann, ift es
nicpt ausgefcploffen, daß ihn Mattem [elbft gefertigt pat; daß er auch eigene Entwürfe
gefertigt pat, ift, wie oben erpcptlicp, belegt. — Die vergoldeten Scpnifeereien Gg. Ä. Gutp-
manns geben dem ganzen Fjabitus erft die fürftlicp prunkvolle Note. Ulir paben es
dabei mit fcpweren, faft fpätbarock anmutenden Formen zutun; in der klaren Scpnittig-
keit der Rokaille und der ftraffen Schraffur des Akantpus unterfcpeidet pep pier Gutp-
mann klar von der üppigeren und faft zerfließenden Formengebung Ulolfgang van der
Änveras. — Die Upr war für das pocpf. Äudienzzimmer beftimmt. Ipr fatter warmer
Bolzton ftand dort vor dem karmoißnroten Samt des Ulandbepanges.
Im Befitjftand des Ulürzburger Luitpoldmufeums befindet pep ein Scpreibfcprank
(Abb. 2—4), der nach den oben angeführten Befcpreibungen der Arcpivalien identifcp
ift mit Matterns „Crifur“. Das Ingelpeimer (Happen zeigt pd) als die fpätere 3utat,
darüber prangt noch die Kaiferkrone, die von den Ulürzburger Bifcpöfen nur der
Reichsvizekanzler Friedrich Carl von Schönborn führen durfte1. Augenfällig an dem
Möbel ift die eigenartige Gedrücktheit der Proportion; diefe Catfacße mag mitgefpielt
haben bei der Ablehnung des Stückes durch Friedrich Carl; wenn der Fürft eine „der-
artige machine . . . nicht mehr fcpicklicp“ empfand zu „fürftl Gebrauch“ —, dann war
ihm die Form zu altertümlich; und in der Cat atmet die fchwere Grandezza der Silhouette viel
mehr Barode- als Rokokogeift2 3. — Mattem gibt an, an dem Möbel vier Jahre gearbeitet zu
haben, demnach ift die 3ßit der Anfertigung auf 1739 bis 1742 anzufetjen. — Das
Möbel befteht aus einem tifchartigen Unterteil mit Auszugsbrett zum Schreiben; darauf
ruht der fchrankartige Auffaij mit Schubladen und Cüre. Jeder bewegliche Ceil des
Möbels ift in pd) gefchweift. Dasfelbe gilt für die Grundform als Ganzes. Das Möbel
ift auf Eicpe fourniert, bzw. eingelegt. Die Gründe pnd Nußbaum-, Nußbaumwurzel-
holz, an der Cüre fpeziell auch 3yPreffei die Rahmungen pnd in Pallifander, Nuß und
an den Seitenwänden des Kaftens in fchmalen Ebenholzbändern in dünnliniger fchmaler
Umrahmung ausgeführt. Bewunderungswürdig ift die ted)nifd)e Exaktheit der Mar-
ketterie, die vor allem in der paarfeparfen Fugenreinheit zum Ausdrude kommt. Die
Elementftücke der ornamentalen Intarpen beftehen aus Elfenbein, die Modellierung der
Motive erfolgte in Stid)manier durch dunkle Afeung („auf Kupferart geftochenes Laub-
werk“ !) Der Entwurf zu diefen Elfenbeineinlagen muß aus ftiliftifchen Gründen für
Ulolfg. v. d. Auvera gebucht werden. Befonders ein Vergleich mit Auveras gleichzei-
tigen Entwürfen zum Spiegelkabinett* zeigt die Gleichartigkeit der Motive in der An-
ordnung der Mascarons, in der Cypik der fd)nabelförmigen Ausläufe der Rocaillen,
in der Verwendung der Sd)langen ufw. Die 3eid)nung unferer Intarpen ift fprüpend
geiftreid), die gegenfeitige Durd)dringung der einzelnen Motive von fpannkräftiger
Eleganz. UI. v. d. Auvera ift fieper auch der Autor der Scpnißereien der Füße und
Bekrönung. Es verrät ganz feine Band, wie pep der Akantpus an den Rändern konvulpv
lappt, wie die Rocaillen jede fubftantielle Feftigkeit verloren zu haben fepeinen, diefes
Überquellen und Überfprudeln der Formengebung. Die weiblichen Köpfe der Bekrönung
pnden pep übrigens genau wieder an einem Cifd) Ulolfgang v. d. Auveras im Spiegel-
kabinett, der gleichzeitig ift4. Vom Ulappen an der Sd;ranktüre, das mit Mefpng und
Perlmutter in den elfenbeinernen Bermelinmantel eingelegt ift, ftept das nachträglich
eingefügte Ingelpeimfcpe Scpild ted)nifcp und künftlerifcp weit hinter der übrigen
1 Irritierend bei der Beftimmung des Möbels iß die einmalige Erwähnung von 30 Schubladen
in den Hrcbivalien. Es muß pd) dabei aber um einen Diktatfepler handeln; dazu ßimmen die
arcpivalifcpen Angaben des eingelegten A\aterials, die nachträgliche Umänderung des Klappens
ufw. zu genau mit dem Scbreibßhrank des Luitpoldmufeums überein.
2 Für die Niedrigkeit der Füße kann auch die kurze Statur Friedrich Carls maßgebend gewefen fein.
3 Hbgebildet Sedlmaier-Pßfter, Cextband, Äbb. 101.
4 Äbgebildet Sedlmaier-Pßßer, Cafelband, Uafel 184.

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