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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 12
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Secker, Hans Friedrich: Neuerwerbungen der Danziger Kunstsammlungen 1919-1921
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0593

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Andreas Meyer aus Nürnberg, der 1608—1647 in Fjofrecßnungen genannt wird,
und deffen Cod)ter mit dem Königsberger Goldfehmied Philipp Fjoyer verheiratet war.
Sein Nautilusbecher aus der 3ollkammer ift das bedeutendfte von ihm bekannte Stück,
datiert 1631. Mufcßel und Kogge, und aud) der Fuß in vieler Beziehung, ftimmen
ungewöhnlich mit dem Gräwebecher überein. Nur an Stelle des kokett [ich umwendenden
Schnitters fißt bei Andreas Meyer fteif und ängftlid) eine Neptunfigur auf dem Schwanz
eines Greifen.
Die Beziehungen der beiden Arbeiten zueinander find fo eng, daß uns das Danziger
Crinkgefrf)irr als eine feßr unfreie Anlehnung an das 116 Jahre ältere Königsberger
Stück erfcheinen muß, wenn nicht gar unfere Mufchel und Kogge — die ohne Be-
fchau- und Meifterzeichen find — von Andreas Meyer ftammen, während Gräwe
fpäter lediglich einen neuen Fuß hinzuzuarbeiten beauftragt war. Die Ornamentik des
Sockels ift bezüglich ihrer Abweichungen in der Cat das Rokokomäßigfte an feinem
Becher, indes die Kartufchen an dem frühen Königsberger Vorbild den fogenannten
Ohrmufchelftil und auch die Fragen fowie die [Hellen unter dem Neptun charakteriftifd)
barockes Gepräge verraten. Aber man wird bei diefer Qnterfud)ung kaum zu einem
pcheren Ergebnis mehr gelangen können. Denn wenn auch Gräwe nur den unteren
Ceil gearbeitet tyaben follte, wofür, abgefehen von den Details, auch dm Achtung vor
[einer künftlerifchen Selbftändigkeit fpricht, fo \)at er wahrfcheinlid) bei folcher Ge-
legenheit auch Crinkmufchel und Kogge „aufgefrifcht“ und möglicherweife um einige
die Stilkritik nasführende Einzelheiten bereichert.
Aud) diefes Stück ift bei Czihak noch unerwähnt.
4. Silbergetriebener Deckelbecher von dem Danziger Meifter Fjieronymus Fjoll III.,
der von 1709—1795 gelebt \)at. Fjöhe 33,5 cm. Danziger Befchau- und Meifter-
zeichen Czihak Nr. 462, fowie Nebenzeichen CC, Chriftoph Cürck, der 1752, 1758 und
1764 Ältermann war. (Stiftung Senator J. Jewelowski.)
Auf kreisrundem Seßrand erhebt pch der nach oben fleh verbreiternde Becher, der
in großen hochßehenden Roccailkartufcßen die getriebenen Szenen der Opferung Ifaaks
und den Ringkampf des Cobias mit dem Engel (Abb. 12) zeigt, Darftellungen, die eine
gute plaftifcße Schulung verraten. Auf dem Deckel wieder Roccailornamentik mit ein-
geftreuten Rofenzweigen und darüber als freie Bekrönung ein naturaliftifch modellierter
Adler, der auf einem 3weig [ißt.
Auch in der Kunft diefes Enkels des gleichnamigen aus Augsburg eingewanderten
Danziger Meifters mag man noch fremden Geift, das füddeutfche Cemperament, ver-
fpüren. Cechnifd) gehört diefer bisher unbekannte Becher jedenfalls zu den reifften und
ftilreinften Rokokoleiftungen des deutfchen Nordoftens.
5. Vier filberne Sdjüßenlöffel, datiert 1821 —1824, mit Danziger Befchau- und dem
Nebenzeichen des Meifters Carl Stumpf, der 1814, 1818 und 1819 Ältermann war.
Länge je 23 cm. Auf der Oberfeite der Stiele das von zwei Löwen gehaltene Dan-
ziger Stadtwappen unter den ausgebreiteten Fittichen des Preußenadlers. Auf der
Unterfeite, ebenfalls reließert, je ein fteßender Schüße, der nach einem auf der Löffel-
rundung eingravierten 3iel> einem Storch bzw. einer Schüßenfcheibe, zielt.
Von fonftigem Metall find zu erwähnen: Eine edelgeformte 3irmterrine, wahrfchein-
lich Königsberger Arbeit von 1787 (Stiftung Stadtrat von Kolkow); zwei ferbifche
Kanonenrohre, Bronze, von 1835 (Stiftung Feldmarfchall von Mackenfen); und endlich
eine gußeiferne Ofenplatte mit Darftellung des Raubs der Europa, die ihrer kompo-
fitionellen Schönheit wegen ßßrvorgehoben fei.
In die Abteilung Keramik kamen folgende Gegenftände:
Eine nach chinefifchem Vorbild geformte bemalte Meißener Ceekanne der Fjörold-
periode; ein Meißener Deckelbecher mit Schneeballenmufter; eine Stralfunder Fayence-
figur, weißglafiert, einen flötenden Knaben darftellend, Empirezeit; eine Dachpfanne
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Der Cicerone, XV. Jaljrg., ßeft 12

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