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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 13
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Schmidt, Werner: Die Romantikerfamilie Schmitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0616

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träcfytlid) zu — aber können uns höchftens noch die malerifchen Feinheiten erfreuen,
inhaltlich find fie von einer großen Leere und in ihrer Sentimentalität und frömmeln-
den Pofe für unferen Gefchmack unbefriedigend. — Klie anders der Porträtift, der
Stilleben- und Landfd)aftsmaler G. PI). Schmitt! Da ift einmal das Bildnis feines Vaters
(1839) (Abb. 1), Xellers Vorbild getreu vor die Landfcl)aft feines Geburtsortes Klolf-
ftein geftellt, fd)licht und einfach, klar in Linien und Farben. Oder gar das einzig-
artige Aquarell feines Sohnes Guido (1848) (Abb. 3), vielleicht das Befte, was er über-
haupt fchuf, techmfch von hoi)2*- Vollendung in der Sicherheit der verfd)lungenen
Linienführung, in der Zartheit der Farbgebung und von wirklich innerlicher Befeelung.
An diefem Bild ift alles wahr empfunden! Diefe lebendige Art der Kliedergabe, die
fo ganz dem Kiefen des Dargeftellten gerecht wird, fprid)t auch aus der Reihe der
charakteriftifchen Profefforenköpfe, die in den dreißiger und vierziger Jahren in Heidel-
berg entftanden, zuerft in Sepia, dann in Federzeichnungen, locker und flüffig im Strich-
Aber das rechte warme Leben erhielten feine Porträts doch erft durch die Farbe, deren
feine Cönung im Verein mit einer oft minutiöfen Pinfelführung Klerke von außerordent-
lichen Reizen ergaben. Daß gerade dadurch Georg Philipp unmittelbar auf das Gebiet
der Miniaturmalerei gewiefen wurde, ift begreiflich- Hier entftehen kleine Koftbarkeiten
wie der „fchlafende Guido als Kind“ (Abb. 7), prachtvoll gefchloffen in den Konturen,
leuchtend in den Farben, tief im Empfinden. — Im Stilleben, für das er eine echt
romantifche Ausprägung fand, gibt er feingliederige Pflanzen oder Blütenzweige, greif-
bar plaftifcl) meift auf fd)warzen Giünden, tief einfühlend in den Organismus, ohne
dozierende Aufdringlichkeit. Seine Vorliebe für Landfchaftsbücke, wie er fie auf den
Porträts verwendet, führt auch zu einer Vereinigung von Stilleben und Landfchaft.
Man muß fiel) auf dem „Brautkranz“ (1856) (Abb. 5) einmal diefe Landfchaft genau
anfehen mit der zierlichen, fdjwankenden Rofenranke vor dem Fenfter, mit dem fd)lanken
Curm der Heidelberger Heiliggeiftkirche, von deffen Spitje die Fahnen flattern und die
Stadtmufikanten ein luftiges Feftlied blafen, mit dem Flußlauf und feinen kleinen Schiffen
und mit den fanftgefchwungenen Hügelketten. Hier ift Realismus, Romantik und Innig-
keit gepaart wie auf allen Landfd)aften. ünd fo finden wir denn auf dem Gebiete
der Landfd)aft$malerei feine allerbeften Schöpfungen und ihn auf (Hegen, die der 3eit
vorauseilen. Seine frühen LandTcljaften find faft ausfd)ließlid) in Aquarell, ted)nifd)
und inhaltlich mindeftens fo hocf) wertig wie die fpäteren in öl. Kleid) unnennbarer
3auber ift über dem großen Aquarell „Klolfftein im Lautertal“ (1831) (Abb. 8) ausge-
breitet, die abgeklärte Ruße eines füllen Abends, wo fiel) die Farben in der beginnenden
Dämmerung verfcßmelzen. In den fcßlanken italienifcßen Pappeln, die geradlinig das
Bild durd)fd)neiden, liegt eine leife Vorahnung von Böcklinfchem Ernft! — Heidelbergs
Schloß und feine Klälder gaben ihm neue Motive, die er in reicher Fülle in feinem
Skizzenbud) niederlegte, Farbenakkorde von beftrickendem Klohlklang. Immer ift es
das Grün der Landfchaft, das er in allen Schattierungen meiftert, und diefes Grün
fteigert er zu höchfter Intenfität auf feinen Ölbildern. Hier ift die Linie, die über die
badifche Landfchaftsmalerei bis zu Crübners Bildern führt, unfd)wer zu finden. Es ift
der gleiche Gei ft, geboren aus der gleichen tlmgebung, der das einende Band fd)lingt.
Betrachtet man das Klerk feines Sohnes Guido (1834—1922), nächft dem Vater die
künftlerifd) bedeutendfte Perfönlid)keit der Familie, fo trifft man auf eine weitgehende
Verwandtfchaft. Vielleicht ift er noch mehr Romantiker als der Vater, zum mindeften
fällt bei ihm der die Entwicklung Georg Philipps nicht vorteilhaft beeinfluffende naza-
renifche Einfd)lag weg. KIal)re, innere Befeelung, klare, fichere Linienführung, feinftes
Empfinden für Farbenftimmungen zeichnen die meiften feiner Klerke von frühefter
Jugend an aus. An der Spitze ftehen die Gefchwifterbildniffe, Aquarelle, deren Reiz
in der Reinheit der Auffaffung und in der fchwingenden Harmonie der Farben liegt.
Ein 14jähriger fchuf das „fißenden Mädchen in weiter Landfchaft“ (1848) (Abb. 6),
mit feiner unaufdringlichen Sprache, feinen ruhigen Konturen und feinem Farbendrei-

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