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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 13
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Schmidt, Werner: Die Romantikerfamilie Schmitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0621

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klang von zartem Lila, Braun und Grün. menige Jahre [pater beherrfd)t er völlig die
öltedjnik, malt den feinen Kopf feiner Schwefter Elife (1852) oder komponiert mit
fidleren, klaren Linien feine kleinen Familienftücke (Mutter und Bruder Nathanael,
1852) (Abb. 4). Der ftille 3auber heimeligen Fleißes und Glücks liegt darin, von einer
Empfindungstiefe, wie man fie kaum bei einem Achtzehnjährigen zu finden glaubt.
Man muß fchon an Dans Q)oma denken, wenn man diefe Bilder betrachtet. Das
Feinfte und F)öd)fte an Verinnerlichung aber bedeuten feine Kinderbildniffe, die ihn in
England zum gefeierten Maler machten. Er weiß die ganze 3artt)eit und meichheit
eines Kindergefid)tes zu erfcßöpfen, die rührende ünfchuld und das felbftverftändliche
Vertrauen. So ift er wirklich ein Meifter des Kinderbildniffes. mer aber hat dies je-
mals gewußt und gewürdigt? Und wer ahnte auch nur, daß zur gleichen 3eit in Eng-
land Landfchaften von unbedingter Originalität entftanden? Cedjnifd) von höchfter
Vollendung, von zwingender Gewalt und Eindrucksftärke, mit einem Reft Romantik,
der als Selbftverftändlichkeit empfunden wird, überragen fie die gleichzeitige deutfche
Landfchaftsmalerei. Man hofft auf die 3eit> wo man mehr von diefen Arbeiten, die
zumeift in England find, zu fehen bekommt, von diefen Arbeiten, die nicht allein einen
Höhepunkt im Schaffen Guidos, fondern and) in dem aller vier Schmitts bedeuten. Sie
und die Kinderbildniffe müffen für die Zukunft den Plats, den Guido Schmitt in der
deutfchen Kunftgefchichte einnimmt, beftimmen. Es muß endlich einmal mit dem Vor-
urteil aufgeräumt werden, das fiel) an merke eines alternden Künftlers klammert! Der
gerechte Beurteiler wird auch im Alterswerk Guidos noch Bilder von Bedeutung finden.
Er blieb Romantiker und wob aus Abendftimmung und Nebelfchleiern aud) im
hohen Alter merke von großem koloriftifcßen Reiz, befonders in den Anfid)ten vom
Klingenteich bei fjeidelberg, wo er bis zu feinem Code wohnte. Der „Abend im
Klingenteicher Garten des Malers“ von 1914 ift direkt eine Verkörperung des viel
zitierten Satjes, den der Klortführer der Romantik, Ludwig Cieck, im Prolog zum
„Kaifer Oktavian“, dem typifchften ÜUerk der Romantik, niederfchrieb: „Mondbeglänzte
3aubernad)t, die den Sinn gefangen hält, wundervolle Märchenwelt, fteig auf in alter
Pracht!“
3wifd)en diefen beiden Romantikern, dem Vater Georg Philipp und dem Sohne
Guido, deren Lebensdauer mehr als ein Jahrhundert umfd)ließt, liegt das Wirken der
beiden anderen Schmitt. Franz, des Bruders von Georg Philipp, und Nathanael, Guidos
Bruder. Franz (1818—98) ift der treue Schüler feines Bruders, an den er fiel) im
Porträt und im Stilleben anlehnt, ohne dabei — wenigftens anfänglich — allzu ori-
ginell zu fein. So ähneln die frühen Stilleben ganz denen von Georg Philipp. Neben
den ftiliftifd) mit den Arbeiten des Bruders durchaus verwandten „Myrtl)enzweigen“
(1842, 1849) ftoßen wir aber in den 40er Jahren bereits auf kleine merke, in denen
fiel) der RJunfch nad) ftärkerem Realismus und erhöhter Farbigkeit leife regt, wie bei
den „Erdbeeren und fjimbeeren im blauen Glas“ (1845) (Abb. 2), im übrigen ein Bild
von beftrickendem farbigen Reiz in der 3urarnmenrtcllung von Blau, Grün und ver-
miedenem Rot. Später fteigert er diefen Realismus, malt Früchte von fabelhafter
Naturnähe und übertrifft zweifellos darin den Bruder. Aber der Stimmungsgehalt geht
dabei verloren und bei allem ted)nifd)en Raffinement find die Bilder ärmer an Aus-
druckskraft als die Stilleben von Georg Philipp. — mie fiel) der Porträtift Franz Schmitt
entwickelte, läßt fid) zur 3eit nod) nicht überfehen, da erft jetjt eine größere Anzahl
von Bildniffen aus Privatbefitj auftauchen. Sein bekanntes Selbftporträt, ebenfalls ganz
im Stil des Bruders vor einen romantifd)en Landfd)aftsl)intergrund geftellt, ift ein aus-
gezeichnetes öderk, das aber in feiner bisherigen Ifoliertheit zu keinem abfd)ließenden
ürteil berechtigt.
Nathanael (1847—1918), der jüngfte Sohn Georg Philipps, war ebenfalls Schüler
feines Vaters, ift aber ftiliftifd) kaum verwandt mit einem der drei anderen. Von Ro-
mantik fpüren wir in feinen merken fo gut wie nichts. Denn ftärker als der Einfluß
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