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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 17
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Ehl, Heinrich: Willi Habl
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0818

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Formgefüßl genommen hat. Sie gel)t von der zeicßnerifcßen Plaftizität zu jener freien
malerifcßen Wiedergabe, zu jener Raumfuggeftion durch reine Malerei, die für die ge-
[amte europäifcße Malkunft entfcßeidendes Signum ift. Sie ftellt Fjabl bei vollem
Eigenkönnen in ißre große jaßrßundertlange Cradition. Beftimmend für diefe Entwick-
lung von der plaftifcß geformten Fläche zur malerifcl) bezwungenen Liefe des Raumes
Find keinerlei äußere Einflüße. Der Künftler war, beiläußg bemerkt, nie in Paris. Die
ßnnlicße Farbenempfindung, die eine feiner ausfcßlaggebenden Anlagen ift, hat fiel) ftets
nur an der Natur entzündet, die ißm befonders in den farbigen 3onen des Balkan
entgegentrat. So vollzieht fiel) feine Entwicklung kraft eingeborener Möglichkeiten des
Künftlers, der immer nur aus ficß und in ßcß die natürliche Fortbildung und reifende
Kräftigung feiner urfprünglicßen Begabung ausbildet. Er bezwingt das Formproblem
in jeder Art, zeicßnerifd) wie malerifcl), flächig wie räumlich, weil er das einzige Ge-
heimnis aller Malerei beßerrfcßt, Formen durch Farben zu verwirklichen. Fjabls Ent-
wicklung kennzeichnet ficß durch ein logifcß und konftant fortfcßreitendes Erfelden der
Formwerte durch Farbwerte. Aus plaftifcßer Form wird zunehmend malerifcßer Raum.
Es ift die legitimfte Entfaltung eines Latentes, das ganz dem malerifcßen Element an-
gehört, oßne feine Begabung in den Dienft des Intellektes oder einer feelifcßen Mit-
teilungstendenz zu ftellen, für die Malerei nur Mittel zum 3weck, nur ßieroglypße des
Gedankens ift.
fjabls ganzes Werk wird von einer umfangreichen Äußerung im Aquarell begleitet.
Aucß hier ift die Entwicklung zur gefteigerten fjelle und Intenfität der Farbe zu ver-
folgen. Die Lecßnik kommt dem Schwebenden und der Leichtigkeit feines empßnd-
famen Latentes ficßtlicß entgegen. Es verrät ficß in ißnen eine leichte Fjand. Aber es
lebt darin aucß der künftlerifcße Ernft, der gerade diefe Blätter zu einer Beruhigung
für den werden läßt, den die Gefaßr der Manier und des Virtuofentums ängftet. Die
malerifcße Pßantafie und der Reichtum an farbigen Gedanken wird die Gefcßicklicßkeit
nicßt aufkommen laffen, die wir perßorrefzieren. Sie find fo wenig gefällig und leer,
wie die Aquarelle Auguft Mackes und verraten die gleiche Welt- und Malfreudigkeit,
deren önbefangenßeit von keiner Oberflächlichkeit bedroht wird. Faft fcßwermütige
Lila- und Violettufcßen inftrumentieren die Grundakkorde, über denen licßtes Grün,
Blau und Rofa eine freudige und heitere Melodie anftimmen. Es liegt etwas von der
offenen Landfcßaft Böhmens darin, der der Künftler jugendliche Fjeimateindiücke ver-
dankt. Sein ausgefprocßenes Gefäß! für alle materielle Subftanz, feine Liebe für jede
Befonderßeit eines Dinglichen erweift der Vergleich mit den Gemälden. In diefen feftigt
ficß die Malerei des Öls in einer faft körperhaften Modellierung der Einzelfläcßen zum
Eindruck einer von innen belebten Dichtigkeit. In den Aquarellen iiberftrömt die leicßte
Farbe das Blatt wie freigegeben aus der gebändigten Fülle farbiger Vorftellungen.
Es wurde fcßon gefagt, daß man Fjabl keine befeffene Geiftigkeit unterfcßieben kann,
was bei der natürlichen Selbftverftändlicßkeit und unerzwungenen Sicherheit feiner Be-
gabung kein Mangel ift, fondern wefentlicße Bedingnis der 3ufammenfetjung feiner
Lemperamente. Es feßlt ißm aucß alles Literarifcße, was ein unbeftrittener Vorzug
ift. Diefe Malerei ift weder Erzählung nocß Verkündung, ift weder optifcße Spiegelung
einer erfcßöpften Gegenftändlicßkeit, nocß aufdringliche Vergeiftigung patßetifcßer Er-
lebniffe. Sie ift und will nur Verwirklichung eines inftinktiven Malzwanges fein. Sie
ßat keine falfcßen Ambitionen. Aber ße trägt zur Rehabilitierung des Begriffes Malerei
bei. Wir find wieder bereit, aucß diefe Eigenfcßaften nicßt zu unterfcßätjen. Oßne
jeden Überfcßwang im Intuitiven repräfentiert Fjabl in der Reinlichkeit feiner Begabung
ßeute jene Gruppe von Künftlern, die oßne falfcßes Geiftbekennertum zu proklamieren
im Geifte und in der Waßrßeit der Berufenen Maler ßnd.

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