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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 20
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Mende, Dietrich: Rudolf Levy
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0935

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nähme abftrakter Konftruktion, defto meßr mit Gefdjmack und Intellekt. Er ift es, der
Levy davor bewahrt, Photographie zu geben; er muftert kritifd), biegt und prägt das
Objekt, daß aus ihm Kun[twerk wird. Subjektivität? Selbftverftändlid) — einer der
Objektivierenden ift Levy nicht, die dem Bildgegenftand kühl gegenüberftehen, ohne
Verfuch, feinen Kern zu erfaßen. Bei Levy artet Subjektivität nicht zum Perfonalismus
aus; Jle bleibt ftillfcßweigende Vorausfeßung für ein Schaffen, deffen 3iel Synthefe vom
Bildner und Bildgegenftand im Kunftwerk heißt-
Synthefe ift nicht: Löfung komplizierter Probleme durch Vereinheitlichung, Stolz der
deutfchen Konftrukteure Feininger, Kanoldt, Pechftein; das heißt Vergewaltigung des
Objekts. Ganz im Stil allerdings jener Robuftheit, die typifcß für den deutfchen Ex-
preffionismus. Er ging, üraditionen-los, daran, niederzureißen; die junge Kunft Frank-
reichs knüpfte an Vergangenes an. Auf dem Boden franzößfcher Malkultur, unzer-
reißbare Linie von Fouquet über Chardin zu Cezanne, find Matiffe und Picaffo er-
wachsen.
Unmöglich, Rudolf Levy ohne das Einftrömen der Kräfte jener Kette zu denken.
Weitere, geklärte Mittelmeerftimmung, unendliche Sonne überftrahlt leuchtend feine Land-
fchaft. Geift und Anmut, Erbteil Watteaus, entfprießen feinen Stilleben, die fern zwar
expreffioniftifcher Dynamik, dennoch von Lebensfülle überquellen. Daß fie nicht die
Bildeinheit fprengt, dafür forgt bei Rudolf Levy jene Bindung vertiefter Kultur, die ihn
die Meifterung von Stoff und Material nie verlieren läßt. f
Man hat Pechftein und Levy nebeneinandergeftellt. Abgefehen davon, daß beide
Blumen malen, dürften Vergleichspunkte fcßwer zu finden fein. Pechfteins Beweglich-
keit fpielt mit dem Objekt. Levys zupackendes eindringendes Cemperament ift ge-
dämpft durch Skeptizismus wie durch 3ucht des Gefchmacks, den eine edle Konvention
gebildet hat. Von den deutfchen Expreffioniften klingt es, als verkündigten pe den
Anbruch des taufendjährigen Reichs. Aus Levy kann, wer will, ablefen: es gibt keine
neuen Wahrheiten. Ift diefe Erkenntnis nicht uns allen Lehre der leßten Jahre? Wir
lernten, daß das Wefentlicße immer und überall ift, wofern man es nur feßen will.
Dann heißt es oft, zu den verfcßütteten Quellen ßintaften, ißnen die Faffung geben,
die dem 3eitempßnden gemäß. Was man fießt, bleibt; die inneren Geflehte der Gene-
rationen divergieren; fie find ausfcßlaggebend dafür, wie Dinge und Gefcßehniffe man
gruppiert.
Sucht man, wo Stimmung und Schwingung der 3eit eingefangen, ftellt Rudolf Levys
L’Eftaque (Berlin) fid) ein. Fjeiße Glut der Spannung diefer 3eit liegt darin; ißr Cempo
nicht weniger als bezaubernde und verhängnisvolle Unbekümmertheit. Nüchternheit ift
da und Seßnfucht nach den fernften Meeren; 3ukunftsromantik und Gegenwartsfreude.
Die Kontrafte der 3eit, viele zerbrechen daran, find in perfönlicßer Art überbrückt,
Syntßefe vom Werk, Syntßefe des Menfcßen im Werk.
Gültiges? Man kann nie fkeptifdh genug fein. Gleichviel: es ift beherzte Faffung
der Welt; Rundung zum Ganzen, von der wir wiffen, daß
„Keine 3eit und keine Macht zerftückelt
geprägte Form, die lebend fid) entwickelt.“
Die Reproduktion der Gemälde von Rudolf Levy erfolgt mit freundlicher Genehmigung der
Galerie Flecßtheim.

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