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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 23
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Rackham, Bernard: Zwei neuerworbene deutsche Fayencen im Victoria and Albert Museum zu London
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1090

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Arbeiten charakteriftifcßes Kennzeichen läßt fid) bei diefem Caubenkruge erkennen.
Die 3inng!afur ift fo dünn aufgetragen, daß der Anfcßein erweckt werden könnte, es
handele [ich um eine Art von Steingut. Stellenweife aber ift die Glafur in großen,
undurchficßtigen, milchfarbigen Klellen ßerabgefloffen, die die blaue Farbe der Be-
malung ein wenig geftört hat. Schließlich mag man bemerken, daß diefer, im eng-
lifcßen Mufeum einzigartige Repräfentant des Kreußener Kunfttöpfers ganz feine perfön-
licße forgfame Arbeitsweife zeigt, auf die Profeffor Stettiner in feinem Auffalj auf-
merkfam gemacht hat.


Signatur des Cauben-Gefäßes
von Lorenz Speckner.

2. Ein Hamburger Cüappenkrug
Noch ciu Teltenes Stück deutfeßer Fayencen der Spätrenaiffance hat das Victoria and
Albert Mufeum vor drei Jahren erworben. Es ift ein in Dunkelblau auf weißer 3inn-
glafur bemalter Hamburger Krug vom Jahre 1643. Er hat die für Krüge diefer Her-
kunft gewöhnliche Form mit umgekehrt bimförmigem Körper, breitem Fuße, fcßmalem,
leicht aufwärts fid) verengendem Hälfe und kleinem Henkel. Klie die meiften Ham-
burger Krüge ift er mit einem mit gekrönter ßeraldifcßer Rofe beftempeltem 3inndeckel
verfel)en. Auf der Vorderfeite fießt man in einer zweifpifeigen Kartufcße das von
zwei Löwen flankierte Hamburger Klappen. 3wifcßen den drei Cürmen befindet fiel)
die Jahreszahl 1642, unten fteßen die von einer Hausmarke getrennten Initialen P. L.
Auf der Rückfeite zweigen aus einer unter dem Henkel aufgemalten Blättergruppe
zierliche, fpiral geordnete Laubranken ab, die mit vier großen feßeibenförmigen Blumen
die ganze Oberfläche des Kruges mit Ausnahme der Klappenkartufcße überlaufen.
Den Hals und den Fuß umgeben für Hamburger Fayencen eßarakteriftifeße Blattkränze.
Der Henkel ift mit einem Leitermotiv verziert.
Diefes feßöne Erzeugnis nordifeßer Cöpferkunft ift von dem Vater des Herrn Alfred
Darby vor vielen Jahren nach England gebracht und von dem letzteren dem Victoria
and Albert Mufeum gefeßenkt worden.
Hier darf icß noch ein im Victoria and Albert Mufeum befindliches Stück beifügen,,
das ebenfalls nach Dr. Max Sauerlandts Anficßt, als von Hamburger Herkunft, be-
trachtet werden kann. Es ift eine Scßüffel mit Blaumalerei, die vor etwa zwanzig
Jahren unter einer Sammlung portugefifeßer Fayencen von einem ehemaligen englifcßen
Konful in Oporto erworben ift. In der Mitte fießt man eine Gans und am Rande ein
etwas abgeändertes eßinefifeßes Kartufcßenmufter, alles augenfcßeinlicß auf Vorbildern
der fpäteren Ming-Porzellane berußend. Das Blau wirkt etwas ftärker als bei den
meiften Fayencen beftimmt portugefifeßer Herkunft, die gewöhnlich an einem feßwärz-
licßen Blau zu erkennen find. Klaßrfcßeinlid) ift diefe Scßüffel nicht der einzige
Auswanderer, der in ferne Länder als Erzeugnis der künftlerifcßen Gefcßicklicßkeit
Hamburger Cöpfer gefeßiekt worden ift.
In neuerer 3eit ift die Sammlung deutfeßer Fayencen des Soutß Kenfington-Mufeums
meiftens durch Gefcßenke um meßrere intereffante Stücke bereichert worden. Sie bleibt
aber immer nocß zu ungenügend, um dem englifcßen Publikum diefes befondere Ge-
biet der deutfeßen Keramik fo vor Augen zu ftellen, wie es die erfolgreichen Studien
deutfeßer Forfcßer im lebten geklärt haben.

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