Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

DOI Heft:
Heft 23
DOI Artikel:
Stettiner, Richard: Von Mitarbeitern des Vests: zwei Skizzen als Vorarbeiten für eine Schilderung der Vestschen Krugwerkstätte in Kreußen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39945#1101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Namen der Dargeftellten in den Ornamenten über ißnen, und zu Seiten diefer
Namen, beide mal, links ein S, red)ts ein D. Äuf dem Lenkel endlid) die übliche
3ierform, eine Maske, die in Blattwerk ausgeht.
* *
*
Für einen „evangelifd)en Kirchendiener“ (fo möchte ich, einem Rate Dr. Leerwagens
folgend, das „KIR:“ auflöfen), Joßan Rüt, ift alfo der Krug in Kreußen ausgeführt —
und auch montiert. Denn der 3inndeckel ift mit zwei 3innmarken verfeßen, die eine
mit dem Kreußener Stadtwappen, einer Kraufe auf viergeteiltem Schilde, die andere
mit einem Ochfenkopf, den Bucßftaben „H O“ (alfo vermutlich die Marke eines fonft
unbekannten Meifters Ochs) und „1600“.
(Denn ich fagte, der Krug fei für jenen Geglichen angefertigt, fo ift das noch
weitergehend gemeint als fonft in der Regel bei Kreußener Krügen mit Namen der
Befteller. Da befteßt das Perfönlicße meiftens nur in der Infcßrift, höchstens noch in
Fjinzufügung eines Klappens; im übrigen hat man den Schmuck aus dem vorhandenen
Formenvorrat zufammengeftellt. Bei unferem Krug waren weitergehende Klünfcße des
Fjerrn Rüt zu befriedigen gewefen; Klir kennen die Vorbilder für die zwei Bildniffe.
Es find die entfprecßenden Lolzfcßnitte in Nicolaus Reufners „Icones“, Bafel 1587
(Äbb. 3). Unter Melancßtßon befindet fid) in diefem Buche derfelbe Vers, wie auf
unferem Kruge; unter den zahlreichen Verfen, die bei Reufner dem Lutherbildniffe
folgen, ift das Difticßon unferes Kruges nicht vorhanden. Das beftätigt, was der KJort-
laut fofort waßrfcheinlicß macht, daß der Befteller es fid) ebenfo wie die Bildniffe als ein
Monument feiner ftreng lutßerifcßen Gefinnung gewählt und vermutlich felbft gedichtet
hat; daß alfo die beiden Reliefs für diefen Krug ßergeftellt wurden.
Und damit ift auch der Krug datiert. Denn die Form des Melancßtßon-Reliefs ift
vorhanden, in der Veft-Speckner-Seilerfcßen Modelfammlung, und zwar in dem-
jenigen üeile, der in das Lamburgifcße Mufeum für Kunft und Gewerbe gelangt ift,
und trägt auf der Rückfeite die Jahreszahl „1614“ (Äbb. 2).
Freilich, nachdem die Formen einmal vorhanden waren, wurden fie noch öfter be-
nutzt, und nicht immer feßr gefcßickt. So ift im Leipziger Kunftgewerbe-Mufeum (aus
der Sammlung Lanna ftammend) ein Krug aus der Veftfcßen Klerkftatt, ohne Namen
des Beftellers und ohne Jahreszahl — alfo vielleicht für das „Lager“ her9ertellt —,
auf dem am Körper, ebenfalls von Karyatiden getrennt, zweimal das Lutherrelief
und zweimal das Melancßtßonrelief angebracht ift. Und ein anderer Krug befindet fid),
wie mir Fjerr Profeffor Scßmits mitteilt, in der Olfenfcßen Sammlung in Kopenhagen,
ebenfalls mit doppeltem Luther- und Meland)tl)onrelief, und mit der Beftellerbezeicß-
nung: „(Ualburg Locßauerin“. Man fießt, hier ßat man auf den Sinn der Infcßrift auf
dem Lutßerrelief keine Rückßcßt genommen.
Für eine entfprecßende Erfcßeinung im Kreußner Betriebe ein Beifpiel: Ein Notarius
Publicus Micßel Deßler hatte ficß für einen beftellten Krug als Körperbelag ein Relief
bofßeren laffen, zu dem vielleicht fein Notariatfiegel die Anregung gab. Äuf diefem
Relief war in einem Oval ein Pelikan, der feine Jungen fütterte, wiedergegeben, die
Unterfcßrift lautete „Manus domini non abbreviata est“ („Gottes Land erreicht alles“).
Unter diefem Signet war in dem durch Ornamente zum Viereck ausgeftalteten Relief
die Infcßrift „Micßel Deßler N. P.“ angebracht. Ein Krug mit diefem Belag, oßne
weitere Infcßrift, ift in der Sammlung Laenert in Lalle; ähnliche Exemplare kamen
in der Auktion Lanna (1909, Nr. 824) und in der Auktion Freiherr von Mecklenburg
(Berlin, 3. Oktober 1916, Nr. 1156) vor. Oßne Gewiffensbiffe aber ßat die Kreußner
Klerkftatt die vorhandene Deßler-Moael für einen Krug benutjt, den nad) der Infcßrift
auf dem Fußrand ßcß ein Johann Steinbrecher beftellt ßat (Auktion Lempertj, Bonn,
1. März 1898 — Auktion Minigerode, Berlin, 9. Oktober 1917 — je^t, wie icß ßöre,
Sammlung Müßfam, Berlin).

1075
 
Annotationen