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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 10
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0510

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Äusftellungen — Neue Bücher

erfreuliche Rührigkeit im Erwerben moderner
CUerke. Gemälde von Nolde, Schmidt-Rottluff,
Kirchner, FJeckel, Rohlfs, Liffitjky, Moholy-Nagy
werden der erftaunten Provinz zeigen, daß Är-
beiten, die in weiten Publikumskreifen allen Be-
mühungen der Keftner-Gefellfchaft zum Croh
immer noch als problematifcb und vorübergehend
empfunden werden, mufeumshaften Charakter
und Qlert befißen. Eckart v. Sydow.
Karlsruhe
Äm 5. Mai wurde die „Große deutfehe
Kunftausftellung 1923“ eröffnet. Än Umfang
bedeutend, an künftlerifchem Gewicht — von
einzelnen wenigen tüerken und dem von Bab-
berger mit vier großen Gemälden gefcbmückten
Räumen abgefehen — jedoch ohne Belang, trägt
fie ihren klingenden Namen fehr zu Unrecht, da
viele der wichtigften deutfehen Maler der Gegen-
wart fehlen. Bericht im einzelnen folgt. Qm Irr-
tümern vorzubeugen, die durch einige 3eitungs-
berichte entftehen könnten, fei vermerkt, daß die
hiftorifche Abteilung, die in folchen Berichten
als ein Fjauptteil der Äusftellung bezeichnet wird,
pd} auf ein kleines Kabinett mit einigen, zu-
meift aus öffentlichem Bepß pammenden Bildern
befchränkt, das in keiner QJeife die Änfprücbe
einer retrofpektiven Äusftellung auch nur an-
nähernderweife befriedigt. C.
London
Die wichtigße Äusßellung, die feit langer 3eit
abgehalten wurde, ift die von Äuguftus John,
der in den Älpine Galleries mit 56 merken,
unter denen 20 Arbeiten befonders hervorragen,
vertreten war. Das Hauptwerk diefer Äusftel-
lung, die viele charaktervolle Porträts zeigte,
war feine „Symphonie Espagnole“. DerKünßler
war längere 3eit in Spanien und ift von fpa-
nifcher Ärt ftark beeinflußt zurückgekehrt. In
feiner „Symphonie“ hat er diefe tiefen Ein-
drücke konzentriert. Die Äusftellung eröffnet eine
neue Periode in des Künftlers Laufbahn und
hat fogar feine aufrichtigften Bewunderer in Er-
ftaunen verfemt.
Die „Royal Äcademy of Ärts“ hat den
jungen Glyn Philpot als „Einen von den Vierzig“
gewählt. Eine Äusftellung feiner Qlerke in den
Grosvenor Galleries zeigte Malereien und
Skulpturen. In der Bildhauerei hat er fleh aller-
dings noch nicht zu einer entfcheidenden Rich-
tung durchgefetp, aber es ift intereffant für den
Befucher, berauszuflnden, was er eigentlich will.
In der Malerei dagegen hat er es zu einem
hoben Stadium der Vollkommenheit gebracht.
Lange hat er die großen Meifter ftudiert und
danach feine Eigenart herausgebildet. Er hat
ein paar ausgezeichnete Porträts gemalt und
dadurch bewiefen, wie fehr feine Gedanken auf
den Gegenftand konzentriert find. Sein beftes
tüerk ift aber wohl die lebenswahre Darftellung
des Earl of Crawford, eines der feinften eng-

lifchen Porträts und wohl berechtigt eines Planes
in der „Fflstoric English School“.
In denLeicefter Galleries ftellte ein anderer
Porträtmaler, Ä. Mc. Evay, der erft kürzlich aus
Ämerika zurückkehrte, eine Sammlung feiner
Gemälde aus.
Ändere febenswerte Äusftellungen fanden in
der „Fine Ärt Society“ ftatt, wo ttlerke von
C. Francois und Radierungen und 3ßicAnungen
des tfchecho-flowakifcflen Künftlers Simon ge-
zeigt wurden.
In der Gaupil Gallery fand man ÜJerke von
dem jungen, vielverfprechenden füdafrikanifchen
Künftler Ä. Neuille Levis.
Eine neue Gefellfchaft „Che Modern Eng-
lish ttlatercolour Society“ eröffnete ihre
erfte Äusftellung in der St. Georges Gallery. V.
üliesbaden
Die Maiausftellung des Naffauifcben Kunft-
vereins bringt intereffante Ärbeiten von Raue,
München. Geiftvolle, fkizzenartigeNiederfcbriften,
die manchmal an Couloufe-Lautrec erinnern.
Äuch die Landfchaftsmotive, aus Lothringen,
haben ihre auf das blißartig Feffelnde zuge-
fpitjte Note. Ein leichter, pcherer Stil verbindet
fich glücklich mit einem lebhaften Cemperament.
Bei den enormen Cransportfcbwierigkeiten im
befe^ten Gebiet ift man je^t ftark auf die lokale
Kunft angewiefen. So kommt es, daßVölcker
bereits wieder mit einer großen Kollektivaus-
ftellung mehrere Säle füllt, diesmal feine Viel-
feitigkeit auch im Porträt beweifend. ch-
Neue Bücher
Die zweite Ruflage von Meier-
Graefe, „Spanifrfje Reife“1
Daß ein kühner Verleger den Mut hatte, diefes
vor 13 Jahren erfdflenene Buch dem erften Verlag
abzunehmen und neu aufzulegen (nachdem es
jahrelang vergriffen war), verdient fchon als Cat-
fache nachhaltigfte Beachtung. Damals noch
durchaus Dokument unferer Überzivilifation, er-
fcheint das Buch heute wie eine Erinnerung an
liebe Möglichkeiten, die uns einmal faft alltäg-
lich fchienen. Reife nach Spanien: Angelegen-
heit beftenfalls von 2000—3000 Mark. Blieb man
— wie Meier-Graefe — gleich ein halbes Jahr
dort, war der Äufwand an Mitteln um ein Ge-
ringes beträchtlicher. Äll das war einmal und
kehrt für uns fobald nicht wieder. So leben
wir notgedrungen von Erinnerungen, und eine
der febönften für den, der Spanien noch vor dem
Krieg ebenfalls erleben konnte, ift dies Buch.
Sicher wird es nach hundert und mehr Jahren
für Jeden, der an die Deutung jener 3eitPim-
mung herantritt, die damals Deutschland auf dem
Fjöbepunkt feiner Cüeltmachtftellung fab, einft
1 Julius Meier-Graefe, Spanifdje Reife. Ernft
Rohjwolt-Verlag. Berlin 1923.

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