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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1903 - 31. Juli 1903)
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Erscheint tägltch, SonntagS auSgenommen. PreiS mit Familienblättern monatlich 80 Pfg. in'S HauS gebracht, bci der Exprdition und den Zweigstattonen abgcholt 40 Pfg. Durch dk P»st

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an bestimmten Tagen wird keine Verantwortlichkett übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plackattafeln der Heidelbrrger Zeitung und den städtischen Anschlagstellen. Frrnfprecher 8».

Vom Wein.

Eine Ehrcnrettung.

Aus der „wcinscligcn" Pfalz schrcibt man dcm Fachblatt
"Weinbau und Handcl":

Als ich im ersten Morgenblatt der „Franks. Ztg." vom 10.
April eine Stndie des Herrn Dr. Weygandt über ein Werk von
Professor Aschaffenburg las, in welchem unsere „weinselige"
Pfalz so sehr schlecht weg kam und was Lumperei und Körper-
derletzungen betrifft, an der Spitze der Zivilisation Marschiert,
kühr mir der Schreck in alle Glicdcr. Gemach, dachte ich, so
lchlecht sind wir denn doch nicht, hier will die Statistik wieder
Zü viel beweisen und es geht dem Herrn genau wie der Chemie,
üelche einen fabrizierten Wein im Sinne des Gesetzes crklärt,
frotzdem das Weinfabrizicren bekanntlich verboten ist! Jch
^gte mir, wenn die Pfälzer dcnn so fröhliche Leute sind, ani
Dein, in Rheinhessen, im Rheingau, an der Mosel, in Baden,
^st'aß, Württcmberg und Franken wächst doch auch kein schlech-
ür Tropfen, warum hat der Herr Professor die Zahlen jcner
^egenden nicht herangezogen und verglichen, ob die Sache
?üch wirklich stimmt oder nicht. Wahrscheinlich würde er ge-
funden haben, daß in der Weinrechnung, welche cr uns als
^ündenregister vorhält, doch ein Fehler ist und die Pfälzer
uesscr sind als ihr Ruf! Jn den weinbautreibendrn Gegenden
süv Pfalz bewegen sich die Zahlen über die Körperverletzungen
'Uj allgemcinen in normalen Grcnzen, nur in den Bezirken
üut großer Fabrikbevölkerung, wie Ludwigshafen, Pirmasens,
Frankenthal und Kaiscrslautern, Gegendcn, wo überhaupt kein
Ein wächst, ist man sehr schlagfertig und sucht mangcls besse-
*ür Gründe den Gegner durch drastischere Mittel zu über-
^fugen, daß cr im Unrecht ist. Es ist auch ganz selbstverständ-
üch, daß die Leute sich Lonntags mehr prügeln als Werktags,
°enn Sonntags haöcn die Leutc mchr Zeit dazu, Werktags
fuüssen sie doch arbeitcn! Der Alkohol mag sicher eincn erheb-
Uchcn Teil der Schuld tragen, aber der Wein sicherlich nicht,
üenn diese „Alkoholiker" haben meistens gar nicht das nötige
^leingeld, um sich Wein zu kaufen, leider, denn so gut, wie
oiese Leute ihn trinken könncn, wächst er gar nicht. Die Lcute
u.altcn sich ans Bier und an dcn Fusel, wclchen auch ich aus
füffter Seele vcrabscheue. Weiter hätte dcr Herr Professor
u .seincr Studie den Bcrus dcr „Alkoholiker" berücksichtigen
Unsscn, ein Kesselschmied ist z. B. viel eher zum Dreinschlagen
^veit als ein Arbeiter, welcher so zartc Sachen wie Sammet
macht. Die Schuster, welche speziLll Talent zum Dichter und
^olksredner haben, scheinen doch nicht von der Wucht ihrer
zwünde so überzeugt zu sein, datz sic es nicht für nötig hieltcn,
che tn Pirmasens, dicselben öfters durch einige Kneipenstiche
§u unterstützen! Die Schönfürber, die „Aniliner" in Ludwigs-
Uufen, scheinen eine auffallende Vorliebe für braun und blau
^U haben, deshalb marschieren sie auch an der Spitze. Diese
vinken auch keinen Wein, sondern nur dcrcn hohc Herrcn,
Dtere allerdings keinen schlcchten, denn dieselbcn habcn vor-
^Ugliche Weingüter. Ter Herr Professor wird aber noch nicht
fühört haben, daß diese Kommerzienräte strcitsüchtig wären,
^U Gegenteil, es sind ganz charmante Lcute, und wenn sia
?rPn getrunkcn haben, erst rccht. Also Strcitsucht mit der
utigeri Unterstützung durch Messcrstiche und Prügcl vcrursacht
Ur der schlechte Alkohol, der gute Alköhol im Wein stimmt
Miütlich, herzlich, sodaß man die ganze Wclt umärmcln
wnnte.

Uns Pfälzern sagt man zwar nach, datz wir Krakehlcr seien,
^Uein die „Weinseligcn" sind es nur aus Vergnügcn, um Lc-
u in die Bude zu bringen, aber sie prügcln sich nicht.

Hell und Pfiffig,

Utzig und kniffig,

Ueber allcs räsonnicrc,

Mit Jedem dischputiere,

Keen Dag ohne Wertshaus,

Krakehlich bis dort enaus
Und dorschtig wie e Mälzer,

^ „ Siehscht, deß isch e Pfälzer.

^us siud wir.

Kcbcrdics sind wir crblich bclastct. Vatcr Noah trank gern
gutcn Tropfen, und wir, seinc Nachkommcn, solltcn uns
. gen diese Sitte, welche würdig befunden wurde, der Nach-
^^t durch das Buch der Bücher überliefcrt zu werdcn, auf-

^un gehöre ich allerdings nicht zu jener Spezies, welche es
E?ter einem gehörigen Ouantum pro Tag nicht tut, wie ^encr
„ fucre Landbürgcrmeistcr, welcher auf die Frage des ArzteZ,

ven, Wein er pro Tag trinke, 14—16 Viertelliter heraus-
h.chnete. Abcr Herr Bürgermeister, meinte der Arzt, das ist
zu viel, wcnn Sie Durst haben, müssen Sie Wasser trm-
tan 'T tu' ^ uach, ^üte der Biedermann, awer den Wrin
Uin? ^ uhne Dorscht trinke! Zu jcner Sorte gchöre ich also
uüein auch als Mäßigcr freue ich mich über die Uneinig-
zeü ^"ferer Gegner, sodaß wir unsere Kindtaufen und Hoch-
M^ti noch mit Wein feicrn und dcn üblichen Traucrschopp.'n
noch zu uns nehmen können. Auf dem Antialkoholkongreh
nämlich Professor Forel, datz jeder Mensch, dcr
'wal betrunken gewescn, geisteskrank sei. Darüber erklangcn
, n lebhafte Protcstrufe dcr Tempercnzler und auch Absti-
obwohl der Herr Professor eine alte Wahrtzeit nur
hatte, daß die Welt cin Narrenhaus sci.

^Wisten Antialkoholkongreß soll deshalb als erster
den Vcrs gcsprochen wcrdcn:

Jch kennc dic Weise, ich kenne dcn Text,

Jch kenn' auch den Herrn Vcrfasscr,

Jch weiß, sie tranken heimlich Wcin
Und prcdigten öffentlich Wasser.

Bemerkung des Herrn Dr. Fröhlich-Wicn, daß die
Ptiter suchcn mütztcn, höhere Lähne zu bekommcn, dcnn die
Zjj?^tcn Löhne seicn die Ursache, daß das arbeitende Volk dem
tzi^bolismus verfalle, hat mich nachdenklich gestimmt. Die
dcs Mannes gcht bekanntlich durch dcn Magen, ircnn
!chi,s> Arbcitcrmüdchcn durch dcn Besuch obligatorischer Koch-
besscr kochen gclehrt werdcn und dic dlrbcitcr höhcrc
-^..üctommcn, so ist die soziale Frage gelöst. Nur die Hl>iu-
Uoßcn nnr Bedcnkcn ein. Tic Lente habcn hohe Löhn',

Wahrhcit nur
Für den
Vortrag

aber sie trinken doch, dieselben haben manchmal geradezu einen
unheimlichen Durst. Hier stimmt die Rechnung des Herrn
Doktor nicht, es scheint mir, daß er nur die Frage des Trin-
kcns erörtertc, aber nicht die des Durstes.

Die ganze Frage ist somit noch nicht genügend geklärt, und
vorläufig werden es die meisten Menschen immer noch mit
dem Rezept des Altmeisters Liebig halten müssen, welcher
sagt:

„Als Mittel der Erquickung, wo die Kräfte des Lebens
erschöpft sind, der Befeuerung und Steigerung, wo traurige
Tage zu beringen sind, der Korrektion und Ausgleichung,
wo Mißvcrhältnisse dcr Ernührung nnd Störungcn im "r-
ganismus eingetreten sind und alb Schutz gegen vorübcr-
gehende Störungen durch die unorganische Natur, wird dcr
Wein von keincm Erzeugnis der Natur oder Kunst über-
troffen."

Trinket Wcin, aber trinket mäßig!

Deutsches Reich.

— Der Verein für Sozialpolitik hält
seine diesjährige Generalversammlung in Hamburg in den
Tagen vom 14. bis 16. September ab. Auf der Tagesord-
nung steht: 1. Die Lage der in der Seeschiffahrt beschäf-
tigten Arbeiter; Referenten: Professor Dr. E. Francke
(Gerlin) und Jnspektor Polis (Hamburg). 2. Die Stü-
rungcn im deutschen Wirtschaftsleben während der Jahre
1900 ff.; Referenten: Professor Dr. Sombart (Breslau),
Geheimer Hofrat Dr. Hecht (Mannheim) über Geldmarkt
und Bankwesen und Dr. Jastrow (Verlin) über dm Ar-
'üeitsmarkt.

— Die natioualliberale Partei Dort m u n d -
Hörde geht mit u n v e r d r o s s e n e r Arbeits-
f r e u d i g k e i t wieder an ihre Pflichten, um bei den
nächsten Wahlen dem Gegner völlig gerüstet gegenübe»
zustehen. Jn einer am Montag zu Dortmund abgehalte-
nen Versammlung 'des liberalen Vürger-Vereins wurde be-
schlossen, die Agitation und Werbung für die liberale S-ache
sofort und ununterbrochen wisder aufzunehmen und von
Seiten des Vorstandes wurden die Parteifreunde aufge-
fordert, Len Vorstand über alle aus dem Lager der Geg-
ner ihnen bekannt gewordenen Versammlungen, Beschlüsse,
Flugblätter usw., sofern fie auf die nächsten W-ahlen be-
rechnet sind, sofort zu unterrichten, d-amit erforderlichen-
falls Gegenmaßregeln getroffen werden und namentlich
die Arbeiter eines Vesseren darüber belehrt werden kön-
nen, wo sie ihre Frennde zu suchen haben. — Das Vor-
gehen der -Dortmunder ist auch anderen Wahlkreisen zur
Nachahnmng zu empfehlen!

AuSland.

England.

— Dem b r i t i s ch e n Parlament wird in der
nächsten Session eine Ergänzungsvorlage zum Arbe i-
t e r - II n f a l I e n t s ch ä d i g u n g s g e s e tz seitens der
Regierung unterbreitet werden ; soviel bis jetzt darüber ver-
lautet, sollen nach dem Entwurf alle Arbeiterkategorien in
den Geltungsbereich des G-esetzes einbezogen werden, was
bis-her nicht der Fall war. Auch wird die Bestimmung
ansgehoben werden, daß einem iinsallbetroffenen Arbeitcr
für die ersten zwei Wochen nach dem Eintritte des Unfalles
keine llnterstützung zu teil wird.

Klekne Zeiümg.

— Dcr Raummangcl anf der Wcltausstellung in St.
Louis 1904 macht sich mehr und mehr bemerkbar. Der
großartige Kunstpalast erweist sich zu klein, uud man muß
zu der Errichtung eines besonderen Pavillons schreiten, in
dem Wevke der Bildhauerkunst untergebracht werden. Dieser
Pavillon ist 180 Fuß lang und 100 Fuß breit. Er liegt
direkt hinter dem Kunstp-al-ast, wo für Bildwerke bereits
ein Raum von 166 Fuß Länge und 94 Fuß Breite reser-
viert ist. Aus Frankreich find nicht weniger als zwei-
hundert Anmeldungen für Bildhauerwerke eingegang-en.
Ebeuso wird- Jtalien sich atzif Las lebhasteste beteiligen.
Der Aushilfspavillon fiir Bildhauerwerke wird mit Pal-
men-anlagen u-mgeben werdeu, in d-enen ebenfalls Bild-
hauerwerke aufgestellt werden können, welche im Freien
wirkungsvoller sind als in g-eschlossenem Raume.

— Tiamniitciisuchc in Deiitsch-Siidwcstnfrika. Wie
die „Deutsche W-arte" von bestunterrichteter Seite erfährt,
hat sich zur gründlichen Untersuchung der bei Gi-
beon im deuts-ch-füdwestafrikanischen Schutzgebiete vorge-
fundeiien B l a n g r undstcIle n, welche bekanntlich auf
das Vorhandenscin von Dianianten schließen lassen, ein
Syndikat ge-bildet. Seitens der Regierung war von
vornherein für die Uebernahme des Unternehmens, das
einen großen Aufwand an Maschinen und anderem Mate-

rial nötig macht, die Forderung zur Aufbringung Ler
Snmme von 600 000 Mark gestellt worden. Es ist ein
sehr erfreuliches Zeichen, daß dieser Betrag biszu 1 MiI-
Iion Mark überzeichnet wurde und daß nur zuverläs-
sige, gutklingende dentsche Namen sich daran beteiligt
haben. Die bald vorzunehmenden Arbeiten werden also
von einem reindeutschen Syndikate geleitet werden. Der bei
Gibeon befindliche Blaugrund, das Muttergestein der
Diamanten, soll fich von dem bei Kimberley durch
nichts unterscheiden, so daß also die Hoffnung auf Aus-
beute an Diamanten wohl berechtigt ist. Die auffallenb
rege Beteiligung bei der Ausammenbringung des geforder-
ten Kapitals läßt auch erkennen, daß man stch von der
Durchforschung der bezüglichen Bodenstellen viel ver»
spricht. Nach den bisherigen Erfahrungen ist man zu dem
Schlusse gekommen, daß erst die Entfernung von 30 000
Tonnen Blaugrund ohne Diainantenfunde die Gewißheit
einer zwecklosen Weiterarbeit gie-bt.

Jm Ranbtierhaus. Dienstmädchen (am Arm ihres SchatzeK
im Raubtierhaus im- Zoologischen Garten): „Gott, was haben
diese Tiere für vicl Jnstinkt!"

Seines Vaters Sohn. „Wie viel Artikel unterscheidest Du„
Jsidor? — „Zwei." — „Wieso?" —^ „Artikel, die gehen und
Artikel, die nicht gehen."

Gedankenlos. (Jm Handschuhladen.) Chef: „Sie wün--
schen?" — Herr: „Jhren Sohn zu sprechen!" — Chef: „Welche
Nummer?"

Verantwortlich für den redaktionellen Teil F. Montna, sür
den Jnseratenteil Th. Berkenbusch, beide in Heidelberg.

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