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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1903 - 31. Juli 1903)
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Tmmtq, 18. Ziili 1ÜV. Zweites Dlatt. 1!». ZchrMU. — ^ W.

Erscheist täglich, Sonntags ausgmommen. Preis mit Familienblätteru monatlich vv Pfg. in's Hau» gebracht. bei der TrPedition nnb den Zweigstationen abgeholt 40 Pfg. Durch di« Pstz

bezogen vierteljährlich ILb Mk. auSfchließlich Austellgebühr.

«nzeigenprei»: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzelle «der deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. FLr hiestge SefchSft»- und Privatanzeigen ern!äßigt. — FSr dir Aufnahme von «»»ei^n
an besttmmten Tagen wird keine Berantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plalattaseln der Heidelberger Zeitung und der. siädtischen Anschlagstellen. Fcrnsprecher 82.

Lum Wbllmim üsr Univektität
lfeiäelberg.

Von Th. Loreutzeu.

(Nachdruck verboten.)

Oft genug hört man besonders in Preußen
niit Geringschätzung von den deutschen Fürsten
sprechen, die vor hundert Jahren aus Napoleons
Hand bedeutende Gebietserweiterungen und Rang-
erhöhung entgegennähmen und sich zu seinen
Dasallen erniedrigten. Jndessen, wo waren denn die
Mächte, die die hilflosen Kleinstaaten dor dem gewaltigen
Anprall von Westen her hätten schützen können? War
nicht insbesondere Prenßen die erste, die sich 1795 im
Frieden von Basel von der glorreichen Politik Friedrichs
des Großen lossagte, die als erste der Abtretung des lin-
ken Rheinufers zustimmte und sich dafür unverhältnis-
snäßige Entschädigung garantieren ließ, die tatenlos zu-
sah, wie die Machtstellung Napoleons am Rhein immer
bedrohlicher und schließlich sast unbezwinglich wurde?
Hätten sich die Rheinbundstaaten, ihre deutsche Ehre zu
retten, einfach aufopfern sollcn? Das hätte auch das da-
nialige Preußen nicht getan. Nein, da hat niemand dem
andern Vorwürfe zu machen, man tut am besten, an die
überaus trostlosen Zustände, aus denen die Neugestaltung
der jetzigen deutschen Staaten hervorging, nicht mehr als
nötig zu erinnern. Es entsprach daher nur einem natllr-
üchen nationalen Taktgefühl, sede Feierlichkeit für den
bor 100 Jahren erfolgtcn Uebergang der Pfalz an Baden
Zu unterlassen.

Nun aber wird doch ein Ereignis festlich begangen,
bas doch auch die Blicke zurücklenkt in jene Zeiten nationa-
ben Tiefstandes, das 100 j ä h r i g e I u b i l ä u m der
Heidelberger Universität unter badi -
Icher Herrschaft — und dies geschieht 17 Jahre,
Uachdem unter Anteilnahme der ganzen gebildeten Welt
und in Anwesenheit des badischen Herrscherhauses, des
bamaligen deutschen Kronprinzen, der berühmtesten Ge-
chhrten des Jn- und Sluslandes das große unvergeßliche
Tubelfest gefeiert wurde, bei dem ein halbes Jahrtansend
ruhmreicher, freud- und leidenvoller Geschichte anf die äl-
Eeste Hochschule des deutschen Reiches herabschaute.

Ta kann denn wohl die Frage auftauchen, warum
uuf das große Fest nun so bald schon wieder ein so viel
Eleineres folgt, a»f die 500 Jahrfeier eine hundertjährige.
>)st diese letztere nur der Ausdr^rck einer wenig angebrach-

kleinstaatlichen Eitelkeit? Wer die Geschichte der Itni-
bersität kennt, wird diese Frage unbedingt verneinen und
öugestehen, daß anch die bevorstehende Centenarfeier ihre
bolle Berechtigung hat. Das beweist schon der Doppel-
bame Ruperto-Carola. Hat man 1886 mit dankerfülltem
Herzen vor allem des ehrwürdigen Stifters Ruprechts I.
bon der Pfalz gedacht, so wird man jetzt mit nicht geringe-
^km Hochgesühl dem Andenken des erhabenen Fürsten hul-
^igen, dem die Universttät den zweiten Teil ihres Namens
bordankt, dessen Geburtstag am 22. November ihr alljähr-
ücher Ehren- und Freudentag ist, des Großherzogs Karl
v r j e d r i ch v o n B a de n.

Jm Großen und Ganzen hat sich die Heidelberger
^lniversität immer der ganz besonderen Fürsorge ihrer
Handesherrn zu erfreuen gehabt, und diesem innigen Ver-

Ihr Hochzeitstaq.

Skizze von A. M. Witte.

(Schlutz.)

. Magdas Zähnc schlugcn wic im Fieberfrost zusammeu.
-AUtc nicht zucrst Hcinz an ihre Trcue appelliert? — Dann
Müttelte sie dcn Bann bon sich. Ncin, man durfte ihr kerne
-petvegung anmerken. Heinz hatte mit ihrer Treue ein frevent-
sichcs Spiel gctriebcn. Güutcr von Schöning hattc ihr Woit.
^sirr mutzte sie bleiben im Glück, wie im Leid. — Schüchtern
wßte sie scinc Hand, als müssc sie ihni ein Unrecht abbitten. —-

Dic Tafel war aufgehoben. Die junge Krau bctrat ihr
Pinimer, um sich umzuziehen. Während die Jungfer Kranz
und Schleier aus dem Haar löste, bemerkte Magda einzelne
^viefc auf dcm Toilettcntisch. „Was ist das?"

„Bricfe, die iu dcr Zcit kamen, als die Herrschaften in ocr
^Uche waren. Jch vergatz, sie in den Salon zu bringen."

.. Magda mutztc über das halb crschreckte, halb vcrlegene Ge-
Ucht dcr vergetzlichcn Diencrin lachen.

„Es schadet nicht," sagtc sic gutmütig, „Glückwünschc kom-
'cu^stets zur Zcit."

i-ic üffncte dic Briefc. Einzclne Gratulatoinen chcmaliger
^chulgefährtinnen. Dann —- die Handschrift eines.Herru.
sfvstaunt bctrachtcte sie das Kouvcrt. Es trug ihren Mädchcn-
o»icu. Sic cntfaltetc dcn Bogcn und las:

Mcine teure Magda!

^ Endlich kaun ich wenigstens schrifllich Jhncn ivieder nahcu.
chorf jch Zst an jencn Abcnd crinncrn, wo ich an Jhr Vcr-
^chucn appellierte, an Jhren Wappenspruch: Ileber alles die
^^cuc! An dem Truck Jhrcr Hand iühlte ich, in Jhrcn Augen

hältnis zu ihnen verdankt sie die größten Zeiten ihrer Ge-
s-chichte. Vier von cillcn ragen in ihrer Geschichte epoche-
machend hervor: die Gründung Ruprechts I. von
der Pfalz war d-er Bildung des ZNittelalters ent-
sprosfen und hat für ihre Zeit Tüchtiges geleistet, äber
sie überlebte sich. Da war es Otto Heinrich (1556
bis 1559), der „deutsche Medieäer", der sie von den Fesseln
dcr Scholastik befreite, der ihr durch den Geist der Refor-
mation und der Nenaissance neues Leben einhauchte, und
nach dessen Tode sie als die Hochburg des Calvinismus
ein eucopäisches Ansehen gewann. Nls die Universität dann
in den Stürmen des 30jährigen Krieges hilflos dahinge-
sunken war, richtete Karl Ludwig (1648—80), d-er
„Salomo Teutschlands", das W-erk sdines Ahnherrn
wieder anf und verhalf ihr zu ciner kurzen Nachblüte.
Der vierte aber in dieser Reihe weiser Fürsten ist K a r l
Friedrich von B a d e n, und seine Tat übertrifft
an Bed-entung, wie in ihren Folgen dic seiner beiden
letztgenannten Vorgänger: Die W i s d e r h e r st e l l u n g
der Universi t'ä t i. I. 1803 kam einer Neu -
g r ü n d u n g g l e i ch , sodaß der dtamc Karls Friedrichs
mit Recht direkt neben den Ruprechts I. tritt.

Mit dem Jahre 1685, in dem an die Stelle des ans-
gestorbenen reformierten Hauses von Simmern das katho-
lische Haus Neuburg trat, beginnt für die oft schwerge-
prüfte Pfalz eine neue Periode des Leid-ens. War auch der
erste der neuen Herrscher noch milöe, so haben doch seine
beiden Söhne Johann Wilhclm nnd Karl Philipp, sowie
dercn Nachfolger Karl Theodor von Pfalz-Sulzbach eiu
Jahrhundert lang alles getan, um ihre reformierten Un-
tertanen in ihrer Glaubensüberzeugung zu Ledrücken.
Die. Iesuiten waren die Leiter des Hofes, sie bemächtigten
sich auch der Hochschule, die na-ch der entsetzlichen Ver-
heerung von Stadt und Land im Jahre 1693 ihre Tätig-
keit in Heidelberg erst seit 1700 wieder entfaltete. Wie
sie die Erbauer des Universitätsgebäudes und der jetzigen
Mbliothek wurden, so übernahmen sie nach und nach mit
anderen Ordensgeistlichen, d-en Franziskanern, Carme-
litern, Dominikanern auch die geistige Leitung, und nach
dcr Aushebung des Jesuitenordcns folgten ihnen die
französischen Lazarist-en, die das Uebel durch ihren größe-
ren Mangel an wissenschaftlicher Bildung nur noch ver-
mehrten. Trotz des hallischen Rezesses, der Parität vor-
schrieb, besetzten die Möuche mit anderen Katholiken fast
sämtliche Le-hrstühle auf der Universität eines Landes,
das znni überwiegenden Teil protestantisch war. Zum
Schl-uß standen 24 katholische Professoren 4 protestanti-
schen gegenüber. Selbst die evangelisch-theologische Fa-
ktiltät war in ihrcr Wirksamkeit beschränkt und mißtrauisch
beaufsichtigt. Mit Gewalt wurde die wissenschaftliche
Lehre -wieder in die Methode mittelalterlicher Scholastik
zurückgedrängt. Dazu kam unter den Neuburgern die
gänzli-che Planlosigkeit im Lehrgang, die durch die jesuiti-
schen Wanderlehrer verursacht und erst unter Karl Theodor
gebessert wurde. Dieser hochbegabte Fürst versuchte über-
haupt mancherlei, die Sünden seiner Vorgänger wieder
gut zu machen, indem er die Vehrmittel vermehrte, neue
Lehrstiihle eiurichtete, vor allem^ aber durch Verschmelzung
d-er Kameralschule von Kaiserslauterp mit der Universttät
als erstec der Nationnlökünouiie eine selbständige Geltung
auf einer Hochschule verschaffte. Aber andererseits schus
er in seiner bevorzugten Residenz Mannheim bedeutende ^

kas icki, datz dicsc Trcue mir gehörtc, dntz Sie vcrstandcu, waS
lange schon auf meinen Lippen lag. Wie ich Sie liebe, trcu
und innig, gehört auch niir Jhr Herz mit der echten, wahrcn
Licbe, dic nlles glaubt, die ohne Beweis vertraut.

Sie müssen geahnt haben, dah nur ein wichtiger Grund
mich schwcigen lieh. Sie sind das einzige Kind reicher Eltern.
Jch wagte nicht, zu Jhren Eltern zu sprechen, ehe meine pe-
kuniären Angelegenheiten geklärt waren. Darum bat ich um
Jhr Vertrauen. Eine Depesche rief mich zu meinem kranken
Vater. Die schwere Zeit der Sorge und Unruhe machte es mir
unmöglich, zu schreiben. — Rach einigen Wochen stand ich an
einem Sterbebett. Dann erkrankte ich selbst. Erst jetzi bm
ich genesen. Erst jctzt sehe ich klar in die Zukunft, die mich m
Stand setzt, Jhnen cin Hcim zu bieten. Jn den nächsten Tagen
trcffe ich mit Jhrer Erlaubnis bei Jhren Eltern ein. Jch
wcitz, Sie haben mein in Treue geharrt, an mich gcglaubt uud
mir vertraut. Nun endlich dürfen wir glücklich sein.

H e i n z.

Magda griff an ihre heihe Stirn. Hatte sie recht gelesen?
Enthielt der Brief Wahrheit? Gab es wirklich in der jetzigcn
nüchternen Welt einen Menschen, der auf die Treue des anderu
fest zu bauen wagt. Heinz hatte kein Spiel mit ihr getrieben,
seine Augen hatten nicht gelogen! — Aber sie, dcr er so fest
vertraut, hatte vor wenig Stunden einem andern Treue gelobt.
Treue bis zum Tod!

Gnädige Frau, hicr ist das Reisekleid!"

Die Stimme der Jungfer rief sie in die Wirklichkeit zurück.
Mcchanisch wcchselte sic das Gcwand. Ein bohrendcr Schmcrz
wühlte in ihrcm Hirn. Solltc sie den Gatten bitten, sie srei
zu geben? Was würde er, was dic Eltern, was die Welt sagen?

wisseuschastliche Anstalten, durch die er das Ansshen der
llniversität beeiuträchtigte! nach wie vor grassierte bei Be-
setznng der Lehrstühle das Ilnheil der Anwartschaften unb
Verwandtschaften, d-as sogar zu Erbprofessuren führte,
uach wie vor herrschte ein strenger Glaubenszwang, ver-
hinderte eine enge Bücherzensur jedeii freieu Aufs-chwung;
jeden literarischen Verkehr, setzte man doch sogar den alten
Homer auf den Jndex, wie vielmehr uicht die Bücher der
Äufklärungszeit. Kcmm eine -wissen'schaftliche Leistung
von erheblicher Bedentung ist im 18. Jahrhundert aus
der Heidelberger Ilniversität hervorgegangen. Jn einenr
Zeitalter, in dem selbst'Lie andercn katholtschen Univer-
sitäten von dem Geist der Ausklärimg ergriffen wurden,
die protestantischen Universitäten aufblühten, wie z. B.
Göttingen, Jena u. a., verlor allein die Heidelberger allen
Zusammenhang mit dem Fortschritt; unberührt blieb sie
von dem Geist der aufstre'benden deutschen Nationallitera-
tur als alleiisiger Hort eines cngherzigen Konfessionalis-
mus vereinsamte sie und sank zu einer wenig beachteten,
meist nur von Pfälzern besuchten Ländesschule Herab.
Gegen Ende des Jährhunderts mochte die Zahl ihrer Zu-
hörer aus 200—260 gesimken sein; eine einzige Bu-chhand-
lung bestand in Heidelberg, und auch sie konnte nicht ge-
deihen.

Zu dem innerlicheii Vcrfall kam der äußere hinzn,
als die Revolutioiiskriege über das Land hereinbra-chen,
imd die Franzosen sich dauernd des linken Rheinufers-
bemächtigten. Dort vornehmtich lagen die Güter, von
deren Erträgmssen die Universität erhalten wurde. Da diese
uim nicht mehr emgiiigen, gerieten ihre Finanzen, die so
wie so in Folge einer ungeschickten Verwaltung nicht
glänzend gewesen waren, vollends m eine heillose Ver-
wirrnng. Die Gehälter für die Professoren und die Uni-
versitätsbeamten konnten nicht mchr bezahlt, die Hörsäle
imd Jnstitute nicht mehr geheizt werden. Anfangs half
man sich in dcr Hoffmmg auf bessers Zeiten durch Anwei-
sungen und Aufnahme von Geldern, aber je weiter stch der
Krieg in die Länge zog, um so trostloser ward dte Lage
der Universität, um so tiefer geriet sie in Schulden. Rat-
tos stand die Regierimg diesen Zuständen gegeniiber, in
ihren Rescripten behandelte sie die ehrwürdige Rnperta
wie eine hoffmmgslose Kranke, der man nur eine baldige
Erlösung von ihrem imheilbaren Siechtum wünschen
koimte.

Mittcn in dieser Zerrüttung, die übrigens das ganze
Land teilte, starb Karl Theodor 1799, ihm folgte sein von
ihm bitter gehaßter Vetter Max Joseph, aus der Linie
Zweibrückcn, im Gegensatz zn seinem schließlich ganz
in Bigotterie und Gleichgültigkeit versimkenen Vorgänger
ein wohlmeinender, wenn auch katholischer, so doch aufge-
klärter Fürst, der spätere erste Köui-g v. Bayern, der Groß-
vater des jetzigen Prinzregeuten. Dieser verbürgte sofort
d-urch eine Religionsdeklaration Konfessionsgleichheit, wo-
durch endlich die Alleinherrschaft der Mönche llber die Uni-
versttät gebrochen wurde, ja er schenkte ihr auch einen in
der Not des Krieges g-efliichteten Silberschatz, mit dessen
Erlös sie wenigstens ihre drückendsien Schiilden bezahlen
koimte. Und diese letzte Wohltat war um so großmütiger,
da er damals schon wußte, daß die rechtsrhemische Pfalz
seiner Herrschaft nicht verbleiben werde. So scheidet die
Universität von dcm Geschlechte der Wittels'bacher, dem
ste das Dasein verdankt, von dem ste einst liebevolle und

Kein Zwang hatte fie zusammengeführt. Freiwillig hatte sie
dic Hand in dic scinc gelcgt.

Wcnn-sie aber unglücklich durch diesen Schritt wurde! Es
gab so viele Ehcn, die gelöst warcn. Soll mnn cincn Jrrtum
mit dcm Nnglück cincs ganzcn Lcbcns bützcn?

Wöhin hatte ihr Gedankengang sie^gcführt? War das die
vielgerühmte Treue bis zum Tod? Sie war nicht umsonst in
einer Familie aufgewachsen, die das Band dcr Ehe für heilig
hielt. Sie alle würden kein Verständnis dafür haben, datz man
wenige Stunden nach dem Ja vor dem Traualtar seine Freiheil
wicder begehrtc.

Aber warum sollte sie nicht die erste sein, die den Mut besaß„
offen einen Jrrtnm cinzvgestehcn! Ein Pochcn an der Tür.
Jhres Gattcn Stimmc: „Mngda, der Wagcn wnrtet."

Unnatürlich wcit öffnetcn sich ihrc Angen. Alle Farbc war
aus ihrem Gesicht gewichen. Einen Augenblick zögerte sie.
Sie hatte die Empfindung, aufschrcicn zu müssen: „Es ist M
allcs Lüge. Jch liebe dich uicht. Jch liebe einen andern, dcr
mich wicder licbt. Was gilt mir Sitte und Satzung der Welt.
Gicb mich frci. Laß mir das eine Glück, ihn zu halten, ihn
mein zu nennen. Latz die Welt zischeln und fragen. Sie gibt
mir nichts. Er, cr kann mir alles gebcn. Das Leben mit Dir
wird cinc grotze Lügc scin!"

Tann aber sicgte die Erziehung, die Furcht bor dem Gercde-
dcr Welt. Wie geistesabwesend steckte sie den verhnngnisvollen
Brief in die Tasche.

„Lassen Sie den Herrn Asfessor eintreten, Pauline. Jch
bin bercit."
 
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