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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 256 - 280 (2. November 1903 - 30. November 1903)
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fessionellen Verhältnissen des Bezirks — 27 000 Kcüho-
liken und nur 1000 Evangelische — fast ganz ultramontan
ish wenig Geschmack an dem geistlichen Herrn, und nach
einigem Her und Hin ließ sich der Schultheitz Keil-
hach in Schussenried als Gegner aufstellen. Das Pikante
an der Sache ist, daß die Bauern auf gut bayerisch-bünd-
lerisch gegen den Klerus aufstehen und datz der Schultheiß
Keilbach der Oheim des Pfarrers Keilbach ist. So geht
ein politisches Lustspiel in Szene, das fast „Der Onkel als
Neffe" betitelt werden kann.

Ausland.

Jtalicn.

— Zur Beurtsilung des Selbstmordes des
Finanzminiers Rosano, der einem Teil der Presse ohne
weiteres als Beweis für Gott weiß welches Schuldbe-
wußtsein gilt, darf nicht unbeachtet bleiben, Laß derselbe
Mann vor etwa 30 Jahren um der Dame willen, die er
nachher als Gattin heimführte, einen Selbstmordversuch
verübt hat. Wer den Verstorbenen Persönlich kannte,
weiß übrigens auch, daß er zu den Neurasthenikern ge-
hörte.

Rußland.

Petersburg, 13. Nov. Ueber die Studente n-
ausschreitungsn im Theater zu Tomsk werden
weitere Einzelheiten bekannt. Der erste Rang des- Thea-
ters war von Studenten dsr Universität und des techno-
logischen Jnstituts besetzt. Plötzlich erschallten die Worte:
Meine HerreN, wir sind 'hier zum Protest gegen die un-
gerechten Verhaftungen unserer Kommilitonen versam-
melt! Dabei wurde ein Haufen regierungsfeindlicher
Kundgebungen in das Parkett geworfen. Die Anrede
blieb fast ohne Wirkung. Die Vorstellung nahm ihren
Fortgang. Während des zweiten Aktes blieben die
Logen, in denen die Studenten saßen, auf Anordnung der
Polizei offen, sodann mußte die Vorstellung wegen Lärms
eingestellt werden. Die Polizei zeichnete dis Namen aller
Studenten auf und verhaftete 150. Die angesainmelte
Menschenmenge vor dem Theater und in den umliegenden
Straßen wurde von Kosaken zerftreut.

Afrika.

Pretoria, 11. Nov. Vier Eingeborene
wurden wegen Ermordung eines Burenfarmers im Feb-
ruar 1900 zum Tode verurteilt. Sie verteidigten sich da-
mit, daß sie auf Befehl ihres Häuptlings, der wiederum
von den britischen Militärbehörden angewie-
sen sei, alle einzelnen Buren fortzunehmen, gehandelt und
den Bur getötet hätten, weil er sich widersetzte. Das Ge-
richt war der Ansicht, die an den Häuptling ergangene
Weisung habe nur für sein Gebiet gegolten. Die Ange-
klagten hätten die erhaltenen Befehle überschritten.

Aus Stadt und Land.

X Waldmichelüach, 14. Nov. (B e s i tz w e ch s e l.) Das
weit bekarmte n. früher sehr gut renomrnierteGasthaus „zum
Odenwald" dahier ging gesterri durch Kauf um Lie Summe
vön 37 000 Mark ohne Gelände und Hrnterhaus in den Befitz
der Brauerei Michel in Babenhausen über. Die Brauerei
wird nun einen Zäpfler einsetzen. Allein es dürfte recht schwer
halten, das Geschäft wieder auf die frühere Höhe zu bringen.
Hat doch auch unsere neue Bahn derr Gastwirten viel genom-
men und- wenig gebracht. Die vielen Geschäftsreisen-den, die
hierh-er und in die Umgegend kommen, blieben früher alle hier
über Racht, während heute kaum ein solcher dies nötig hat.
Auch die im Sonrmer unsere Gegen-d besuchenden Touristen
und Ausflügler waren früher m-ehr an den Ort gebunden.
Kurz: die Bahn hat in dieser Beziehung vrel Enttäuschung
gebracht!

8 Pforzheim, 18. Nov. (E i n g e st ü r z t.) Fabrikant
Fuchs beabsichtigt in seinem Hause, Herrmannstraße 6, eine
Bäckerei einzurichten, weshalb auf dem Hofe ein 25 Meter
hohcs freistehendes Kamin erbaut worden war. Das Kamin
ist gestern Ab-errd unter donnerartigem Getöse eingestürzt.

1 Karlsruhe, 18. Nov. (R a b e n e l t e r n.) Vor der
hiesrgen Strafkammer hatten sich gestern die hier wöhnhaften
Schlossereheleute Franz Josef Haist aus Oberndorf wegen
Mitzharrdlung ihrer 41h Jahre alten Tochter Martha zu ver-
antworten. Die Eltern ließen das Mädchen u. a. all-ein in
der Wohnung und schlossen es ein. Am 6. Oktober gelang es
demselben, ihren Peinigern zu entrinnen. Nach dem gerichts-
ärztlichen Befund war der ganze Körper der kleinen Haist
mit Llutunterlaufenen Stellen, Beulen und grünen, bräun-

lichen un-d blauen Flecken bedeckt. Haist erhielt 1 Jahr Ge-
fängnis, dessen Ehefrau Luise geb. Hofer 6 Monate Gefäng-
nis. An jeder Strafe kommt 1 Monat Untersuchungshaft in
Abzug.

V Konstanz, 13. Nov. (Ein Aufsehen erregen-
des Urteil) wurde vom Konstanzer Schöffengericht ge-
fällt. Der Tatbestand war folgender: Ueber die Firma A. -Lutz
Möbelfabrik Kreuzlingen (Schweiz) hatten Äie Arbeiter
Sperre verhängt, deren Veröffentlichung durch Plakate erfolgte.
Der Bevollmächtigte, Karl Weller, wurde beaustragt, dies
auszuführen. Dre Plakate hatten folgenderr Wortlaut: „Ach-
tung, Schreiner! Die Möbelfabrik A. Lutz, Kreuzlrngen, ist
wegen Zahlung schlech-ter Löhne und wegen Maßregelung der-
jenigen Kollegen, die sich dagegen aufzulehnen wagten, ge-
sperrt." Wegen dieser Behauptung strengte Lutz erne Beleidi-
gungsklage gegen Weller, als den Verfasser und Berbreiter
der Plakate an. Jn der Verhandlung beim Konstanzer Schöf-
fengericht wuvde der Beklagte zu 4 Moncrten Gefärrgnis und
Tragung sämtlicher Kosten verurteilt. Oberamtsrichter
Schindler führte zur Begründung u. a. aus: „Dre Bekannt-
machung der Sperre wäre an und für stch nichts Schlimm-es,
denn ein bernünftiger Mensch -gibt darauf doch- nicht acht, aber
man muß bedenken, daß diese Plakate für Arberter berechnet
waren, dre alles glauben, was rhnen in den Versammlungen
erzählt wird. Berufung ist eingelegt!

Kunst- und Theaternachrichten.

Heidelberg, 15. Nov. Der bekannte Schubertsänger I.
Sanssou -wird am Donnerstag Abend im kleinen Saale der
„Harmonie" e-in Konzert veranstalten. Frl. S. Weinrei-
ter hat die Begleitung übernommen und wrrd selbst d-ie Be-
sucher durch einige Vorträge erfreuen.

In keinem Usrterimmer

sollte fehlen:

SrorreAsmllrsrte vo» veutrchlsntl

unü relnen ^olonien m Aort unS kiia . . .

-. .. rrrii' 1 LlsrN ..

Lxpeöilion rler „Zleigelberger ^eitung"

Untereneckarstcaße 21.

Reinhaltung der Flüsse, des Bodens und
der Lust.

Von dem Jnternationalen !Berein zur Reinhaltung
der Wüsse, des Bodens und >der Luft ergeht folgender
Aufruf:

„Da unserem Verein infotge des ksirzlich von uns ver-
öffentlichten Protestes gegen die zunehmende Verseuchung
Unserer deutschsn Gewässer aus allen Kreisen des deutschen
Vaterlandes nicht nur energische, zusümmende Zuschriften,
sandern auch aus allen deutschen Flußge'bieten, vom Rhein
wie von der Mosel, vom Main, vom Neckar, wie von den
übrigen -deutschen Strömen zahlreiche Klagen über die
dreists, ja gewissenlose und gesetzwidrige Verschmutzung
unserer deutschen Gewässer zugehen, so machen wir hier-
mit alle Flußanwohner und Jnteressenten aus'drücklich
darauf aufmerksam, daß sowohl in Bayern wie in Sachsen,
aber auch in Baden und Württemberg die zum Teil
bereits aus früheren Jahren stammenden Gesetze den
Anwo'hnern ausreichendenSchutz gsgen Ver-
unreinigung von seiten ob-erhalb Liegender und An-
s-pruch auf E n t s-ch ä d i g un g wegen der ourch et-
waige Verunreimg-uug entstandeuen Nachteile zusprechen.
Jn Preußen ist im Jahre 1901 ein königlicher Erlatz
gegen die Wußverunreimgung erschienen, der in einzelnen
Teilen der Monarchie strsnge gehandhab-t wird, in anderen
dagegen bis jetzt nur auf dem Papier zu stehen scheint."

Der Perein btttet alle Flußanwohner und Ortsgemein-
den im DeutscheN Reiche, die durch Verschmutzung i-yrer '

Deine Kunst begeistert. Und sähe er Dich mal bei der Dres-
sur, mit Gold wäge er Dich leichteS, süßes Persönchen auf."

Jnes war zwar klug genug, den Schwiegervater zu ver-
stehen, aber anstatt ihn durch Freundlichkeit für sich zu ge-
winnen, verübette sie ihm den Spott und warf den Kopf
trotzig in den Nacken, dabei schlug sie das linke Bein übers
rechte Knie und spielte mit der Reitpeitsche am Sporn. Sie
war von der Reitbahn gekommen und hatte sich noch nicht umS
gekleidet.

Jn der burschlkos herausfordernden Stellung sah -der alte
Herr eine Mißachtung seiner Person, er runzelte daher finster
die Stirn. Um aber, wie man sagt, d-em Faß vollends den
Boden auszuschlagen, warf Jnes noch, ste war eben gar n-icht
berechnend, unverbindlich hin: „Jch verstehe Ivahrhastig nicht
Papa, weshalb Du an mlr immer herumtadelst, mich änderst
Du dadnrch nicht, Erich bin ich so recht, wie ich einmal 'bin.
Warum uns also durch Nörgeleien unser frisches sröhliches
Neiterleben verbittern?"

Frau von Rühlen erblaßte über die Unkindlichkeit ihrer
Tochter, deren offenbarer Trotz dem alten Herrn zornige Röte
in die Wangen trieb. Bald darauf erhob er sich, sein Wagen
war vorgefahren; Veim Abschied meinte er in seiner frostigen
Art: „Frau Schwiegertochter, meine altväterlichen Anstchten
werden Dich fürdcrhin nicht w-citer belästigen!"

Seitdem hatte er das Haus sein-er Kinder nicht mehr be-
treten. Erst als das Schreckliche geschah, 'Erich beim Rennen
stürzte und sich das Genick brach, kam er auf Frau von Rüh-
lens Depesche, um alles sür das Leichenbegängnls seines ein-
zigen Kindes zu ordnen, Bis ins Herz getroffen, -denn er
liebte sein-en Sohn wirklich, verhärtete gerade sein furchtbarer
Schmerz ihn gegen den Jammer und die wilde Verzweiflung
der ganz haltlosen jungen Frau. Sobald nur sein Blick auf
die fast Unzurechnungsfähige fiel, sprach etwas wie Haß aus
seinen hellen Augen. Er redete sich nämlich allen Ernstes ein.
der Schwiegertochter un'weibliche Leidenschaft für den Renn-
sport habe Erich üler Gebühr genährt und dadurch direkt sei-

nen Tod verschuldet. So legte er Jnes d-as Unglück zur Last.
Jed.e andere würde den geliebten Mann vom Turf zurückha-l-
ten, statt angestachelt haben. Zu der Behauptung hütte der
alte Herr Berechtigung gehabt, wenn Erichs Wahl auf eine
jener sanften furch-tsamen Seelen gefallen wäre, die vor jedem
Pferde wie vom Gott sei Lei uns zurnckbeben und nlcht nur
beim Sprunge über den kleinsten Graben, sondern überall Un-
heil wlttern. Aber Jnes kannte einmal weder Gefahr noch
Furcht und fühlte sich von Kindheit an auf dem Rücken des
Pferd-es ebcnso sicher, wie in ihrem Bette. Jhr galt es als
höchste Wonne, auf dem Renner dahinzufliegen. Jhr Pferd
war ihr guter Kamerad, der ihrem l-eisesten Winke gehorchte,
weil er sie verstand und ihr gut war, und die Pferde, mit de-
nen sie, sei es in der Bahn oder im- Stall, im Sattel sowöhl
wie bei der Dressur täglich viele Stunden verbrachte, schienen
sie wirklich zn lieben.

Trat sie nur auf den Hof, wurden -die Tiere schon unrnhig
und wandten die Köpfe der Stalltür zu, durch die sie kommen
mußte. Frendig wiehernd machten ste, ohne ein Befehlswort
abzuwarten, der Herrin im Stalle neben stch Platz, um stch
von ihrer leichten Hand liebkosen zu lassen. Dabei legte stch ihr
dun-kler Lockenkops oft an- den schlanken Hals ihrer Lieblinge,
sie raunte ihnen allerlei schöne Worte zu, die die intelligenten
Tiere scheinbar ebenso gut verstanden, wie die Sprache ihrer
Peitsche.

Um so weniger war das Unfaßliche zn glaubcxi. Und doch
hatte sie es selbst -erlebt. „Astor" nämlich, der nnter ihr oft
höhere Hin'dernisse willig und tadellos genommen hatte, ver-
sagte ihrem Manne beim Rennen den Tri-bünenspruntz.
Hercmgezwnn-zen überschlug er sich, stürzte und begrub seinen
Reiter unter sich. Zwar sprang der Hengst im nächsten Mo-
ment wieder anf die Beine und galoppierte als erster Lurchs
Ziel, aber seinen Herrn trug man tot vom Platze. Daß die
schlaff hinabhängende Hand bereits ohne Leben war, konnte
Jnes Gottlob ntcht bemerken, wie sie leichenblaß von der
Tribüne zum Sattelplatz eilte.

Wasserläufe -durch oberhalb Liegeuds in ihren Rechteü
und Etnkünften geschädigt werden, um Mitteilung unter
genauer Schil'dsrung der vorliegenden Verhältnisse, da der
Verein -das einschlägige Material zur HerbeiführuNA
besserer Austände in unseren Gewässern sammelt un<>
gleichzeitig gern bereit ist, den Betreffenden durch Naw'
weis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und/
soweit seine Beziehüngen reichen, zu seinem Rechte
verhelfen.

Meiue ZeitUM.

— Vom Rhein, 12. Not>. Jnteressante Funde aus
der Römerzeit wurden beim Ausgraben eines
daments rm sogenannten Kutterloch in Worms gernachu
Jn einer Tiefe von Is^ Meter wurde ein mächtiger Kupser^
kesset mit schön geschweiften Wänden von sehr gefällig^
Form gefunden, außerdem ein kleiner Kesset derselbbN
Form. Jn dem großen Kessel waren eine große Meng^
tandwirtschaftlicher Geräte aus Eisen enthalten, wohl uN
50 Stück. Es sind darunter vertreten Pflugscharen, 6!^
-beln, Aexte, Beile, Schippen, Hämmer, Nägel, Messer-
Bohrer, Lämpchen und eine größere Anzahl unbestirnnu
barer Gegenstände, welche erst gereinigt und untersuchtz
werden mässen. Der ganze Fund därfte als Jnventa^
eines römischen Landwirts zu betra-chten sein, der weg^
drohender Gefahr -diese Gegenstände vergraben hatte.

— Fulda, 10. Nov. Taufe e in e s Ka f f e r n k n4l"

b en. Jn der Bonifatiuskirche der Patres Oblaten im nU"
hen Hünfeld wurde gestern die Taufe eines kleinen Kafsel-'N"
knabsii aus der deutschen Kolonie Süd-westasrika vollzogeN-
Dsrselbe war mit einem anderen Her-eoknaben von P'
Hermandung herübergebracht worden. Die Frau Lano"
gräfin von Hessen stand bei dem Täufling als Pate.

— Nvn dcr Bcrlincr Unibersitä . berichtet der „Pvr'
wärts": Znr srsten Vorlesung des- Professor Dr. RoL'
the (früher in Göttingen) über „Allgenieine Geschich^
der deutschen Literatur" waren eine große Anzahl ooN
Stüdsnten und einige Hörerinnen irn! Baracken-Audl"
torium der Universttät versammelt, da erschien kurz voll
Beginn ein Beaustragter dss Professors, der unter de>n
Beifall der großen Mehrheit der Zuhörer verkündete, dao
Damen zu diesen Vorlesungen k.e inenZutritt hätteN-
Ein Dutzend Damen öerlietz daraus unter dem Freuoew
getrampel der Herren S t u'di s r en d en de>
Saal.

— Paris, 12. Nov. Der lenkbare B a l I o n L ll'
baudy hat endlich heute die tange versprocheiie Fnm'
von Moisson nach Paris mit gutem Ersolge ausgefüW-
Es handelt sich um eine Entferinmg von reichlich 40
metern in der Luftlinie, also uni die größte, die 'bish^
mit einem lenkbaren Lustballon zurückgelogt worden ist-
Das Luftschiff funktionierte vorzügtich und tras
Stunden nach seiuem Aufstiege aus dem Champ de Ma^
ein, das als Ziel der Fahrt vorhsr bezeichuet war. Diel^
hervorragende Ergebnis begeisterte die zusammengeströml
Menge dermaßen, daß sie dem Lustschiffer Juchmös ein
stürmische Ovation bereitete. Es tst zu bemerken, s>aö
der Ballon genau den Weg verfolgte, der im voraus
gestellt worden war, und während der ganzen Fahrt kal»
einige Meter von der Linie -abwich. Me 'höchste Entftl'
nung vom Erdboden, d-ie erreicht -wurde, war 300 Mete -
Der Abstieg erfolgte leicht und sicher. , .

— Wicn, 12. Nov. K ün st I e r l o s! Dsr genia^
Komponist Hngo Wolf, der tlr-heber des „Corregidvr '
hat Zeit seines Lebens gedarbt, sein Halbes Leben kaNu
nicht einmal eine eigöne Wohnung gehabt. Not und 6:N '
behrimg haben ihn ins Jrrenhaus gsbracht — neiin Dto"
iiats nach setnem Tode wird nun, der „9t. Fr. Pr." I"'
folge, sein künstlerischer Nachlaß um 200 000 Mark
kauft!

— Prämien fiir Wiedcrbelebungsversuche. Die

der Scheintoten, welche im Preußischen Staate durch
derbelebungsversu-che am Leben erhalten werden, ist kcw
ganz geringe. Jm Regierimgs'bezirk Königsberg wM'de'
währenh dreier Jahre 232,50 Mk. Prämien dasür gazah
an 7 Aerzte, 3 Heilgehilfen imd 1 Kandidaten der
ztn, in Marienwerder 210 Mk. an 8 Aerzte und 1

Was weiter mit ihr geschah; wie sie nach Hause kam", . ^
die teure Leiche dorthin brachte; d-as und alle folgenden Eren.
nisse gingen spurlos an ihr vorüber. Sie wußte nur, ^
ihr geliebter Mann, den 'sie aus voller Seele anbetete, ihr !
immer geraubt war. Alles übrige erschien ihr gleichgiltig
unwichtig, Jn ihr-er Apathie antwortete sic nur aus a
Fragen: „Macht was Jhr wollt, was Jhr wollt." ^ ^

Ünempfänglich für die liebevollen Trostworte von
und Geschtvistern, berührte auch ihres Schwiegerbaters
Haß grenzende Nichtachtung ste nicht im geringsten. ,
leicht würde der alte Mann sich doch weniger in seine A»
sucht verrannt haben, hätte sie ihm ihren Seelenschmerz ^
zeigt und bei ihm, der ebenso viel durch Erichs Tod ver>
Trost gesucht, oder wenn sie nur ein einzigesmal veriu^^
hätte, ihm Trost zu spenden und ihm näher zu treten. üp
da sie sich- nicht in seine Arme slüchtete, verhärtete er sich ! „g
mer mehr gegen die junge Witwe, und als er gar einige.stsv
nach der Becrdigung vernahm, Jnes sei in der Frühe aus ^ ^
Unglückspferde nach -der R-ennbahn geritten, wo ste mehr^ „
male jenen unseligen Sprung gemacht hätte, schäumte er ^
Wut und Empörung über ihre schamlose Kaltherzigkeit. W
deni Augenblick schrieb er Frau von Rühlen mit harten
ten, daß er von einer Frau, die das Andenken und den Naw
ihres Mannes durch ihre Gesühllosigkeit derart besch'illl"'
seine Hand endgiltig zurückziehe.

Um die Existenz ihrer Tochter besorgt, erklärte und X,
schönigte die geängstigte Frau nach b-esten' Krästen, Hmsp ^
Der alte Herr blieb bei seiner Entscheidung, der Witwe
Sohnes keinen Groschen zuzuwenden, T« sie ihi» keine ^
geschenkt, sondern nur Unheil ü-ber ihn gcbracht habe,
sie auch nicht auf das mindestc Anrecht, weder an seine Bv
noch an sein Herz pochen.

(Fortsetzung folgt.)
 
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