Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Moderne Kunst, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0168

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

127


Moderne Nunst.
von Fr. pecht.

Ausncihme des ersten die Jagd vorstellenden
Deckenbildes von Canon ist diese Nummer ganz
den jungen Talenten geweiht, aus welche die Ansmerksanikeit
unserer Leser hinzuziehen wir uns zum besonderen Berufe
gemacht. Denn der Jugend gehvrt die Znkunft, und wer
möchte nicht wissen, wie dieselbe aussehen wird'? Canons
Bild aber gehört in jedem Sinn ganz der Vergangenheit
an. Nicht nur weil er selber dahingeschieden, sondern anch
weil es sich unmittelbar an die alte Kunst der Carraccisten,
die ja selber schon eine Nachahmung war, anschließt. Diese
Tiana, die nach beendigter Jagd sich zum Frühstück nieder-
gesetzt hat, das ihr ein gefälliger Satyr bringt, der sich
dem Weinbau gewidmet, sie könnte recht gut von irgend
einem wirklichen oder außerordentlichen Btitglied der einstigen
bolognesischen Akademie, von Herrn Professor Albani oder
sonst einem der Herren gemalt sem, an deren Bildern nian
in der Regel wohl bewnndernd, aber doch ziemlich schnell
vorübergeht. Seine Wiener Herkunft verrüt das Bild blos
durch die beiden Kammerjungfern der Göttin, die allerdings
die blaue Donau so wenig verleugnen als ihre kosmopolitischen
Neigungen beim Aufspüren des Wildes. Gibt man der-
gleichen Jmitationen aber erst zu, so kann man diese um

so eher zu den ungewöhnlich gelungenen rechnen, als
sie weder eines gewissen Humors, noch einer großen und
breiten Naturanschauung und ächt malerischen Talentes
entbehrt.
Weit interessanter als Canons meisterhaftes Pasticcio
ist indes der die Kranken heilende Christus von Gebhard
Fugel, einem erst zweiundzwanzigjährigen Zögling der
Stnttgarter Kunstschnle, speziell Schraudolphs. — Niemand
wird diesen nackt und elend daliegenden Alten, der jammernd
die Hände zum Heilaud aufhebt, sehen können, ohne zu
sagen: das ist wahrhaft rührend empfunden, nicht nur
anderen nachgemacht. Dasselbe kann man aber auch von
allen übrigen Gruppen des figurenreichen Bildes behaupten,
von der knieenden Frau im Vordergrunde, die dem ebenso
edel als männlich ernst gedachten Christus das Kind vor
die Füße gelegt hat, vom Mädchen, das einen blinden
Mann hergeleitet, oder dem armen Besessenen, der von
seinem Vater herbeigeschleppt wird, bis zum lahmen alten
Juden, der herbei hinkt. Dabei sind die so mannichfaltigen
Gruppen zu einem reich gegliederten Ganzen mit großem
Geschick und rythmischen Sinn angeordnet, alle sind mit der
umgebenden Architektur des gut charakterisierten orienta-
 
Annotationen