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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

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Svoboda, Adalbert: Mathias Schmid: aus der Geschichte seines Lebens und Schaffens
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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [8]
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Ausstellungen, Sammlungen, etc. - Vermischte Nachrichten - Denkmäler - Kunstliteratur - Vom Kunstmarkt - Briefkasten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0292

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voil Or, Adalbert Svoboda

er zog es jedoch vor, neue Bildstoffe auszuführen, in deren
Wahl sich fast immer eine sehr glückliche Hand beknndet.
Bekanntlich stellt der Humor eines Dichters neben
das Erhabene das Niedrige, neben das ideell Bedeutcnde
das gedanktich Unansehnliche, neben das Komische das
Tragische. Auch in der Phantasie und iu den Werken
von Malerpoeten findet das harmlos Heitere neben dem
tragisch Ernsten Platz.
Es wurde mit Unrecht den Gemälden Schmids ans
der ersten Periodc seines künstlerischen Schaffens eine un-
gehorige politische Tendenz vorgeworfen; die bildende Kunst
müsse sich, so meinte man unter dem Einflusse eines be-
kannten Schlagwortes, ebenso wie die Poesie tendenzfrei
erhalten! Eine solche allgemeine Abfertigung einer ernsten,
wenn auch öffentliche Zustände berührenden Tendenz er-
scheint uns nicht statthast. Ragen die Bilder M. Schmids:
Bettelmönche, Karrenzieher, Herrgottshändler, Sittenrichter,
Abliefernng vvn Beichtzetteln und Austreibnng der Ziller-
thaler Protestanten nicht durch ihre glänzende Charakteristik
und durch ihre sittengeschichtliche Bedeutsamkeit hervor?
Ein Malerpoet ist auch Mathias Schmid, dessen

Phantasie bald heitere, bald hochkragische Bildermotive ent-
keimen. Daß er ernste Stoffe mit bedeutender Meister-
schast auszuführen vermag, beweist sein vor kurzem ge-
schaffenes Bild: „Verlassen", welches mit herzergreifender
Beredsamkeit und mit Zurückweisung aller theatralischen
Effekte in edler Einfachheit das Schicksal eines treulos
verlassenen Landmädchens schildert. Einen ernsten Stoff
behandelt auch Schmids jüngstes Bild: „Eine Wall-
fahrt", welches sür die Berliner Jubiläums-Ansstellung
bestimmt ist. Es stellt ein krankes Mädchen dar, welches
von einem stämmigen Bauern auf einer Rückentrage zu
einer Wallfahrtskirche thalwürts getragen wird. Das
Bild gefüllt durch die Originalität in der Behandlung
seines Motives, sowie durch den Kontrast zwischen dem
landschastlichen Hintergrunde, welcher die auf sich gestellte
Größe der Natur vor Augen sührt, und zwischen den
kleinlichen Wünschen nnd Vorurreilen des Menschen.
Mathias Schmid steht jetzk anf der Mittagshöhe seiner
phiffischen und künstlerischen Krast. Kein Zweifel, daß
seiner Palette noch nianches bedeurende Kunstwerk ent--
blühen wird.

Uniere Bilder
von Lr. vecht

ie sich Verdienst nnd Glück verkelteu, das fällt den
Thoren niemals ein" .... und doch gibt das Leben
der meisten großen Männer davon ein so beredtes Zeugnis!
Ganz besonders aber das Kaspar Zumbuschs, mitdem wir
uns heute zu beschäftigen haben. Denn selten ist das Glück
einem bedeutenden Künstler so beharrlich treu geblieben,
als dem, von desseu neuester und größter Arbeit wir heute
einzelne Teile unseren Lesern vorzuführen haben. Das
Ganze des kolossalen Maria-Theresia-Tenkmals, dem sie
angehören, denken wir bei dessen in Jahresfrist bevor-
stehender Enthüllung nachzuliesern, während wir heute nur
die Hauptsigur, sowie die über dem Gebälke sitzende der
Weisheit bringen, welche mit drei andere Regententugenden
der hohen Frau darstellenden Schwestern die nüchste Um-
rahmung derselben bilden. Endlich die des Grafen Hangwitz,
welcher am Postament vor der Reliefgruppe der Juristen
und Verwaltungsmänner steht.
Die drei Figuren geben uns in ihrer ebenso scharf
individualisierten als geschmackoollen Auffassung durchaus
die beiden Eigenschaften wieder, welche dem Meister Kaspar
Zumbusch vorzugsweise zu so glänzenden Erfolgen ver-
holfen haben: Starkes Gefühl sür alles Jndividuelle und
Lebendige und hohe, sich oft bis zu genialer Jnspiration
steigernde Jdealitüt. Denn alle seine Triumphe hat er in
ehrlichem Wettkampfe mit anderen großen, ihm, dem Jüngereu
und Ausstrebenden, oft an Ruf sehr überlegenen Meistern
errungen, das Marimiliansdenkmal in München, wie das
Beethoven-Monument in Wien und endlich das größte von
allen, welche die Neuzeit geschaffen, das jetzt bald
vollendete Denkmal der großen Kaiserin.
Als der ganz ungeschulte westfälische Jüngling uur
erst achtzehnjährig, 1848 nach München kam und dort bei
dem leichtsinnigen Fabrikanten Halbig Arbeit fand, war
die Münchener Skulpwr tief herabgekommen, da sie nach
Schwanthalers Tode fast nur von Schülern desselben be-
trieben ward, die wohl seine Fehler, aber nicht sein Genie
Die Kunst für Alle I.

geerbt hatten. — Damals erwarb sich der junge Künstler
zuerst durch ein paar Büsten Göuner, dereu eine ihm
sogar die Unterstützung des Dargestellten zu einer Reise
nach Jtalien verschaffte. Nach mehrjährigem Aufenthalte
1860 zurückgekehrt, kühn, gewandt, einnehmend und mit
jener unwiderstehlichen Anziehungskraft reich begabter Na-
turen ausgestattet, welche das üchte Talent seinen Besitzern
fast immer verleiht, erregte er jetzt wiederum zuerst Äuf-
sehen dnrch einige Büsten, deren edle Aussassung in Ver-
bindung mit der frappanten Ähnlichkeit ihm rasch Freunde
erwarb. Denn alsbald nahm er hier die Stellung ein, die
er seither in der deuffchen Sknlptur immer behauptet hat:
als derjenige, welcher den Übergano von der antikisierenden
Rauch'schen und Dresdener Schule zu einer freieren und
malerischen, mehr realistischen Aussassung anbahnte. Ohne
je wie andere dem rohen Naturalismus zu verfallen, ja
über die Grenzen stilvoller und rythmisch durchgebildeter
Plastik nie hinausgehend, betonte er doch alles Stoffliche
stärker als es bisher gewagt worden war und erreichte da-
durch jene überaus sympathische Mannigfaltigkeit und
malerische Freiheit der Behandlung, welche der Berliner
wie Dresdener Schule noch abgingen, von der Roheit der
Schwanthaler'schen gar nicht zu sprechen. Tabei hatte alleS,
was er machte, immer einen großen Zug, bei der höchsten
Vollendung des Einzelnen wird er nie trocken oder dürftig.
Es zeigte sich das zuerst wahrhaft glänzend, als ihm die
Figur des Grafen Rumford für die Münchener Marimi-
liansstraße übertragen ward, wo er mit einer höchst
charakteristischen Auffassung der Persönlichkeit überaus wohl-
thuende Lebendigkeit der Behandluiig und zugleich den
schönsten Rythmus der Linien zu verbinden verstand, so
daß dieses Monument, das in seiner vollendeten Freiheit und
Schönheit nur von dem Liebig Wagmüllers in dem denk-
mälerreichen München erreicht wird, eine der schönsten
Zierden der Stadl bildet. Es vermittelte seine Einladung
zur Konkurrenz nm das großartige Monument des Königs
SL
 
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