Nr. 3
von Wiener Nunst.
eſſante Ausſtellung zu ſehen. Eine der bedeutend-
ſten Privatgallerien. Die Sammlung des Herren-
hausmitgliedes C. Lobmepyr iſt der öffentlichen Be-
ſichtigung zugänglich gemacht. Man ſtaunt nicht nur
über den Reichthum dieſer, allerdings in Jahrzehnten
angeſammelten Kunſtſchätze, man anerkennt auch denfeinen
Geſchmack, der beim Ankauf der vorhandenen Werke
die Auswahl getroffen. Selten mag man ein ſo reich-
haltiges Bild altsſterreichiſcher Kunſt finden. Die
Sammlung enthält nicht weniger als 772 Nummern,
darunter ganze reichhaltige Kollektionen älterer Meiſter,
wie Auguſt von Pettenkofen, von dem allein über
150 Bilder, Aquarelle und Skizzen vorhanden ſind, die
den großen Landſchafter in allen Phaſen ſeines Könnens
und Schaffens zeigen. Auch von Rudolf Alt iſt eine
große Anzahl ſeiner meiſterlichſten Aquarelle aus früheren
Tagen vorhanden. Desgleichen mag man an Gauer-
mann, Alois Greil, Amerling, Straßgſchwandtner, Krie-
huber u. A. Studien über die altöſterreichiſche Kunſt
anſtellen, deren ſchlicht⸗biederer und anheimelnd naiver
Sug in unſerer Seit des künſtleriſchen Modekampfes ſo
eigen anmuthet. Wie ein altes Lied aus verklungenen
Jahren, das zur Werkelmelodie geworden, und doch
ſeine Sauber nicht völlig verloren hat. Es würde mich
zu weit führen, auch nur alle Namen anzuführen, die
der Katalog nennt; man findet das meiſte darin, das
in die letzten 60 Jahre öĩſterreichiſcher Kunſt fällt. Eine
Menge Reproduktionen allbekannter Bilder, wie
Munkacſy's „John Milton ſeinen Töchtern das ver-
lorene Paradies diktirend“, ſowie „Mozart's Tod“ ſind
hier im Original zu ſehen. Nicht alles freilich iſt gleichen
künſtleriſchen Werthes. Vieles kann die Schwächen
einer doch lange überlebten künſtleriſchen Epoche treff-
lich illuſtriren.
Immerhin gewährt dieſe Ausſtellung, wenn ſie auch
keine modernen Senſationen bietet, doch einen ungleich
erquicklicheren Anblick, als die gleichzeitig im Salon
Pisko enthaltene „X. Ausſtellung der Vereinigung öſter-
reichiſcher bildender Künſtler und Künſtlerinnen“, die wie
ein Salon der Surückgewieſenen anmuthet. Ein paar
tüchtige Künſtler und gute Namen abgerechnet, iſt die
Ausleſe eine recht matte, manches ſteht kaum über dem
Niveau beſſeren Dilettantismus. Daß Halbbegabungen
ſich auf den verſchiedenſten Gebieten erweiſen, iſt nichts
Neues, und die Thatſache, daß man auch nach der
allermodernſten Richtung hin ſtümpern kann, wirkt des-
halb nicht erfreulicher. Ob nun nach dem Vorbild
Defregger's oder Manet's gepatzt wird, bleibt, ſich ziemlich
gleich. Das modernſte Spigonenthum mit unzuläng-
lichem Können iſt nicht minder unerquicklich, als das
gemüthliche Finwandeln in ausgetretenen Bahnen. Faſt
möchte ich noch das letztere vorziehen, wenn es mit
Geſchicklichkeit geſchieht, wie in einem der Porträts von
Franz Wieſenthal, während ein anderes minder glücklich
unter dem Einfluß der franzöſiſchen Impreſſioniſten ſteht.
Recht feine Aquarelle ſind von Fritz Cach vorhanden,
ſubtil in der Farbe und gewandt in der Technik, Vor-
züge, die den Künſtler ſofort zu verlaſſen ſcheinen, ſobald
er ſich in Gelfarben bethätigt. Auch von Siſela
Czermak, M. Schuſter, Marie Sajacskowska, Chereſe
Schachner ſind gute Arbeiten vorhanden. Am beſten
iſt noch die Plaſtik vertreten. Da wären ein paar feine
Thierſtudien von Otto Jarl zu erwähnen, die die ſichere
Nand des an der Thierpſyche geſchulten Meiſter⸗ erweiſen,
ſowie zwei Porträts desſelben Künſtlers und ferner
©
J. Künſtlerhaus iſt eine ebenſo reichhaltige als inter-
einige charakteriſtiſch empfundene und techniſch vortreff-
lich durchgebildete Wachsplaketten, und eine vortreffliche
Porträtſtudie von Rudolf Schroer. Der größere
Theil der übrigen ausgeſtellten Arbeiten mag für die
Freunde und Verwandten ihrer Schöpfer, keineswegs
aber für den Kunſtkritiker von tieferem Intereſſe ſein. —
Im öſterreichiſchen Muſeum für Nunſt und Induſtrie
am Stubenring ſind die Entwürfe zu einer von der
„Oeſterreichiſchen Geſellſchaft zur Förderung der Me-
daillenkunſt und Kleinplaſtik“ ausgeſchriebenen Preiskon-
kurrenz für eine Plakette ausgeſtellt. Die Vorwürfe waren
„Der Frühling“, dann — „Hundertjähriger Beſtand
Oeſterreichs als Kaiſerthum“ und ſchließlich „Donau-
weibchen und Siſerner Mann“. Man hat es den Bez
werbern nicht leicht gemacht. Die meiſten haben den
„Frühling“ gewählt, der noch am eheſten künſtleriſch an-
zuregen vermag. Das zweite Motiv erfordert einen im
Allegoriſch-Dekorativen erfahrenen Medailleur, und e- iſt
ſohin nicht zu verwundern, daß ein Meiſter wie Profeſſor
Tautenhayn dabei den Preis davongetragen. Unter
den Prämiirten des erſten Vorwurfs ſind einzelne künſt-
leriſch ſehr feine Arbeiten, ſo von Joſef Groh, dann
Hella Unger, der ſehr begabten Tochter des berühmten
Radirers, Johanna Michel und Profeſſor Stephan
Schwartz. Der dritte aus der Poeſie eines Gperetten-
couplets geholte Vorwurf „Donauweibchen und Eiſerner
Mann“ iſt ſo albern und von ſo unkünſtleriſcher Banalität,
daß man den ihn behandelten Entwürfen keinen Vor-
wurf machen darf, wenn ſie ſich nicht über die Höhe
des Sujets erheben konnten. Bei der nächſten Preis-
ausſchreibung wird vielleicht der „Bruder Straubinger“
als Preismotiv figuriren, was unſere jungen Rünſtler
gewiß mit hoher künſtleriſcher Inſpiration erfüllen
MÖ Da
Paul Wilhelm.
Leipziger Kunstbericht.
ie im vergangenen Jahre, ſo eröffnet auch
diesmal der Kunſtverein die Winterſaiſon
mit einer Ausſtellung, die das Andenken an
einen großen verſtorbenen Meiſter wachruft. Diesmal
gilt es der Kunſt Lenbach's zu huldigen, im vorigen
Jahre ehrte man das Gedächtniß Segantini's.
Der Geſammteindruck der aus 69 Gemälden be-
ſtehenden Ausſtellung iſt ein ganz außerordentlicher,
denn die Farbenklänge, die dieſe Bilder enthalten,
rufen eine geradezu wunderſame Stimmung hervor.
Hier über die Bedeutung Lenbach's ſprechen zu wollen,
kann man ſich füglich erſparen, jedoch lohnt es ſich auf
einige in weiteren Kreiſen weniger bekannte hervor-
ragende Werke des Meiſter⸗ hinzuweiſen. Da iſt unter
anderen Bismarckbildniſſen auch ein unvollendetes,
welches ſich im Beſitz der Frau von Lenbach befindet:
der Körper, nur angedeutet und unten ein Stück unbe-
malter Leinwand. Lenbach hat Bismarck ſſehr oft ge-
malt, aber mir will es ſcheinen, als ob die übrigen
Bildniſſe immer nur eine Seite der Charaktereigenthüm-
lichkeiten des großen Staatsmannes wiedergeben; ent-
weder die Ruhe oder die Energie, oder die auflodernde
Leidenſchaftlichkeit. In dieſem Bilde jedoch finden ſich
alle Eigenſchaften vereinigt, die Bismarck zu dem ge-
macht haben, der er war. Der en face geſehene Kopf,
von vorn beleuchtet, iſt ganz im Licht modellirt und